Die Stadt Schweinfurt ist aus der Planung einer Landesgartenschau im Jahr 2026 in der früheren Ledward Kaserne ausgestiegen. Der Stadtrat beschloss das in seiner jüngsten Sitzung und darüber hinaus, dass dort ein abgespeckter Bürgerpark entstehen soll. Doch wegen des Ausstiegs ist auch eine Kompensationszahlung an die Bayerische Landesgartenschau GmbH fällig. Nun stellt sich die Frage: Wann wusste Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) die genauen Zahlen? Im Stadtrat musste er sich einige Kritik anhören, warum man nicht schon im Sommer die Reißleine zog.
Der OB begründete den Ausstieg mit finanziellen Sorgen der Stadt aus einer Vielzahl von Gründen: Die Gewerbesteuer fließt schon seit 2019 nicht mehr in dem Maße, wie man das früher gewohnt war. Dazu kommen enorme Baukostensteigerungen, Inflation, die Auswirkungen der Energiekrise in Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine. Schweinfurt kann sich eine Landesgartenschau Stand jetzt schlicht nicht leisten.
"Wir können beim besten Willen keine günstige Prognose für die kommenden zwei Jahre geben", erklärte Sebastian Remelé in Bezug auf die finanzielle Entwicklung der Stadt. Im Zuge der anstehenden Haushaltsberatungen Mitte November wird auch über die weiteren Großprojekte wie das Kulturforum in der Stadtmitte zu diskutieren sein.
Der Beschluss zum Ausstieg fiel im Stadtrat einstimmig. Trotzdem wollten die Kritiker aus der Opposition nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. "Ich verstehe nicht, was zwischen der Stadtratssitzung im Juni und jetzt passiert ist", so FDP-Stadtrat Georg Wiederer stellvertretend für viele andere Kollegen, die sich die gleiche Frage stellten.
Warum stieg Schweinfurt nicht bereits im Juni aus der Landesgartenschau aus?
Denn in der Stadtratssitzung im Juni hatten der OB sowie die hinter ihm stehenden Fraktionen der CSU und der Grünen noch mit Verve die Landesgartenschau verteidigt, verschiedene Anträge, zum damaligen Zeitpunkt schon auszusteigen, abgelehnt. "Was hat das Zögern bis jetzt in Sachen Ausstieg gekostet", wollte Georg Wiederer wissen.
Denn das Planungsbüro arbeitete im Sommer ebenso weiter an Varianten und einer detaillierten, verlässlichen Kostenschätzung wie die Landesgartenschau GmbH. Außerdem stiegen nach Informationen dieser Redaktion die Kosten für den Ausstieg. Die im Vertrag zwischen der Stadt und der Bayerischen Landesgartenschau GmbH festgehaltene Kompensationszahlung in Verbindung mit verschiedenen Ausstiegs-Daten hat sich zwischen Juni und Herbst fast verdoppelt. Jetzt ist eine mittlere sechsstellige Summe fällig. Die erste Ausstiegs-Möglichkeit wäre eine Kündigung zum 30. Juni 2022 mit Wirkung zum Jahresende gewesen.
Auskunft über die Vertragsdetails und die Abwicklung der Landesgartenschau GmbH wollte der OB nur in nichtöffentlicher Sitzung geben. Er betonte aber mehrfach, er habe genaue, belastbare Zahlen zu den Kosten im Sommer nicht gehabt, sondern "volle Kostentransparenz erst Mitte September" bekommen und dann die aus seiner Sicht notwendigen Entscheidungen getroffen. Das bestätigte auch Finanzreferentin Anna Barbara Keck.
Laut SPD wusste Stadtverwaltung seit Monaten über Kostensteigerung Bescheid
Deutliche Kritik gab es von Peter Hofmann (SPD) bezüglich des schwarz-grünen Abstimmungsverhaltens in der Juni-Sitzung. Die Entwicklung der Kosten sei schon Ende April in der Verwaltung bekannt gewesen, "man kann jetzt nicht überrascht sein", befand Hofmann. Er sei "entsetzt", dass im Juni außer den Sozialdemokraten keine andere Fraktion konkret nach den Zahlen gefragt habe, zumal Martin Richter-Liebald, zum damaligen Zeitpunkt Geschäftsführer der Landesgartenschau Schweinfurt 2026 GmbH, in der Sitzung gesagt habe, wenn man die genauen Zahlen veröffentliche, "ist die Landesgartenschau tot."
