Für Koffi Nazaire Konan hat sich ein Wunsch erfüllt. Ab September wird er als Pflegefachhelfer Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen in der Einrichtung Dr. Loew Soziale Dienstleistungen in Gerolzhofen betreuen. Seit Februar arbeitet er dort als Hauswirtschaft-Hospitant. "Die Arbeit gefällt mir sehr gut. Das ganze Team ist sehr nett", sagt der 30-Jährige.
In seinem Heimatland, der Elfenbeinküste in Westafrika, hat er eine Pflege-Ausbildung absolviert. Einen Job fand er dort nicht. Und obwohl in Deutschland Pflegerinnen und Pfleger händeringend gesucht werden, war der Weg zu seinem Job alles andere als leicht.
Für seinen künftigen Chef, Bastian Greim, Einrichtungsleiter bei Dr. Loew, ist es das erste Mal, dass er einen Geflüchteten beschäftigt. Als Arbeitgeber kann er sich gut vorstellen, dass es nicht das letzte Mal war. Allerdings müssten zwei Voraussetzungen erfüllt sein.
Erster Eindruck zählt
Erstens erweckte Konan als Bewerber von Anfang einen sehr sympathischen Eindruck auf ihn. "Seine ruhige Art kommt bei unseren Bewohnerinnen und Bewohnern gut an", sagt Greim. Zweitens hatte er jemanden zur Hand, der ihm alle Behördengänge abgenommen hat. "So jemanden wünsche ich jedem Arbeitgeber."
Dieser Jemand ist Olaf Brischwein. Er ist Integrationsbeauftragter im St.-Josef-Krankenhaus in Schweinfurt. Er hat Konan den Kontakt zum Wohnheim in Gerolzhofen geknüpft. Und er unterstützte diesen in seiner Freizeit bei allen bürokratischen Hürden auf dem Weg zur Arbeitserlaubnis.
Der Aufwand ist immens, bestätigt Brischwein. Dies liege auch daran, dass in Deutschland viele unterschiedliche Stellen zuständig sind, wenn Ausländer hierzulande einen Job antreten möchten. Und diese Stellen tauschten sich untereinander nicht aus. Jede Stelle erfasst Datensätze neu. Für jeden Belang muss man sich anderswo hinwenden. Jemand, der anfangs kaum, oder gar kein Deutsch versteht, schafft es kaum, sich hier einen Überblick zu verschaffen, sagt Brischwein. Zumal die meisten Ämter nur dann aktiv würden, wenn Anliegen in der geltenden Amtssprache vorgebracht werden – und die ist Deutsch.
Ausbildung wird anerkannt
Konan hat seit kurzem die behördliche Bestätigung, dass seine in seinem Heimatland abgeschlossene Ausbildung in Deutschland anerkannt wird. Dies war die Voraussetzung, dass er als Pflegefachhelfer arbeiten darf. Mit dem Job erhält er auch einen sicheren Aufenthaltstitel. Er darf also in Deutschland bleiben.
Das lange Warten sei ihm schwergefallen, sagt er. Er ist heilfroh, sich seinen Lebensunterhalt ab September verdienen zu dürfen. "Das reicht mir für ein Leben hier", sagt der 30-Jährige, der alleine lebt. Konan erhält laut Brischwein keine Asyl- oder Sozialleistungen.
Konan hat einen Deutschkurs besucht. Das erreichte B1-Niveau reicht ihm, um sein Gegenüber weitgehend zu verstehen. Zum Antworten greift er oft noch zu seinem Smartphone. Dem Gerät diktiert er seine Antworten auf Französisch. Dies mache ihn verlegen und es störe ihn, sagt er. Die Sätze, die das Übersetzungsprogramm ausspuckt, klingen manchmal auch etwas holprig.
Deutsch schnell verbessern
Doch für den Arbeitsalltag im Heim reicht das, sagt dessen Leiter Greim. Hier komme es ohnehin viel auf nonverbale Kommunikation an. Doch Konan möchte sein Deutsch schnellstmöglich verbessern.
Das Beherrschen der deutschen Sprache sei überhaupt der Schlüssel für alle, die hier Arbeit suchen, sagt Brischwein. Er kümmert sich seit sieben Jahren im Josef-Krankenhaus um Menschen mit nicht deutschen Wurzeln, um Patienten sowie um medizinisches Personal. Es müsse mehr investiert werden, um Ausländern, deren Arbeitskraft gebraucht wird, den Start zu erleichtern, meint er. Ebenso wichtig sei es, mehr Integrationslotsen wie ihn zu haben, die Menschen, die zu uns kommen, helfen. Dies gehe schneller, als den deutschen Behördendschungel zu lichten.
