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Kreis Schweinfurt
Kreis Schweinfurt: Nur fünf Landräte in 75 Jahren
Erst 14 Personen haben sich in der Nachkriegsgeschichte um den Schweinfurter Landratsposten beworben. Der Blick in die Historie offenbart spannende Details.
Kreis Schweinfurt: Nur fünf Landräte in 75 Jahren
Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 19.10.2020 10:30 Uhr

Beim Posten des Landrats haben die Schweinfurter Landkreisbürger über Jahrzehnte auf Kontinuität gesetzt: Es gab seit 1945 erst fünf Amtsinhaber – bei zwölf Direktwahlen. Bernhard Schineller, Georg Burghard, Karl Beck und Harald Leitherer gehörten allesamt der CSU an. Einen Bruch gab es 2012, als Florian Töpper als Kandidat von SPD und Grünen Amtsinhaber Leitherer sensationell aus dem Amt verdrängt hat.

Bernhard Schineller (1884-1970) war der erste Landrat in der Nachkriegsgeschichte des Landkreises Schweinfurt.
Foto: privat/unbekannt | Bernhard Schineller (1884-1970) war der erste Landrat in der Nachkriegsgeschichte des Landkreises Schweinfurt.

Der erste Schweinfurter Landrat nach dem Zweiten Weltkrieg hieß Bernhard Schineller und stammte aus Bischwind. Den 61-jährigen späteren Vertreter im Bayerischen Senat setzten die amerikanischen Besatzungstruppen 1945 ein. Schineller war in der Weimarer Republik bei der Bayerischen Volkspartei (BVP), dem historischen Vorgänger der CSU, aktiv und gehörte dem Schweinfurter Stadtrat an; dreimal hatten ihn die Nazis für mehrere Wochen in Haft genommen – zuletzt 1944.

Den ersten Landrat bestätigte der Kreistag

Nach der ersten Wahl des Kreistags im April 1948 bestätigte das 45-köpfige Gremium, in dem die CSU die Mehrheit innehatte, Schineller im Amt; einen Gegenkandidaten gab es offenbar nicht. Dem Wählervotum musste er sich ein einziges Mal stellen: 1952 gewann Schineller – nominiert von CSU und Bayernpartei (BP) – mit 55,7 Prozent bei einer Wahlbeteiligung von 90,1 Prozent. Der SPD-Landtagsabgeordnete und ehemalige Redakteur der sozialdemokratischen Zeitung "Der Volkswille" in Schweinfurt, Franz Op den Orth (49), verbuchte 44,3 Prozent.

Altlandräte bei einer Sitzung des Kreistags 1997 (von links): Karl Beck und Georg Burghard. Daneben der ehemalige Wernecker Bürgermeister und stellvertretende Landrat Rudolf Reith und der ehemalige Bürgermeister von Niederwerrn, Peter Heusinger.
Foto: Roland Lörzer | Altlandräte bei einer Sitzung des Kreistags 1997 (von links): Karl Beck und Georg Burghard. Daneben der ehemalige Wernecker Bürgermeister und stellvertretende Landrat Rudolf Reith und der ehemalige Bürgermeister von ...

Der erste Amtswechsel erfolgte 1958. Der Staatsbeamte Georg Burghard (44) löste Schineller ab. Er distanzierte Leopold Genthner – SPD-Bürgermeister von Poppenhausen – deutlich: Burghard (CSU) gewann mit 68,1 zu 31,9 Prozent. Anschließend brauchte sich Burghard keinem Herausforderer mehr zu stellen. Er holte 1964 und 1970 jeweils 99,3 Prozent. 1972 brach die Landratswahl aus dem Sechs-Jahres-Turnus aus. Grund: die Gemeindegebietsreform in Bayern und die damit verbundene Verschmelzung der Landkreise Schweinfurt und Gerolzhofen. Burghard holte 97,6 Prozent. Der Altlandrat starb 2005 in seiner Wahlheimat Rottenburg an der Laaber (Lkr. Landshut).

Beck hatte nur einmal Gegenkandidaten

Am 16. Januar 1977 begann die Ära Karl Beck (CSU). Nachdem sich Georg Burghard in den Ruhestand verabschiedete, kandidierte der damals 45-Jährige, der wie bereits sein Amtsvorgänger zuvor als Staatsbeamter im Schweinfurter Landratsamt beschäftigt war. SPD und Freie Wähler verzichteten zugunsten Becks auf eigene Bewerber. Beck erhielt 97,8 Prozent der Stimmen. Bereits 14 Tage später trat er sein Amt an. Im Oktober 1982 wiederholte er seinen Erfolg: Beck erhielt 97,2 Prozent aller Stimmen, nachdem er erneut ohne Widersacher angetreten war.

