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Schweinfurt
Schweinfurter Senioren- und Behindertenbeiräte zu Umstellungen im ÖPNV: "Der Aufschrei war absehbar"
Die Änderungen im Bussystem zum 1. Januar sorgen für Unsicherheit. Die Beiräte finden, sie seien nicht genug eingebunden gewesen. Was die Stadtwerke dazu sagen.
Im Schweinfurter ÖPNV gibt es seit Beginn des Jahres weitreichende Änderungen. So wurden etwa Bushaltestellen verlegt.
Foto: Josef Lamber (Symbolbild) | Im Schweinfurter ÖPNV gibt es seit Beginn des Jahres weitreichende Änderungen. So wurden etwa Bushaltestellen verlegt.
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 22.01.2025 02:39 Uhr

Ein neuer Fahrplan, eine neue Linienführung, verlegte Haltestellen, ein neues Bezahlsystem. Wer in Schweinfurt aktuell mit dem Bus unterwegs ist, erlebt seit 1. Januar 2025 weitreichende Veränderungen. Diese stellen vor allem Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Behinderung vor große Herausforderungen, wie aus zahlreichen Diskussionen in den Sozialen Medien und Rückmeldungen an diese Redaktion hervorgeht.

So heißt es in einem Leserbrief etwa: "Das ganze Konzept überfordert vor allem Ältere und Menschen mit Behinderung, die tun sich sowieso schwer im Straßenverkehr und sind oft unsicher mit Veränderungen". Oder, wenn es um die Thematik der verlegten Haltestellen, wie etwa am Kaufland, geht: "Das Überqueren der Hauptbahnhofstraße ohne Ampelanlage ist in meinen Augen lebensgefährlich". Und: "Mich würde es nicht wundern, wenn jetzt immer seltener, vor allem ältere und Menschen mit Behinderung keinen Bus mehr fahren werden".

Bürger bei Haltestellenthema früher mit ins Boot nehmen

Norbert Holzheid ist Vorsitzender des Seniorenbeirats in Schweinfurt und fährt selbst täglich mit dem Stadtbus. Auch er frage sich bei der ein oder anderen Reduzierung, "warum das so passiert und wo dabei auf die Sicherheit geachtet wird". Aus seiner Sicht hätte im Vorfeld genauer draufgeschaut werden müssen, "wo Kürzungen und Zusammenlegungen stattfinden", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. "Man hätte die Bevölkerung in der Haltestellenproblematik früher mit ins Boot nehmen müssen."

Waren die Änderungen mit dem Seniorenbeirat abgesprochen? "Das, was wir definitiv im Gespräch hatten, war das neue 'SWeasy'", sagt Holzheid. Das begrüße man als Seniorenbeirat. "Ich halte es für eine positive Entwicklung, dass ich überall einsteigen kann, und die Karte vorzeigen beziehungsweise anlegen musste man ja vorher auch, halt vorne beim Busfahrer." Senioren hätten vorher mit dem Rollator hinten einsteigen und dann vorne zum Busfahrer laufen müssen.

"In meinen Augen ist ein Kind zur Welt gekommen, das eine Frühgeburt ist."
Norbert Holzheid, Vorsitzender des Seniorenbeirats Schweinfurt

Mancher Aufschrei sei allerdings berechtigt, findet Holzheid. Aus seiner Sicht sei das Konzept noch nicht ausgereift genug gewesen. "In meinen Augen ist ein Kind zur Welt gekommen, das eine Frühgeburt ist." Er denke jedoch auch, es seien Anfangsschwierigkeiten, es bedürfe einer Gewohnheit, etwa das Ein- und Auschecken im Bus.

Klarere Worte findet Manfred Neder, Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung in Schweinfurt: "Wir sind im Vorfeld nicht ein einziges Mal für irgendetwas gefragt worden", behauptet er. Der Behindertenbeirat sei Träger öffentlicher Belange. "Wir müssen für jede Maßnahme, die im öffentlichen Bereich eingreift, im Vorfeld gefragt werden, ob das überhaupt geht."

Mittlerweile sei der Beirat involviert, stehe im ständigen Kontakt mit den Stadtwerken und bringe Anregungen aus der Bevölkerung nahe. "Der Aufschrei der Bevölkerung ist aus meiner Sicht zu erwarten gewesen", sagt Neder gegenüber dieser Redaktion. Es müsse noch viel nachgebessert werden. So wünsche er sich beispielsweise einen zweiten Bildschirm mit den Haltepunkten in Bussen für alle, die rückwärtsfahren, Ansagen in mehreren Sprachen und Automaten an bestimmten Haltestellen, an denen man eine Prepaidkarte kaufen kann, wenn man seine etwa am Wochenende verliere. 

Stadtwerke sprechen von offenem Dialog

Man führe "einen sehr offenen und vertrauensvollen Dialog mit den Vertretern des Behinderten- und Seniorenbeirates", heißt es von den Stadtwerken Schweinfurt zu den Vorwürfen. Zu den Änderungen im ÖPNV sei bei mehreren Gelegenheiten informiert worden, teilt Pressesprecher Dirk Wapki auf Anfrage mit. Etwa in einem Bericht im April 2024 im Rahmen der Sitzung des Behinderten- und Seniorenbeirates über das neue Vertriebssystem und das Stadtbusnetz 2.0. 

