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Schweinfurt
Nachhaltig Lernen und aktiv die Zukunft gestalten: Wie Oliver Kunkel mit "FutureLab" Schule neu erfinden will
In seinem Unterricht in Schweinfurt lernen Kinder kreativ und selbstständig und können sich für den Klimaschutz engagieren. Sein Konzept kommt auch in Ghana gut an.
Oliver Kunkel trainiert mit der 'FutureLab'-Klasse und den Volunteers an der Baobab-Schule in Ghana Konzentration und Impulskontrolle.
Foto: Louisa Wittmer | Oliver Kunkel trainiert mit der "FutureLab"-Klasse und den Volunteers an der Baobab-Schule in Ghana Konzentration und Impulskontrolle.
Autorenköpfe Volos       -  Julia Rüther
Julia Rüther
 |  aktualisiert: 20.09.2023 02:58 Uhr

Schule kann viel mehr sein als der vorrangig praktizierte Frontalunterricht, bei dem eine Lehrkraft Kindern und Jugendlichen etwas erklärt und sie es daheim lernen. Dieser Meinung ist Oliver Kunkel, der an der Walther-Rathenau-Schule in Schweinfurt Politik, Musik und Geographie unterrichtet und Vorstandsmitglied des Bayerischen Elternverbands ist. Um Schule aktiver, kreativer und effektiver zu gestalten, hat er das "FutureLab" entwickelt.

"Das Konzept steht für eine effektive, moderne und zeitgemäße Bildung, die auf gehirngerechten Lerntechniken, mehr Selbstständigkeit und Aktivität basiert", erklärt er. Ziel seines Projekts ist es, das Lernen so aktiv und vielseitig wie möglich zu gestalten, um das Gelernte nachhaltig im Gehirn zu verankern. Auf Basis der Neurowissenschaften und Kognitionspsychologie hat er solche gehirngerechten Lerntechniken entwickelt, mit denen er bereits seit einigen Jahren unterrichtet.

Sie verknüpfen Lernen mit Aktivitäten, die Spaß machen, mit Emotionen verbunden sind und viele Sinne einbeziehen. Zum Beispiel kann es hilfreich sein, sich beim Vokabellernen mit den Wörtern eine Geschichte auszudenken oder eine Körperbewegung in eine Matheaufgabe zu integrieren. Aber auch eine Bastelei oder Diskussion mit anderen kann helfen, den Lernstoff zu verstehen und zu verinnerlichen.

Im Klimaschutzprojekt sollen Kinder die Möglichkeit haben, ihre bedrohte Welt zu retten

Ein weiterer entscheidender Punkt des "FutureLab" ist, dass Kinder selbst herausfinden, welche Trainingsmethoden sie brauchen und sie entsprechend kreieren. Deshalb gibt Kunkel im Unterricht Impulse, wie eine Übung aussehen kann. Anschließend reflektieren und diskutieren die Schülerinnen und Schüler gemeinsam, wie sie die Übung individuell auf ihr Bedürfnis anpassen können.

Aber nicht nur in das Curriculum sollen sie aktiver eingebunden werden, sondern auch bei zukunftsrelevanten Themen wie zum Beispiel Klimaschutz oder nachhaltige Mobilität. Deshalb umfasst das "FutureLab" zusätzlich ein begleitendes Klimaschutzprojekt, bei dem sie mit Partnern aus der Region zu einer bestimmten Problemstellung Lösungsideen entwickeln. "Die Kinder müssen die Möglichkeit haben, im Schulalltag ihre bedrohte Welt wenigstens ein kleines Stück retten zu dürfen", betont er.

Ein Schüler aus der Schweinfurter 'FutureLab'- Pilotklasse testet, wie man Hühnerhaltung und Solaranlagen kombinieren kann.
Foto: Jonas Dohn | Ein Schüler aus der Schweinfurter "FutureLab"- Pilotklasse testet, wie man Hühnerhaltung und Solaranlagen kombinieren kann.

