
Viele von ihnen fühlen sich vernachlässigt, vergessen und wünschen sich mehr Mitsprache: Die Sorgen junger Menschen kommen in der Politik häufig noch immer zu kurz. Gleichzeitig scheinen sich immer weniger Jugendliche für Politik zu interessieren. Ein Teufelskreis? Nein, meint Sozialkundelehrer Felix Tallafuß. Ein Schlüssel, um politische Teilhabe zu ermöglichen und die Neugierde darauf zu wecken, könnte in der engeren Verzahnung von Schule und Kommunalpolitik liegen, ist er überzeugt.
Wie das gelingen kann, zeigen der Lehrer und die Schülerinnen und Schüler der Realschule Schonungen gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Gemeinde Schonungen in dem Planspiel "Ohne Jugend ist kein Staat zu machen". In mehreren Unterrichtsstunden haben die Schülerinnen und Schüler Vorschläge zur Verbesserung ihrer Lebenswelt vorbereitet, die sie in einer fiktiven Gemeinderatssitzung einbringen können.
Eine gespielte Ratssitzung samt Bürgermeister. "Alles, was mit dem täglichen Leben zu tun hat, ist Kommunalpolitik", sagt Stefan Rottmann, Bürgermeister der Gemeinde Schonungen zu Beginn der Sitzung. Und wie es sich für die großen Themen der Kommunalpolitik gehört, braucht es neben Bürgermeister, Bauamtsleiter und Kämmerin natürlich auch Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die mit ihren Vorschlägen das Leben ihrer Kommune verbessern wollen.
Was die Jugendlichen in Schonungen umtreibt
Eine Rolle, die heute die rund 20 Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse selbst einnehmen. Und deren Ideen sind alles andere als unambitioniert. Von einer neuen Mehrzweckhalle über den Glasfaser-Ausbau bis hin zu einer Verbesserung der Schulbussituation tragen die Gruppensprecherinnen und -sprecher ihre Anträge mit den besten Argumenten vor.
Den Anfang macht Oliver Zoll von der Deutschen Jugendpartei. "Unser Basketballfeld ist leider schon abgenutzt", sagt er und stellt einen Antrag, dass die Verwaltung den Bau für einen neuen Platz prüfen soll. Zur Orientierung verweist er auf die offenbar kürzlich ausgetauschten Basketballkörbe am Spielfeld der Gemeinde Schwebheim. Keine schlechte Idee, findet Bürgermeister Rottmann. Wäre da nicht sie Sache mit dem Haushalt. "Wir haben nur begrenztes Geld und können nicht alle Projekte umsetzen", mahnt er und blickt Richtung Kämmerin Milena Hammer. Die kann nur anbieten, sich nach Förderungen zu erkunden. Kurze Abstimmung: sechs Stimmen dafür, sieben dagegen. "Antrag abgelehnt", sagt Rottmann.
Haushalt und Marktkräfte schränken Kommunen ein
Weiter gehts mit Valentin Fahrland von der "Beste-WLAN-Partei". Der wünscht sich einen Ausbau des Glasfasernetzes in der Großgemeinde, um die Lernsituation und den Unternehmensstandort zu verbessern. Ein schwieriges Feld, meint Bauamtsleiter Sebastian Heurich. "WLAN ist nicht unser Kerngeschäft", ergänzt Rottmann und weist auf die begrenzte Handhabe von Kommunen hin. Am Ende findet sich auch für diesen Antrag keine Mehrheit.

Ähnliches Spiel bei dem Vorschlag für eine neue Multifunktionshalle. Durch den Verkauf der Grundschule würde die bisherige Sporthalle wegfallen, weshalb nur die Halle der Realschule übrig bliebe und damit überlastet sei, begründet Martin Bedenk den Antrag seiner Fraktion. "Keine Kapazitäten innerhalb der nächsten fünf Jahre", entgegnet die Verwaltung. Ob die Finanzierung durch eine spätere Vermietung gestützt werden könnte? Wieder keine Mehrheit im Gremium.
Für einen Antrag findet sich eine Mehrheit
Schülerin Anna Haupt wagt einen Anlauf zur Verbesserung der Bussituation. Diese seien in den Stoßzeiten überfüllt. So sehr, dass manche Schüler hin und wieder zu Fuß nach Hause liefen. Aber ein neuer Bus kommt für Oliver Zoll und die anderen Fraktionen nicht infrage. Schließlich gäbe es in solchen Fällen andere Angebote wie den Rufbusservice Callheinz.

"Der Bus kann die Leute nicht stehen lassen. Da müssen wir auf jeden Fall handeln", sagt hingegen Bürgermeister Rottmann. Ein zusätzliches Fahrzeug würde aber auch wieder viel Geld kosten. "Vielleicht würde ein größerer Bus Abhilfe verschaffen?", fragt Rottmann und schlägt vor, beim zuständigen Busunternehmen danach anzufragen. Ein Kompromiss, bei dem am Ende fast alle mitgehen. "Business as usual", bilanziert Rottmann, der die Schüler für die lebhaften Diskussionen lobt.
Er könne verstehen, wenn nicht jeder Lust darauf habe, über den Bau von Kläranlagen zu diskutieren. Dennoch beeinflusse Kommunalpolitik die Leute in Teilen mehr, als die Entscheidungen der großen Landes- oder Bundespolitik. "Es ist wichtig, Kindern das Kommunale begreifbar zu machen", sagt er. Und wo ließe sich das besser veranschaulichen als vor Ort? "Langweilig wird es im Rathaus nicht."