
Führungswechsel beim Gründerzentrum GRIBS in Schweinfurt: Nico Hildmann wird Anfang 2025 die Geschäftsführung von Reinhold Karl übernehmen. Hildmann bleibt weiterhin Leiter der Startup-Plattform Startbahn27, die im GRIBS angesiedelt ist. Reinhold Karl hat seit 1995 das Gründer-, Innovations- und Beratungszentrum Schweinfurt (GRIBS) aufgebaut und zu einem Eckpfeiler der Wirtschaftsförderung in der Region gemacht.
Was sind Gründer und Gründerinnen für Typen? Was bietet das GRIBS? Wie haben sich die Ansprüche an beide Seiten verändert? Darüber haben wir uns mit Reinhold Karl und Nico Hildmann unterhalten.
Reinhold Karl: Das GRIBS war eines der ersten zehn Gründerzentren in Bayern. Es gab damals noch ein Zentrum in Würzburg, aber keines in Bad Kissingen oder Bamberg. Daher kamen viele Gründer aus der gesamten Region zu uns, um ein unterstützendes Umfeld zu finden. Es ging nicht nur darum, ein Büro zu mieten – die Gemeinschaft und der Austausch unter Gleichgesinnten waren entscheidend.
Bis 2015 war unser Rundum-Paket das Hauptargument für Gründer, sich hier anzusiedeln. Doch mit der Eröffnung des Gründerzentrums in Bamberg haben wir gemerkt, dass unser Einzugsgebiet kleiner wurde und sich stärker auf den Wirtschaftsraum Schweinfurt konzentrierte. Wir mussten uns neu ausrichten, um auch für Gründer attraktiv zu bleiben, die keinen direkten Bezug zu Schweinfurt hatten, wie etwa durch ein Studium an der THWS oder weil ein großer Kunde hier sitzt.
Karl: Ja, definitiv. Früher waren die Gründer in der Regel Vollzeitgründer, oft mit langjähriger Berufserfahrung. Viele sagten sich: "Das kann ich auch". Sie kannten den Markt, sie wussten wie der Vertrieb läuft, sie hatten Kontakte. Besonders im IT-Bereich war das eine große Welle.
Heute sehen wir mehr Gründungen im Nebenerwerb, oft von jüngeren Menschen und wieder stärker bei Studierenden an der THWS. Diese Gründer haben andere Ansprüche: Sie benötigen nicht immer ein Büro, sondern suchen eher das Netzwerk, die Beratung und Unterstützung bei der Strukturierung ihrer Ideen oder bei der Vermeidung von Fallstricken.
Wie hat sich das GRIBS auf die veränderte Zielgruppe eingestellt?
Karl: Diese neue, jüngere Zielgruppe muss man unbedingt bedienen. Sonst fällt man in dieser Start-up Landschaft in Deutschland nicht mehr auf. Deshalb haben wir ein eigenes Logo und einen Claim entwickelt, die "Startbahn27".
Nico Hildmann: Als ich vor zweieinhalb Jahren hier angefangen habe, habe ich mich gefragt, was es hier in der Region überhaupt braucht. Mir wurde dann das Grobkonzept „Startbahn27“ vorgestellt, mit dem ich mich von Anfang an identifizieren konnte. Ich habe habe diese Hülle dann mit Leben gefüllt.
Hildmann: Ich habe versucht, so nutzerorientiert wie möglich auf jeder Hochzeit zu tanzen. "Hey, ich bin der Nico, ich mache jetzt die Startbahn 27. Was braucht ihr denn? Was gibt es noch nicht?" Mir ist ganz wichtig, mit der Startbahn 27 und allem was ich mache, wie ein Puzzlestück in unser bestehendes Ökosystem zu passen. Ich will nichts kannibalisieren, nichts paralysieren. Anfang 2023 bin ich mit der Startbahn 27 offiziell raus, mit neuer Website, Podcast, Newsletter. Die Zielgruppe, die ich hier auch kennengelernt habe, ist super national. Einfach durch die THWS. Wenn man die Leute sieht, die an meinen Formaten teilgenommen haben, sind die alle zwischen 20 und 30. Nah noch an der Hochschule, vielleicht noch mitten im Master oder Bachelor. Aber es gibt natürlich auch Ältere.

