
Schaufel für Schaufel hievt Valentin Wahler das Tierfutter in den Trog. Etwa 80 Rinder müssen der Junglandwirt und seine Familie auf dem Bauernhof am Ortsrand der Gemeinde Bergrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) täglich versorgen. Anstrengend, dafür vielseitig, sagt Wahler, während die Tiere hastig das Heu-Gemisch mitsamt der Kartoffelreste aus den Vortagen verschlingen.
Valentin Wahler ist 21 Jahre alt, absolviert seit Herbst 2023 ein Studium an der landwirtschaftlichen Hochschule Triesdorf in Mittelfranken und ist angehender Hofnachfolger. "Ich bin da reingewachsen", sagt er. Seitdem er zwölf Jahre alt ist, packt Valentin Wahler auf dem heimischen Hof mit an. Ob er sich auch einen anderen Beruf vorstellen könnte? Ausgeschlossen. "Dass ich in Richtung Landwirtschaft gehe, stand schon immer fest."
Morgens um 6.30 Uhr gehts los für Junglandwirt Valentin Wahler
An diesem Mittwochmorgen ist der 21-Jährige schon seit einigen Stunden wach. In der Hochsaison steht Wahler um 6.30 Uhr im Stall. Im Winter meistens eine halbe Stunde später – trotz Dunkelheit und Minusgraden. "Du hast jeden Tag neue Herausforderungen und neue Umstände", sagt er.
Gestern Abend zum Beispiel: Nach einem langen Tag auf eine Bio-Fachmesse in Nürnberg habe er abends um 20 Uhr noch zwei Stunden an einem Anhänger geschraubt, damit dieser für den nächsten Morgen einsatzfähig ist.

2018 hat Valentin Wahlers Vater, Armin Wahler, den Betrieb von konventionell auf ökologisch umgestellt. Aus Überzeugung und aus ökonomischen Gründen, sagt der Junglandwirt. Heute bewirtschaftet die Familie 240 Hektar Ackerland im Umkreis von sechs Kilometern um Bergrheinfeld.
"Wir sind spezialisiert auf Gemüseanbau, Zuckerrüben und Soja, das anschließend zu Tofu weiterverarbeitet wird", sagt Valentin Wahler. Zum Ackerbau kommt die Rindermast mit etwa 80 Tieren zur Fleischerzeugung. Neben Getreide und Gemüse vermarktet die Familie Eier, Karotten und Kartoffeln aus eigenem Anbau im Hofladen nebenan.
Valentin Wahler blickt differenziert auf die Bauernproteste
Trotz der Liebe zum Beruf bereiten die Arbeitsbedingungen und immer strengeren Auflagen dem Berufsanwärter Sorgen. Vor allem nach den Bauernprotesten der vergangenen Wochen.
Protestiert habe er nicht. Aber: "Es ist wichtig, dass wir ein Zeichen gesetzt haben", sagt Valentin Wahler zur Situation in der Landwirtschaft. Seine Sichtweise auf die Proteste? Differenziert, meint er. "Das Ziel, weniger Diesel zu verbrauchen, halte ich an und für sich für gut." Nur das Wie stelle er infrage. Wer strengere Auflagen stelle, müsse zuvor Alternativen ermöglichen, damit sich Betriebe anpassen könnten. "Einfach zu kürzen und die Bauern finanziell zu strafen, macht einfach keinen Sinn."

Der Druck innerhalb der Branche sei hoch, sagt der Junglandwirt. Der Zustand auf vielen Höfen gleiche der Situation in einem Hamsterrad - vor allem, was die Arbeitsbelastung betreffe. "Gerade in der Tierhaltung hast du jeden Tag etwas zu tun. Du bist 365 Tage am Arbeiten und hast nur wenig Freizeit." 80 Wochenstunden seien in der Tierhaltung Standard, so Wahler.
Vater Armin Wahler: "Ich war selber am Rande von Burn-out"
Valentin Wahlers Vater Armin Wahler weiß, was das für Konsequenzen haben kann. Der wird heuer 60 Jahre alt und hat den Betrieb in dritter Generation damals von seinem Vater übernommen.
Er selbst habe am eigenen Leib erfahren, wohin der Arbeitsdruck in der Landwirtschaft führen könne. "Ich sage jetzt schon zu meinem Junior, dass er sich kein Beispiel an mir nehmen soll. Allein wenn ich jetzt schon reflektiere, wie viel Stunden ich in den Betrieb investiert habe. Meine Generation hat sich von ihren Betrieben ausbeuten lassen", sagt der Seniorchef.