Wie wichtig Sprache ist, um beruflich Fuß zu fassen, hat auch Abdul Mobin Ahmed Haji Adem erkannt. Der 27-Jährige aus Äthiopien, der sich selbst kurz Abdi nennt, ist seit 2015 in Deutschland. Seit vier Jahren lebt er in Gerolzhofen und arbeitet hier seit Mitte April als Pflegehelfer im Wohnstift Steigerwald, als beruflicher Quereinsteiger.
Nicht mehr Aufwand
Der Geflüchtete hat einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis. Deshalb verursachte die Anstellung des Äthiopiers dem Wohnstift als Arbeitgeber nicht mehr Aufwand und Papierkram als bei einem Deutschen, sagt der stellvertretende Leiter des Wohnstifts, Florian Koch.
Mit dem Erlernen der deutschen Sprache hat Abdi erst begonnen, als er schon zwei, drei Jahre in Deutschland lebte. Dies sei ein Fehler gewesen, sagt er heute. "Ich habe erst nicht erkannt, wie wichtig das ist."
Die Pflegedienstleiterin des Wohnstifts, Monika Strumpf, bestätigt: Ohne sichere Sprachkenntnisse funktioniert es in der Altenpflege nicht. Zugleich sei es für ihre ausländischen Kräfte oft schwierig, einen Sprachkurs zu bekommen. Für 30 der 167 Mitarbeitenden des Wohnstifts ist Deutsch laut Koch nicht die Muttersprache.
Kontaktfreudig und geduldig
Koch und Strumpf sind froh, Abdi als Mitarbeiter zu haben. Bei ihm klappe es nicht nur mit der Sprache gut (Strumpf: "Da hatten wir auch schon andere Fälle"). Auch dem jungen Afrikaner, der in Rügshofen Fußball spielt, sich als geduldigen Mensch bezeichnet und, wie er sagt, leicht mit Menschen in Kontakt tritt, gefällt die Arbeit. "Die Bewohner freuen sich, wenn sie mich sehen, und ich freue mich auch. Ich bin sehr, sehr zufrieden."
Die Zeit davor, das achtjährige Warten, bis er endlich seinen Aufenthaltstitel, und damit die Erlaubnis erhalten hat, sich Arbeit zu suchen, hat er in schlechter Erinnerung. Schlafen, Essen, Nichtstun – solch ein Tagesablauf sei nichts für ihn. "Ich arbeite gerne, auch ohne Geld", sprudelt es aus ihm heraus.
Nach Angaben der Stadt haben rund 760 Einwohner Gerolzhofens keinen deutschen Pass. Um aus dieser Gruppe diejenigen zu unterstützen, die Arbeit suchen, organisierten die Ehrenamtlichen des Geo-Treffs im Kreativquartier am 15. Juli eine lokale Job-Börse. Etwa 60 Menschen kamen. Unter den Anwesenden waren vier Gerolzhöfer Firmen vertreten, berichtet Matthias Seng vom Geo-Treff.
Gegenseitiges Kennenlernen
Ziel war es laut Seng, arbeitssuchende Geflüchtete und Arbeitgeber einander bekannt zu machen. Ob sich daraus tatsächlich Job-Angebote ergeben, muss sich zeigen. In einem Fall sieht es jedoch auf Anhieb vielversprechend aus.
Seinen Eindruck fasst Seng so zusammen: Die absolute Mehrheit der Geflüchteten in Gerolzhofen möchten hier gerne arbeiten und Deutsch lernen. Und: Es habe sich gezeigt, dass mangelnde Sprachkenntnisse die größte Hürde auf dem Weg zu einem Arbeitsvertrag ist.
Dass Plätze in Integrations- und Sprachkursen oft fehlten, erschwere vieles. Hinzu käme, dass die zentrale Ausländerbehörde verpflichtet sei, bei jedem Antrag eines Geflüchteten auf Erteilen einer Arbeitserlaubnis erst einmal zu prüfen, ob es nicht einen Deutschen gibt, der den Job übernehmen möchte. Dies gelte auch in solchen Fällen, in denen das Ergebnis bereits vorher feststeht. Dies sei bisweilen schwer verständlich.