Vertretern des Seniorenbeirats und des Beirats für Menschen mit Behinderung sei Ende Juli 2024 das digitale Ticketsystem "SWeasy" vorgestellt worden, heißt es von den Stadtwerken weiter. Zudem habe es im November zwei Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem Seniorenbeirat gegeben, bei denen allen Interessierten in Infobussen am Marktplatz und am Roßmarkt die Funktionsweise des Systems "SWeasy" erklärt sowie das Bestpreismodell erläutert und Fragen zu den Anpassungen im Liniennetz beantwortet worden seien.

"Bei den jeweiligen Veranstaltungen wurde, wenn auch nicht im Detail, auf Veränderungen in der Linienführung hingewiesen und Rückmeldungen, soweit möglich, aufgenommen", heißt es von den Stadtwerken. Man sei weiterhin im Austausch mit dem Beirat und nehme Änderungs- und Anpassungswünsche auf.

 
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  • Michael Kreißig
    Wenn sich schon alle aufregen, will ich es auch einmal wagen: Mich regt auf, dass immer so pauschal von den "Alten und Senioren", die ach so viel Probleme mit dem System haben. Ich gehöre selbst zu dieser Gruppe und habe es nach anfänglichen Verstehensproblemen kapiert und wenn ich meine Alters-“kollegen" und selbstverständlich auch Kolleginnen im Bus beobachte, haben wenige Probleme. Also bitte - an die "Alten" - traut euch doch mal etwas zu.

    Das mit den Haltestellen steht auf einem anderen Blatt, aber das hat nichts mit dem Bezahlsystem zu tun.
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  • Ulrike Schneider
    Dann freuen Sie sich weiter daran, dass Sie zu den Senioren gehören, die „Schritt mit der Moderne gehalten haben“… das ändert leider nichts daran, dass sich unendlich viele betagte Menschen ausgegrenzt fühlen und es auch sind. Kein Smartphone/keine Rabatte, kein Durchsetzungsvermögen im vollbesetzten Bus/kein Auschecken oder kein Rauskommen - täglich erreichen mich Anrufe/Briefe von Senioren … wobei sich nicht nur Senioren an der totalen Digitalisierung stören!
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  • Christof Bretscher
    Herr Kreißig, bei Ihnen treten die Probleme von anderen nicht auf, Ihre Situation ist Ihre besondere, andere haben ihre eigene. Sie haben vielleicht die Probleme älterer Smartphones noch gar nicht bemerkt. Und wer keins hat, sondern ein einfaches Mobiltelefon, mit dem man telefonieren und Nachrichten schreiben kann, sonst nichts, der ist ja komplett ausgegrenzt von den günstigen Angeboten. Im Bus sehen wir ja nicht die Probleme der Menschen.
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  • Christof Bretscher
    Hab was vergessen: Warum schafft man das eticket in SW ab, ein super funktionierendes Bezahlsystem ohne Fahrerbeteiligung - und billig war die Anschaffung des Systems sicher nicht. Nein, es muss weg, weil…??? Der Beitritt zum NVM als Grund überzeugt nicht. Und warum glaubt man, alle Leute, die eben gerade aus irgendeinem Grund nur mit Bargeld ihr Ticket zahlen können, ausschließen zu dürfen. Ich habe es für mich überlegt: Geld einfach dem Fahrer hinlegen, Platz suchen und mitfahren - hab ja bezahlt. Ist o.k.
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  • Peter Lelowski
    Jetzt müssen die Beiräte ihre Leute aufklären. Das ist nicht Aufgabe der Stadtwerke.
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  • Ulrike Schneider
    Die Wahrheit ist… die Beiräte haben sich durch die werbenden Vorträge der Stadtwerke genau so verleiten lassen wie die meisten Stadträte. Fakt ist, und das zeigen tägliche Anrufe/Briefe/Emails, die radikale Umstellung des ÖPNV grenzt viele betagte und analoge Menschen aus, bringt Preiserhöhungen bei gleichzeitiger Leistungsminderung und ist dilettantisch auf den Weg gebracht. Die Kritik kommt quer aus allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen und der Schaden für den ÖPNV wird nachhaltig sein. Eine ernst gemeinte Entschuldigung und ein Neustart wären dringend notwendig!
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  • Christof Bretscher
    Ich sehe es im Wesentlichen so wie Frau Schneider. Aber ein Zurück auf die Startlinie wird es nicht sein, denke ich. Aber unbedingt relevante Korrekturen: außer Haltestellen und Linienführung unbedingt Bargeld und Anpassung der Kompatibilität der NVM-App auf ältere Smartphone-Versionen. Die aktuelle Version ist eine erhebliche Bremse: ich müsste nur wegen der NVM-App ein neues Smartphone kaufen, obwohl es alle anderen Alltagsaufgaben erledigen kann. Das liegt zwar nicht im Handlungsbereich von SW, kann von Schweinfurt aus aber sicher mit Nachdruck bei den Partneren gefordert werden. Denn das sehen Fahrgäste in Wü, Ktz, Kis usw. sicher genauso. Meine Ergänzung: wann endlich wird die Sicherheit auf Schweinfurts Straßen wieder erhöhte Priorität bekommen mit Verkehrsführungschildern, Richtungsmarkierungen auf der Straße, Zebrastreifen. Beispiele gibt es zahlreiche, ich nenne hier mal die Roßbrunnstraße am Theater-Parkplatz-Krankenhaus-Spitalseebunker.
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