Als der Großvater, der noch heute mit 86 Jahren auf dem Hof anpackt, langsamer machen musste, sei ein Großteil der Arbeit auf Armin Wahler zurückgefallen. "Ich habe immer gedacht, dass ich das auffangen muss", sagt der Seniorchef. Eine Endlosschleife. "Ich habe viel aufgefangen, indem ich einfach mehr gearbeitet habe. Wir sind gewachsen, aber nicht im Personal. Ich war selber am Rande von Burn-out."
Heute gehe es ihm besser, sagt der 60-Jährige – auch, weil er eine zusätzliche Arbeitskraft eingestellt habe und auf gut dotierte Kulturen wie Sojabohnen für Tofu oder Zuckerrüben setzte. "Ich rate der jungen Generation dazu, sich wie ein Geschäftsführer zu sehen und nicht mehr 70 oder 80, sondern maximal fünfzig Stunden in der Woche zu arbeiten und mehr Freizeit einzuplanen." Entweder, die Arbeit ließe sich auf mehreren Schultern verteilen oder man müsse die Konsequenzen ziehen – auch wenn das den Betrieb kosten könne.
Steigende Maschinenkosten setzen Bauern überall zu
Neue Maschinen können ebenfalls dabei helfen, die Arbeitsbelastung zu reduzieren. Doch die kosten die Landwirte immer mehr. Deutlich wird das bei einem Vergleich zwischen zwei Traktoren. "Ein Schlepper bei uns auf dem Hof ist der John Deere 6910 mit 135 PS mit Baujahr 2000", sagt Valentin Wahler. Mittlerweile habe der Traktor 12.500 Betriebsstunden hinter sich. Kostentechnisch entspreche das rund zehn Euro pro Betriebsstunde.

"Ein neuer Schlepper dieser Leistungsklasse kostet heutzutage zirka 25 Euro pro Betriebsstunde." Dazu käme, dass Reparaturen meist nicht mehr selbst von den Landwirten übernommen werden können, weil für Fehleranalysen Computer und teure Software benötigt würde.
12.500 Euro für neue Maschinen
Aber auch die Anschaffungskosten seien gestiegen. "Ein Mähwerk, das wir 2013 gekauft haben, hat damals 7500 Euro gekostet", sagt Valentin Wahler. Heute, zehn Jahre später, liege der Preis für dasselbe Gerät bei 12.500 Euro. Für die kommende Saison testet Valentin Wahler eine neue Hackmaschine, die mithilfe von künstlicher Intelligenz Unkraut jätet.
Würde er die Maschine kaufen wollen, wäre bei einem Preis von 120.000 Euro eine Abschreibung von fünf bis zehn Jahren nötig. "Wenn ich als Vollerwerbslandwirt einsteige, gehen die Investitionen in die Millionenbeträge und müssen zum Teil über Generation hinweg abbezahlt werden", sagt der 21-Jährige. Etwa 25 Prozent vom Betriebsumsatz, schätzt der Junglandwirt, fließen jährlich in Investitionen. Dadurch entstehe eine Kostenspirale, aus der viele Betriebe nur schwer herauskämen.
Zur Wahrheit gehöre aber auch: "Der Erfolg eines Betriebes hängt immer mit den Fähigkeiten und der Passion des Betriebsleiters, aber auch mit der Motivation der Mitarbeiter zusammen." Wer offen bleibe und neue Wege ausprobiere, habe als Landwirt sehr wohl eine Zukunft.
Aktuell haben Vater und Sohn einen Antrag gestellt für das Kulturlandschaftsprogramm beim Bayerischen Landwirtschaftsministerium zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Indem sie 40 Prozent ihrer Äcker mit Kleegras einsäen, würden die Umwelt geschont, das Arbeitsvolumen reduziert und ein finanzieller Ausgleich für den Betrieb geschaffen. "Der Großteil der Landwirte ist bereit, sich zu verändern. Und die gehen auch den Weg mit", sagt Seniorchef Armin Wahler.