Beck musste sich 1988 zum einzigen Mal Gegenkandidaten stellen. Die SPD schickte den Hambacher Berufsschullehrer Theo Laugsch (37) ins Rennen; die erstarkte Ökopartei Die Grünen nominierte den Psychologiestudenten und Entwicklungshelfer Jimmy Weber (31) aus Sennfeld. Beck setzte sich mit 68,6 Prozent durch, Laugsch erhielt 25,3 Prozent, Weber wählten 6,1 Prozent. Weniger als die Hälfte der Wähler gingen zur Wahl.

Leitherer-Siege immer im ersten Wahlgang

1994 verzichtete der damals 62-jährige Beck auf eine weitere Kandidatur. Er lebte in Schweinfurt und ist 2013 gestorben.

Becks Verzicht machte 1994 den Weg frei für den aufstrebenden Harald Leitherer (41). Erstmals in der Landkreisgeschichte gab es 1994 vier Bewerber um den Posten des Landrats, erstmals auch eine Frau. Geldersheims Bürgermeisterin Ruth-Hanna Gube (43) holte für die Freien Wähler 14,9 Prozent der Stimmen. Für die Grünen ging der Ettlebener Jurastudent Armin Beck (26) ins Rennen und kam auf 5,1 Prozent. Stärkster Widersacher Leitherers war wie erwartet SPD-Bewerber Laugsch, der auf 25,0 Prozent kam. Trotz dreier Gegenkandidaten setzte sich Leitherer schon im ersten Wahlgang mit 54,9 Prozent durch. 82 Prozent der Wähler beteiligten sich; zeitgleich fand auch die Bundestagswahl statt.

Harald Leitherer (links) 2013 bei der Ernennung zum Altlandrat vor dem Kreistag mit Überraschungsgeschenk (ein in Stein gehauenes Landkreiswappen), dahinter Landrat Florian Töpper.
Foto: Josef Schäfer | Harald Leitherer (links) 2013 bei der Ernennung zum Altlandrat vor dem Kreistag mit Überraschungsgeschenk (ein in Stein gehauenes Landkreiswappen), dahinter Landrat Florian Töpper.

Leitherer verteidigte sechs Jahre später ähnlich souverän sein Amt gegen zwei Mitbewerber. Er holte 66,4 Prozent der Stimmen. Der Schraudenbacher Lehrer Ewald Öftring (SPD) kam auf 27,0 Prozent, Hugo Hofmann (36), Elektroniker aus Alitzheim, erzielte für die Grünen 6,6 Prozent. 2006 verzichteten die anderen Parteien darauf, den CSU-Amtsinhaber herauszufordern. Leitherer holte bei seinem Alleingang 95,6 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von weniger als einem Viertel.

Töpper schaffte Sensation

Die bislang größte Überraschung ereignete sich am 23. September 2012: Der damals 33-jährige Amtsrichter Florian Töpper trat als gemeinsamer Kandidat von SPD und Grünen an. Aus Leitherers anvisierter vierten Amtszeit wurde nichts, vielmehr ist er der bislang einzige Amtsinhaber, den die Bürger abgewählt haben. Töpper holte sich mit 57,7 Prozent sensationell den Sieg und bezog am 1. Februar 2013 das Chefbüro im Landratsamt. Wegen einer Gesetzesänderung ist die Legislaturperiode um 15 Monate verlängert worden, damit die Landratswahl am 15. März 2020 nach 48 Jahren Pause wieder am gleichen Tag wie die anderen Kommunalwahlen stattfindet.

Der heute 41-jährige Töpper strebt seine zweite Amtszeit an, ist von der SPD nominiert und wird von den Grünen,  Freien Wählern und einer überparteilichen Initiative unterstützt. Herausforderer ist Lothar Zachmann von der CSU. Der 52-jährige Krankenkassenfachwirt bei der Schweinfurter AOK gibt für die Perspektive, Landrat werden zu können, das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters von Dingolshausen auf. Er ist seit 1945 erst der 14. Bewerber für dieses Amt.

 
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