Das Hinauszögern in den Herbst sei den Schweinfurter Steuerzahler teuer zu stehen gekommen, betonte Hofmann. Das sah auch Adi Schön (Freie Wähler) so: "Die Tendenz war im Juni absehbar", betonte er und fügte an: "Jetzt hat man einen dicken sechsstelligen Betrag versenkt. Es war abzusehen, und wer damals dafür gestimmt hat, muss die politische Verantwortung tragen." Außerdem hätte aus Schöns Sicht der OB als Vorsitzender des Aufsichtsrates der LGS GmbH "erkennen können, wo die Kosten hinlaufen."
Linke sieht "Realitätsverweigerung", OB weist Vorwürfe zurück
Linken-Fraktionschef Frank Firsching sah "Realitätsverweigerung im Juni", für die er "Grüne, CSU, OB und Verwaltung" verantwortlich machte. Er sei gespannt, was bei den Haushaltsberatungen passiere, wenn kleine Beträge mit Verweis auf Sparzwänge abgewiesen würden. Aus seiner Sicht sei der Hauptgrund für den Ausstieg die Erkenntnis, dass die Stadt im Bauamt nicht genügend Personal habe, um die Planungen für die Gartenschau parallel zu all den anderen Projekten vorantreiben zu können.
Sebastian Remelé wies die Vorwürfe zurück. Nicht Personalmangel sei der Grund, sondern schlicht die Erkenntnis, dass die finanziellen Risiken zu groß seien. Natürlich sei man hinterher "immer klüger" und die Verwaltung habe lange gezögert, um das "Prestigeobjekt für den Ruf der Stadt" doch zu erhalten.
Denn rings um das LGS-Areal sieht man nur Bäume & Büsche - und dann sollen auf das Areal weitere Büsche? Bäume wachsen auf diesem Untergrund nicht. Das wäre strukturlos und nicht urban. Das gibt eine Buschlandschaft aber keine Stadt! Es fehlt der urbane Gegensatz zwischen grünen und bebauten Bereichen. Das ist spannungslos, öde und langweilig.
Die platten Flächen, mit Fernwärmeleitung, eignen sich hingegen sehr gut für Stadtverdichtung, als Kontrast zum umgebenden Grün.
Das ist nicht schwer zu verstehen, es reicht schon ein kurzer Blick auf das Foto.
Der starke Anstieg der Baupreise war auch schon vor einem Jahr bekannt, da hätte man sich nur die Zahlen vom Statistischen Bundesamt ansehen müssen. Die Verantwortung für den verblasenen 6-stelligen Betrag trägt aber nicht nur der OB, sondern insbesondere auch seine Bauverwaltung, die auf die vorhandenen Warnsignale eher hätte reagieren müssen. Wenn das Schiff erkennbar auf einen Eisberg zu zusteuert, wartet man nicht, bis man "volle Kostentransparenz" hat.
Wenn die Entscheidung war: Ja, wir machen die LGS - erwarte ich, dass eine solche Entscheidung konsequent umgesetzt wird - AUSSER es sprechen neue Erkenntnisse und belastbare und überprüfbare Fakten dagegen (und das zeigte sich nunmal erst in aller Deutlichkeit in den letzten Wochen!!!) - dann erwarte ich auch eine begründete Änderung einer Entscheidung!
Daher: alles richtig gemacht, Hut ab vor dieser Konsequenz in der jeweiligen Situation!
Die Zeiten, wo man Steuergelder für Prestigeobjekte rausballern kann sind vorbei.
Die Möglichkeiten werden auch nicht größer, wenn man von Schulden erdrückt wird.