Wie ernst nimmt die Schweinfurter Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) das Thema Klimaschutz? Wenn es um die Landesgartenschau 2026 in der Ledward Kaserne geht und das damit verbundene grüne Band durch die Innenstadt bis an den Main, sehr ernst. Wenn es um andere Themen wie den Ausbau oder Erhalt der Photovoltaik-Anlagen auf Schweinfurts Dächern geht, ist man eher zurückhaltend.
Die gute Nachricht aus dem Umweltausschuss, zumindest für einen kleinen Teil der Schweinfurter, vorweg: Wer vor 20 Jahren eine Photovoltaik-Anlage auf ein Dach gebaut hat deren staatliche Förderung nun endet, der bekommt auch weiterhin eine Einspeisevergütung, die zumindest ein kostendeckendes Weiterbetreiben einer solchen Anlage ermöglicht. Geregelt wird das durch zwei Faktoren: Die gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung sowie einen Aufschlag, den die Stadt zahlt, die Stadtwerke abwickeln.
So erreichen die Anlagenbetreiber, bei denen eine Umstellung auf Eigenstromverbrauch nicht möglich ist, zumindest, dass sie ihre noch funktionstüchtigen Module weiter auf den Dächern lassen können und sie nicht draufzahlen müssen. Grundsätzlich geht es um 56 Anlagen, die es seit 20 Jahren gibt.
Andere Kommunen wie Amberg oder Haßfurt haben schon länger eine solche Regelung eingeführt, um sicher zu stellen, dass möglichst viele Photovoltaikanlagen dauerhaft umweltfreundlichen Strom liefern. In Schweinfurt hatte sich Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) der Sache angenommen und einen entsprechenden Antrag gestellt, der zunächst im Hauptausschuss abgelehnt worden war, vom Stadtrat aber an den Umweltausschuss verwiesen wurde und hier nun mit 8:6 Stimmen doch genehmigt wurde.
Im Grunde stehen sich zwei Positionen gegenüber. Zum einen die Klimaschützer, die sagen, dass im Kampf gegen die Klimaerwärmung jede noch so kleine Maßnahme zählt und deswegen auch alte Anlagen, so sie noch funktionstüchtig sind, am Netz bleiben sollen.
Zum anderen jene, wie im Fall Schweinfurt der Oberbürgermeister und die CSU-Fraktion, die sagen, dass die Betreiber der alten Anlagen vor 20 Jahren bewusst investiert haben, eine im Vergleich zu heute sehr hohe Förderung von rund 50 Cent pro eingespeister Kilowattstunde bekamen und wussten, dass die Förderung nun ausläuft. Außerdem seien nicht die Stadtwerke zuständig, sondern der Bund und der habe eben gesetzlich eine gewisse Vergütung festgelegt, auf die die Stadt keinen Einfluss habe.
Beides Argumente, die durchaus ernst zu nehmen sind und zu einer zweistündigen intensiven, teils auch etwas heftigeren Diskussion im Umweltausschuss führten. Diese war insofern interessant, als sie tiefe Einblicke in das Binnenverhältnis der schwarz-grünen Koalition und das Verhältnis zwischen Grünen und dem OB gab. Ganz so gut, wie das nach außen verkauft wird, ist es zumindest bei Klimaschutzthemen offenbar nicht, sonst hätten sich die Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka und Reginhard von Hirschhausen auf der Pro-Förderung-Seite nicht so deutlich polternd positioniert und Sebastian Remelé und Rüdiger Köhler (CSU) sich nicht so vehement dagegen ausgesprochen. Am Ende ging der Antrag, an dessen Formulierung alleine knapp eine halbe Stunde gefeilt wurde, durch, weil Grüne, SPD, Linke und Freie Wähler die CSU überstimmten.
Holger Laschka bemängelte in der Diskussion, die Verwaltung sei "nicht bereit" im Sinne des Klimaschutzes zu handeln, wenn es konkret werde. Er habe mittlerweile den "Schweinfurt Blues, dabei wünsche ich mir den Schweinfurt Spirit für erneuerbare Energien." Sein Kollege Reginhard von Hirschhausen fand klare Worte und betonte wie Ulrike Schneider, die "Solar-Pioniere" der ersten Stunde hätten sich sicher mit den damals sehr teuren Anlagen keine goldene Nase verdient.
"Es ist ein verheerendes Signal, das die Stadt hier aussendet", schimpfte von Hirschhausen über die ursprünglich vorgeschlagene Ablehnung des Antrags und ersparte dem OB auch nicht ein Zitat aus der Koalitionsvereinbarung von Mai 2020, in der sich CSU und Grüne darauf einigten, dazu zu kommen, dass bis 2026 nur noch grüner Strom private Haushalte in Schweinfurt versorgt.
Auch Schneider warb vehement dafür, einen Ausgleich zu zahlen, damit die Anlagen nicht abgebaut würden: "Es zählt jeder Schritt in die richtige Richtung und schmerzt jeder Schritt in die falsche." Unterstützung fand sie auch bei SPD, Linken und den Freien Wählern. Stefan Labus befand, der Erhalt der Anlagen sei wichtig, die Summe, um die es gehe – wohl im vierstelligen Bereich pro Jahr – "könnte der OB aus der Portokasse bezahlen."
Umweltreferent Jan von Lackum betonte, natürlich sei die Weiternutzung der Anlagen sinnvoll, wenn sie technisch in Ordnung seien. Zum einen könne man aber auf Eigenstromnutzung umstellen, zum anderen seien die Anlagen abgeschrieben und ausgefördert: "Wir verwalten städtische Steuergelder und müssen schauen, ob es einen Bedarf für eine zusätzliche Förderung gibt."
Rüdiger Köhler (CSU) verwies darauf, dass die Stadt nicht zuständig sei: "Müssen wir als Stadt Fehler anderer Zuständigkeiten ausbügeln?" fragte er bezogen darauf, dass der Bund die Höhe der Vergütung im Erneuerbare Energien Gesetz festlege. Eine Position, die auch Sebastian Remelé teilt: "Wir sozialisieren das betriebliche Risiko der Anlagenbetreiber. Warum soll das der Schweinfurter Steuerzahler zahlen?".