
Ein neuer Fahrplan, eine neue Linienführung, verlegte Haltestellen, ein neues Bezahlsystem. Wer in Schweinfurt aktuell mit dem Bus unterwegs ist, erlebt seit 1. Januar 2025 weitreichende Veränderungen. Diese stellen vor allem Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Behinderung vor große Herausforderungen, wie aus zahlreichen Diskussionen in den Sozialen Medien und Rückmeldungen an diese Redaktion hervorgeht.
So heißt es in einem Leserbrief etwa: "Das ganze Konzept überfordert vor allem Ältere und Menschen mit Behinderung, die tun sich sowieso schwer im Straßenverkehr und sind oft unsicher mit Veränderungen". Oder, wenn es um die Thematik der verlegten Haltestellen, wie etwa am Kaufland, geht: "Das Überqueren der Hauptbahnhofstraße ohne Ampelanlage ist in meinen Augen lebensgefährlich". Und: "Mich würde es nicht wundern, wenn jetzt immer seltener, vor allem ältere und Menschen mit Behinderung keinen Bus mehr fahren werden".
Bürger bei Haltestellenthema früher mit ins Boot nehmen
Norbert Holzheid ist Vorsitzender des Seniorenbeirats in Schweinfurt und fährt selbst täglich mit dem Stadtbus. Auch er frage sich bei der ein oder anderen Reduzierung, "warum das so passiert und wo dabei auf die Sicherheit geachtet wird". Aus seiner Sicht hätte im Vorfeld genauer draufgeschaut werden müssen, "wo Kürzungen und Zusammenlegungen stattfinden", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. "Man hätte die Bevölkerung in der Haltestellenproblematik früher mit ins Boot nehmen müssen."
Waren die Änderungen mit dem Seniorenbeirat abgesprochen? "Das, was wir definitiv im Gespräch hatten, war das neue 'SWeasy'", sagt Holzheid. Das begrüße man als Seniorenbeirat. "Ich halte es für eine positive Entwicklung, dass ich überall einsteigen kann, und die Karte vorzeigen beziehungsweise anlegen musste man ja vorher auch, halt vorne beim Busfahrer." Senioren hätten vorher mit dem Rollator hinten einsteigen und dann vorne zum Busfahrer laufen müssen.
Mancher Aufschrei sei allerdings berechtigt, findet Holzheid. Aus seiner Sicht sei das Konzept noch nicht ausgereift genug gewesen. "In meinen Augen ist ein Kind zur Welt gekommen, das eine Frühgeburt ist." Er denke jedoch auch, es seien Anfangsschwierigkeiten, es bedürfe einer Gewohnheit, etwa das Ein- und Auschecken im Bus.
Klarere Worte findet Manfred Neder, Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung in Schweinfurt: "Wir sind im Vorfeld nicht ein einziges Mal für irgendetwas gefragt worden", behauptet er. Der Behindertenbeirat sei Träger öffentlicher Belange. "Wir müssen für jede Maßnahme, die im öffentlichen Bereich eingreift, im Vorfeld gefragt werden, ob das überhaupt geht."
Mittlerweile sei der Beirat involviert, stehe im ständigen Kontakt mit den Stadtwerken und bringe Anregungen aus der Bevölkerung nahe. "Der Aufschrei der Bevölkerung ist aus meiner Sicht zu erwarten gewesen", sagt Neder gegenüber dieser Redaktion. Es müsse noch viel nachgebessert werden. So wünsche er sich beispielsweise einen zweiten Bildschirm mit den Haltepunkten in Bussen für alle, die rückwärtsfahren, Ansagen in mehreren Sprachen und Automaten an bestimmten Haltestellen, an denen man eine Prepaidkarte kaufen kann, wenn man seine etwa am Wochenende verliere.
Stadtwerke sprechen von offenem Dialog
Man führe "einen sehr offenen und vertrauensvollen Dialog mit den Vertretern des Behinderten- und Seniorenbeirates", heißt es von den Stadtwerken Schweinfurt zu den Vorwürfen. Zu den Änderungen im ÖPNV sei bei mehreren Gelegenheiten informiert worden, teilt Pressesprecher Dirk Wapki auf Anfrage mit. Etwa in einem Bericht im April 2024 im Rahmen der Sitzung des Behinderten- und Seniorenbeirates über das neue Vertriebssystem und das Stadtbusnetz 2.0.
Vertretern des Seniorenbeirats und des Beirats für Menschen mit Behinderung sei Ende Juli 2024 das digitale Ticketsystem "SWeasy" vorgestellt worden, heißt es von den Stadtwerken weiter. Zudem habe es im November zwei Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem Seniorenbeirat gegeben, bei denen allen Interessierten in Infobussen am Marktplatz und am Roßmarkt die Funktionsweise des Systems "SWeasy" erklärt sowie das Bestpreismodell erläutert und Fragen zu den Anpassungen im Liniennetz beantwortet worden seien.
"Bei den jeweiligen Veranstaltungen wurde, wenn auch nicht im Detail, auf Veränderungen in der Linienführung hingewiesen und Rückmeldungen, soweit möglich, aufgenommen", heißt es von den Stadtwerken. Man sei weiterhin im Austausch mit dem Beirat und nehme Änderungs- und Anpassungswünsche auf.
Das mit den Haltestellen steht auf einem anderen Blatt, aber das hat nichts mit dem Bezahlsystem zu tun.