Solch ein Klimaschutzprojekt wurde auch während der einjährigen Pilotphase, an der sich sechs Schulen in Bayern beteiligten und die vom Landwirtschaftsministerium unterstützt wurde, umgesetzt. Eine Klasse aus den Haßbergen habe zum Beispiel gemeinsam mit einem Landwirt, der auch Rinder hält, eine Weide geschaffen. Denn sie haben erarbeitet, dass Weidehaltung nicht nur das Tierwohl fördert, sondern auch eine klimafreundliche Landnutzung ermöglicht.

Die "FutureLab"-Klasse in Ghana setzt Kunkels Lernmethoden erfolgreich um

Auch die "FutureLab"-Klasse an der Baobab-Schule in Ghana, die eng mit einer biologisch bewirtschafteten Farm verbunden ist, hat im Zuge des Klimaschutzprojekts Arbeitsgruppen zum Thema Agroforstwirtschaft mit und ohne Tierbestand, Aquaponic und Humusaufbau gegründet und arbeitet mit einem studierten Landwirt sowie deutschen Volunteers zusammen.

Um sich ein Bild der Projekte zu machen, flog Kunkel für eine Woche nach Ghana. "In Afrika ist das Curriculum noch rigider und passiver als in Deutschland: Dort sprechen die Lehrkräfte etwas vor und die Klasse spricht es nach", erklärt er. Deshalb wollte er die gehirngerechten Lerntechniken auch dort ausprobieren.

Eine Gelegenheit ergab sich, als der Landwirt ihr Vorhaben erklärte. "Da habe ich gesagt: Jetzt bastelt ihr aus Naturmaterialien ein 3D-Modell, anhand dessen ihr das Projekt mit Gestik und im Schauspiel erklären könnt." Dieser Ansatz sei für alle neu gewesen, doch sie hätten sich mit Freude darauf eingelassen.

Trotz positiver Ergebnisse nur wenig Unterstützung vom Bildungsministerium

Nach der Pilotphase hätten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler das "FutureLab" sehr positiv beurteilt: Einige von ihnen berichteten, sie würden zu Hause nun anders lernen als zuvor und eine Klasse habe sich im Schulfach Deutsch um eine ganze Notenstufe verbessert. Viele der Eltern empfanden, dass ihre Kinder motivierter und ambitionierter zur Schule gehen würden.

Mit seinem Projekt 'FutureLab' möchte Oliver Kunkel den bisher vorrangig passiven Schulunterricht reformieren.
Foto: Désirée Schneider | Mit seinem Projekt "FutureLab" möchte Oliver Kunkel den bisher vorrangig passiven Schulunterricht reformieren.

Trotzdem erhält Kunkel vom Bildungsministerium nur wenig Unterstützung. Dafür aber unter anderem von der Universität Würzburg, dem Leiter der OECD-Bildung, Andreas Schleicher, und dem Bildungsexperten Klaus Hurrelmann.

Außerdem wird die Kooperation mit Farmern, Lehrkräften, deutschen Volunteers sowie der Universität Cape Coast aktuell verstetigt. Um zusätzlich internationale Partner, Fördergelder und eine Verbreitung des Projekts in Europa und Afrika zu erreichen hat Kunkel der Europäischen Kommission drei Förderanträge vorgelegt.

 
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  • Dieter Hartwig
    Alle wollen nur Förderung der EU. Die Gelder muss der Steuerzahler erst aufbringen. Alles wird teurer. Energie immer mehr Abgaben drauf als ob das kleine Deutschland die Welt retten könnte. Wir steuern auf politische Verhältnisse zu wie vor 100 Jahren. Dann wollen
    Alle nicht dran schuld sein.Bürger unnötig belasten schafft Unzufriedenheit. Bei den nächsten Wahlen ist dann das Geschrei gross Warum eine Partei soviel Zuspruch bekommt. Nix gelernt als der Geschichte
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