Für Asylsuchende ist eine gemeinnützige Arbeit bei Kommunen, Organisationen oder Vereinen schon seit Jahren gesetzlich vorgesehen. Erleichtert wird sie seit kurzem noch durch eine Änderung im Asylbewerberleistungsgesetz. Für Gegham und Gevorg aus Armenien heißt das, mit einer Arbeitsgelegenheit im Gemeindebauhof Euerbach eine sinnstiftende Tagesgestaltung zu finden, bei der sie nicht nur die deutsche Sprache lernen können. Sie wollen damit auch dem Staat etwas zurückgeben, sagen die beiden.
Der Traktor mit Anhänger steht an diesem Morgen auf dem Bauhof bereit. Die Mannschaft lädt die Arbeitsgeräte für den Tag auf. Ein Spielplatz soll heute auf Vordermann gebracht werden, inklusive des Aufbaus neuer Spielgeräte.
Begriffe wie "Schaufel" oder "Besen" und alltägliche Gebrauchswörter kennen Gegham und Gevorg schon. Ansonsten kommunizieren die Bauhofmitarbeiter "mit Händen und Füßen" mit den beiden armenischen Asylbewerbern, erklärt Bauhofleiter Werner Halbig. Oder mit ein paar Brocken Englisch, vor allem aber mit dem Google-Übersetzer auf dem Handy.
Landratsamt: Immer mehr Geflüchtete wollen Job und Aufgaben übernehmen
"Die beiden lernen schnell und sie sind handwerklich begabt", sagt Halbig über den armenischen Elektriker und den Friseur. "Sie schauen sich die Arbeit bei uns ab und machen es nach." Allerdings könnten sie aus Sicherheitsgründen nicht mit den Fahrzeugen und Maschinen betraut werden, könnten nicht allein zu einer Arbeit geschickt werden. Aber Arbeit gebe es mehr als genug, so Bauhofleiter Halbig.
Über die Möglichkeit, Arbeitsgelegenheiten gemeinnütziger Art für Asylsuchende zu schaffen, hat das Landratsamt Schweinfurt die Gemeinden bereits im vergangenen November informiert. Denn immer mehr Geflüchtete hätten Interesse bekundet, Jobs oder Aufgaben anzunehmen, teilt das Landratsamt auf Anfrage mit.
Als Aufwandsentschädigung gibt es 80 Cent pro Stunde zusätzlich
Das Asylbewerberleistungsgesetz, das es schon seit 1993 gibt, sieht im Paragrafen 4 vor: "Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet." Landkreise, Kommunen, Vereine und Organisationen können Arbeitsgelegenheiten anbieten, die dem Allgemeinwohl dienen: etwa in den Sammelunterkünften, beim Heckenschneiden, Reinigen oder eben auch in den Gemeindebauhöfen.
Die Asylsuchenden erhalten die im Gesetz vorgegebene Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde, zusätzlich zu den staatlichen Leistungen. Maximal 20 Stunden pro Woche soll eine Tätigkeit ausgeübt werden. Trotz der vergleichsweise geringen Vergütung habe es in der Vergangenheit mehrere Interessenten auf einzelne Arbeitsgelegenheiten gegeben, so das Landratsamt.
Warum bisher nur wenig Asylsuchende für gemeinnützige Arbeit eingesetzt wurden
Bislang wurde die Möglichkeit von den Kommunen wenig genutzt. Ein Grund war das sogenannte Zusätzlichkeitsprinzip, wonach nur Tätigkeiten angeboten werden durften, "die sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt" verrichtet werden würden. Nach einem entsprechenden Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom November hat der Bundestag dies abgeschafft. Zum 27. Februar trat die Änderung in Kraft.
Als erste Gemeinde beschäftigt Euerbach seit 15. Januar die beiden Armenier. Sie wohnen in einer dezentralen Unterkunft in Obbach und fielen durch ihre besondere Offenheit und Freundlichkeit auf, als der Bauhof kostenlose Fahrräder dorthin brachte. Das Angebot von Bürgermeisterin Simone Seufert, im Bauhof mitzuhelfen, wurde sofort angenommen.
"Ich will dafür arbeiten": Asylbewerber Gevorg ist es wichtig, dem Staat etwas zurückzugeben
"Ich möchte nicht die ganze Zeit zuhause sitzen, das ist langweilig", lässt Gegham per Übersetzer wissen. "Ich würde gerne die ganze Zeit hier arbeiten". Aktuell gibt der Stellenplan der Gemeinde allerdings keine Festanstellung her, erklärt Seufert. Den bürokratischen Weg der Arbeitsgelegenheit für die Gemeinde schildert sie als einfach. Ein Vertrag sei geschlossen worden, die Vergütung werde bislang in bar ausgezahlt.
Die geringe Stundenvergütung ist für die beiden Armenier auf Nachfrage "okay". "Der Staat gibt uns Geld, wir leben davon. Das will ich nicht. Ich will dafür arbeiten", meint Gevorg.
Mit den Bauhofarbeitern läuft die Zusammenarbeit ohne Probleme. "Teils muss man halt lange was erklären, das hält auf", meint einer. Aber "Arbeitswille" wird beiden bescheinigt und "sie sind tüchtig, die kann man gebrauchen". Über die "soziale Einstellung" ihrer Leute ist auch die Bürgermeisterin dankbar. Und die Armenier meinen: "Es ist total cool hier, jeder behandelt uns wie seinen kleinen Bruder".
Bürgermeisterin Simone Seufert: Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung wird größer
Für die Bürgermeisterin ist klar, "dass Integration nur durch Arbeit erfolgen kann." Aber bei der Menge der Asylsuchenden könnten ihrer Ansicht nach nicht alle in solche Arbeiten vermittelt werden. Die Gemeinde tue, was sie kann, informiere Verein oder Kirchen über die Hilfemöglichkeit.
Seufert weiß auch, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung verbessert wird, wenn Geflüchtete etwas tun, während sie auf das Ergebnis des Asylverfahrens warten. Reguläre Arbeiten dürfen Asylbewerber in den ersten drei Monaten in Deutschland nicht ausüben.
Die Bürgermeisterin folgt auch dem aktuellen Aufruf des Landratsamtes an alle Gemeinden, mögliche Arbeitskandidatinnen und –kandidaten aus den dezentralen Unterkünften zu melden. Grundsätzlich könnten laut Landratsamt zwar erwerbstätige Leistungsberechtigte zu solchen Tätigkeiten verpflichtet und bei Ablehnung auch Leistungen gekürzt werden.
Auch das Landratsamt Schweinfurt bietet zehn Arbeitsgelegenheiten an
Aber die Arbeitsgelegenheiten würden nicht als Arbeitsverpflichtung umgesetzt, sondern im Rahmen einer kooperativen Vereinbarung gesehen. Aktuell sei bei den Geflüchteten selbst die Arbeitsbereitschaft auch für die geringe Entlohnung sehr groß.
Neben Euerbach hat das Landratsamt selbst zehn Arbeitsgelegenheiten in den dezentralen Unterkünften geschaffen. Aktuell werden weitere vorbereitet, etwa als Unterstützung von Hausmeisterdiensten beim BSZ oder als Helfer im Landkreis-Bauhof.