Hildmann: Ja, der Mix macht es. Das macht super viel Spaß. Da sind unterschiedliche Lebenserfahrungen dabei, unterschiedliche Kulturen. Man arbeitet mit den Leuten ja auch über einen gewissen Zeitraum und lernt sie besser kennen. Durch die verschiedenen Veranstaltungen und neuen Formate entstehen auch Freundschaften untereinander. Das ist echt cool.
Karl: Mut, Risikobereitschaft und auch eine Portion Glück.
Hildmann: Dazu kommt Durchhaltevermögen und der Glaube an die eigene Idee. Man sollte den Mut haben, etwas einfach auszuprobieren. Wichtig ist, dass die Möglichkeit zur Gründung überhaupt im Raum steht.
Nico Hildmann: Statistisch scheitern neun von zehn Start-ups in Deutschland. Das bedeutet aber nicht, dass die Gründer aufgeben. Aus Fehlern kann man lernen, sie bringen einen weiter. Deshalb veranstalten wir auch sogenannte "Fuckup Talks", bei denen Menschen ihre Erfahrungen bezüglich Scheitern teilen, damit andere daraus lernen können.
Reinhold Karl: Von allen Gründungen bundesweit sind nach drei Jahren nur noch die Hälfte am Markt tätig.
Karl: Heute gibt es mehr Firmen im GRIBS als früher, aber sie brauchen oft weniger Bürofläche, weil Mitarbeiter teilweise im Homeoffice arbeiten. Einige Firmen haben ihre Mitarbeiter zum Teil in Schweinfurt, der Rest ist irgendwo in der digitalen Welt. Umso wichtiger ist es, dass man mit entsprechenden Angeboten auffällt. Damit hat man gleichzeitig die Chance, Gründungen hierher zu holen. Die Menschen sollen sehen: Es ist cool hier, es gibt eine tolle Gründerszene, hier passiert etwas.
Hildmann: Vermehrt kommt es auch wieder vor, dass Einzelgründer kommen und sagen, sie möchten Privat und Arbeit trennen und suchen daher ein kleines Büro bei uns.
Karl: Wir bieten mittlerweile flexible Coworking-Verträge an, die monatlich verlängert werden können. Früher hatten wir nur klassische Mietverträge mit langen Kündigungsfristen.
Hildmann: Wir haben immer ein offenes Ohr, wenn jemand über seine Pläne reden will. Ganz frühphasig trinken wir ein digitales Käffchen. Das gibt schon mal eine erste Einschätzung. Dann gibt es verschiedene Event-Formate, zum Beispiel die Ideenflug-Postersession. Das Grundkonzept: Anhand eines Posters seine Idee beschreiben und darüber zum ersten Mal sprechen, Feedback zu bekommen und gucken, was passiert.
Das Flight-Programm an sich ist die fortgeschrittene Ideenphase. Wenn man sagt, ich habe hier eine Idee, Lust, sie weiterzuentwickeln, dann kann man sich bewerben für das Programm und sagen: Ich prüfe jetzt meine Idee auf verschiedene Themen. Marketing, Entwicklung des Geschäftsmodells, Recht und Finanzen. Im Netzwerk sind Mentoren und Investoren, die Feedback geben.
In sehr kurzer Zeit kann man die Idee weiterentwickeln, hoffentlich viel Fortschritt machen und dann sagen: Jetzt weiß ich, welches Potenzial die Idee hat, was ich tun muss, um die nächsten Schritte zu gehen und Erfolge zu erzielen. Ich sage immer: Ich rolle euch den roten Teppich aus. Laufen müsst ihr selber.
Karl: Die älteren Gründer, die zu mir kommen, sind in der Regel eine Stufe weiter. Sie wollen ihr Konzept gar nicht öffentlich machen, sind nicht so Netzwerk-affin. Sie wollen das erst mal vertraulich besprechen. Vielleicht haben sie auch Angst, dass jemand die Idee stiehlt. Aber jede Idee war schonmal da. Sie wurde nur vielleicht nicht ausgearbeitet.