
Klarer kann die Aussage der Regierung von Unterfranken nicht sein: Der Bauausschuss wie der Stadtrat müssen ihren Beschluss aufheben, dem Eigentümer der Immobilien Keßlergasse 5 und 7 dessen Pläne zur Sanierung zu genehmigen, obwohl die Denkmalpflege dagegen ist. Die Baugenehmigung darf in dieser Form nicht erteilt werden. Die Entscheidung pro Bauherr bisher war "rechtswidrig".
Nach mehreren Monaten Debatten und Diskussion im Bauausschuss und Stadtrat ist man also wieder ganz am Anfang angekommen. Nur im Gebäude Keßlergasse 5 ist im Erdgeschoss eine gewerbliche Nutzung, ansonsten stehen die stark sanierungsbedürftigen Immobilien leer. Gerade der Eingangsbereich der Keßlergasse 7 ist aufgrund der Verschmutzung und Graffiti derzeit wenig ansehnlich.
Erst im Dezember hatte der Stadtrat sich mit knapper Mehrheit gegen Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und die Bauverwaltung gestellt und dem Bauherren seine Pläne genehmigt. Dass die Denkmalpflege strikt dagegen war und befürchtete, die Pläne des Bauherren würden 90 Prozent des Denkmals zerstören, hatte die Mehrheit der Räte nicht umstimmen können.
Zwei von 15 Stadträten stimmen im Bauausschuss dennoch für den Bauherren
Nun wurden sie gezwungen, sich anders zu entscheiden. Kommunalpolitisch bemerkenswert an der Diskussion über mehrere Monate war, dass sich vor allem die CSU-Grünen-Koalition im Stadtrat gegen ihren eigenen OB wandte. Der Bauausschuss stimmte jetzt zwar mit 13:2 Stimmen dafür, der Regierung zu folgen und hob den alten Beschluss auf. Das änderte aber nichts daran, dass es weiter gegenteilige Meinungen gibt.
Vor allem Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka und Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzender Adi Schön waren mit der erwartbaren Entscheidung der Regierung nicht einverstanden. Holger Laschka warnte, auch angesichts weiterer Leerstände in der unmittelbaren Umgebung der Häuser Nummer 5 und 7: "Es droht eine Art Ruinen-Allee." Aus seiner Sicht sei es wichtig, dem Bauherren eine wirtschaftliche Perspektive zu geben. "Nur wenn die Wirtschaft funktioniert, können wir uns alles andere leisten, zum Beispiel auch die Denkmalpflege."

Laschka und Schön kämpfen für eine vitale Innenstadt in Schweinfurt
Eine vitale Innenstadt als gleichwertiges übergeordnetes Ziel wie die Interessen der Denkmalpflege, das ist die Argumentation von Holger Laschka pro Bauherr, selbst wenn dessen Bauantrag nicht zu hundert Prozent den Vorstellungen entspräche. Unterstützung bekam Laschka von Adi Schön: "Die Innenstadt muss am Leben erhalten werden." Dass die CSU ihre Meinung änderte und der Empfehlung der Regierung jetzt folgte, wie Oliver Schulte ausführte, ließ Schön ein klares Urteil fällen: "Das ist Hasenfußpolitik der CSU."
Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) lobte hingegen die CSU dafür, ihren Standpunkt geändert zu haben. Sie hatte schon immer davor gewarnt, dem Hausbesitzer seinen Willen zu lassen und sich gegen die Denkmalpflege zu stellen. Dieser habe eine Verpflichtung für sein Eigentum.
Johannes Petersen (SPD) war auch schon immer auf Seiten der Denkmalpflege: "Rechtswidrige Beschlüsse sind kein taugliches Mittel für Innenstadtbelebung." Petersen benannte das Problem aus seiner Sicht: "Der Zustand dort ist so, weil der Eigentümer nichts getan hat. Es ist nur eine Frage der Rendite und da habe ich großes Unverständnis, denn das ist nicht die primäre Aufgabe des Stadtrates."

Ordnungsreferent Jan von Lackum betonte, es liege am Bauherren, wie der sich entscheide und einige. "Der Denkmalschutz und historische Gebäude sind identitätsstiftend für Städte", betonte von Lackum und verwies wie Baureferent Ralf Brettin auf viele Beispiele in der Innenstadt, bei denen es sehr gelungene Sanierungen im Einvernehmen mit der Denkmalpflege gab.
Was schlägt die Denkmalpflege vor und was wollen die Eigentümer?
Aus Sicht der Denkmalpflege hat das aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammende Haus Keßlergasse 5 "eine besondere stadtgeschichtliche Bedeutung". Besonders zu schützen sind eine Stuckdecke im ersten Stock, ein Türrahmen und die Fassade. Vorgeschlagen wird, das Haus Nummer 7 abzureißen, neu zu bauen und hier vor allem die Erschließung auch für Haus Nummer 5 unterzubringen. Für entsprechende Deckenhöhen des Geschäftes im Erdgeschoss über beide Grundstücke soll der Boden zwei Stufen tiefer gelegt werden, eine barrierefreie Erschließung ist möglich.
Im Haus Nummer 5 wäre im hinteren Bereich und beim Dach ein Teilabbruch und Neuaufbau möglich. Beim Umbau der Wohnungen im ersten Obergeschoss müssten Stuckdecke und Türrahmen erhalten bleiben. Aus Sicht der Denkmalpflege "nichts belegt Unzumutbares", wie es auf Nachfrage im vergangenen Jahr hieß.
Das Architekturbüro des Eigentümers schlägt ebenfalls Abriss und Neubau der Nummer 7 vor sowie eine stärkere Neugestaltung der Nummer 5. Die Stuckdecke soll erhalten und durch einen Kubus von der Geschäftsebene aus sichtbar bleiben. Die Eingriffe, vor allem in Haus Nummer 5, sind allerdings deutlich größer.
Wie es mit dem Bauvorhaben weitergeht, ist völlig offen. Die Bauherren waren bei der jüngsten Sitzung nicht anwesend.
Die spinnen, die Denkmalschützer.
Wenn die denkmalgeschützte Bausubstanz in der Kesslergasse so immens identitätsstiftend für Schweinfurt ist, dann sollte die Stadt versuchen, die Häuser zu erwerben und entsprechend den vom Denkmalschutz als zumutbar eingestuften Vorgaben zu sanieren. Dann wäre der innerstädtische Schandfleck beseitigt und die Zukunft des Denkmals gesichert.
Was auch kommen kann (die MP berichtete), zeigen die Beispiele Schmitts-Mary-Haus (Bad Neustadt) und Ämterhochhaus Würzburg, denn man kann den Eigentümern keine den Wünschen des Denkmalschutzes entsprechende Zwangssanierung auferlegen. Der Denkmalschutz bewahrt leider manchmal in der Realität nur vorhandene Schandflecke.
Von der Realität inspirierte Inschrift an einem alten Haus in Bamberg (lt. Wikipedia):
Gott schütze mich vor Staub und Schmutz, vor Feuer, Krieg und Denkmalschutz.