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Schweinfurt
Sorge um Industrie-Arbeitsplätze überschattet Richtfest für neue Außenstelle des Finanzamts in Schweinfurt
300 Finanzbeamte sollen stufenweise bis 2030 von München nach Schweinfurt verlagert werden. Auf dem Richtfest war aber auch der Stellenabbau in der Industrie Thema.
'Das Glas zerspringe auf diesem Grund, das Haus sei geweiht ab dieser Stund.' Mit diesen Worten endete der Richtspruch von Dietmar Wehner für den Neubau der Außenstelle des Finanzamts München in Schweinfurt.
Foto: Silvia Gralla | "Das Glas zerspringe auf diesem Grund, das Haus sei geweiht ab dieser Stund." Mit diesen Worten endete der Richtspruch von Dietmar Wehner für den Neubau der Außenstelle des Finanzamts München in Schweinfurt.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 29.04.2024 02:42 Uhr

Eigentlich gehören Richtfeste und Spatenstiche mit zu den schönsten Terminen für Politikerinnen und Politiker. Gute Stimmung, gutes Essen, gute Bilder. Vor allem aber sollen derartige Termine der Bevölkerung suggerieren, dass es vorwärtsgeht im Land und die Politik ihren Job macht.

Wenn aber am Vortag 5000 Beschäftigte aus der Industrie bei einer Kundgebung der IG Metall auf dem Schweinfurter Marktplatz um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze und die ihrer Kinder fürchten, beschäftigt das auch Staatsbeamte und Politiker auf Eröffnungsterminen. So ähnlich formulierte das auch Martin Schöffel, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und Heimat, in seiner Eröffnungsrede beim Richtfest für den Neubau der Außenstelle des Münchner Finanzamts in Schweinfurter am 19. April.

Nur ein Jahr nach Baubeginn der neuen Bearbeitungsstelle des Finanzamts Münchens in Schweinfurt hat die ausführende Baufirma Glöckle den Rohbau des neuen Bürogebäudes fertiggestellt. Wie es bei einem Richtfest üblich ist, seien die Arbeiten am Dach des Gebäudes beendet sowie ein Großteil der Fenster eingebaut, erklärte die Bauherrin und geschäftsführende Gesellschafterin der Unternehmensgruppe Glöckle, Carolin Glöckle, in ihrer Ansprache.

13.000 Quadratmeter, inklusive 174 Stellplätzen

Etwa 300 Finanzbeamte werden im Zuge der Heimat- und Strukturstrategie der Bayerischen Staatsregierung von der Landeshauptstadt in die Wirsingstraße, unweit des Schweinfurter Hauptbahnhofs, verlagert. Insgesamt 13.000 Quadratmeter auf vier Stockwerke verteilt, inklusive einer Tiefgarage mit 120 und weiteren 54 oberirdischen Stellplätzen, würden hier
nachhaltig im KfW-40-Standard und ressourcenschonend errichtet, so Glöckle.

Nach dem Rohbau haben nun Arbeiten an der Natursteinfassade sowie Dämm- und Trockenbauarbeiten begonnen. Daraufhin folgen die Installationen von Elektro-, Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsanlagen sowie von Aufzügen und die Malerarbeiten.
Foto: Silvia Gralla | Nach dem Rohbau haben nun Arbeiten an der Natursteinfassade sowie Dämm- und Trockenbauarbeiten begonnen. Daraufhin folgen die Installationen von Elektro-, Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsanlagen sowie von Aufzügen ...

Sein Ministerium werde nicht nur der zukünftige Mieter des Gebäudes sein, sondern sei auch als Schirmherr zuständig für die Verlagerung von Behörden im Freistaat, sagte Staatssekretär Martin Schöffel (CSU). Die Verlagerung des Finanzamts ist Teil der Heimat- und Strukturstrategie des Bundeslands Bayern. Mit der Dezentralisierung der Verwaltungsstellen sollen unter anderem die Metropolregion München entlastet und der ländliche Raum gestärkt werden. Schöffel ging in seiner Ansprache auch auf die Kundgebung der IG Metall in Schweinfurt vom Vortag ein.

Richtfest von Kundgebung der IG Metall in Schweinfurt überschattet

Der schleichende Abbau von Industriearbeitsplätzen bei den Automobilzulieferern in Schweinfurt treibe ihn persönlich um, sagte Schöffel. Es ärgere ihn, wie Deutschland und Europa mit dem Auto und dem Verbrennungsmotor umgehen. "Deswegen kämpfen wir dafür, dass diese Technologien in Deutschland, Europa und auch am Standort Schweinfurt eine Zukunft haben." Außerdem habe er das Gefühl, dass Deutschland mehr für diejenigen tun müsse, die arbeiten gehen, Unternehmen führen und dass zu viel umverteilt werde, von den Leistungsträgern zu denen, die mehr tun könnten.

In diesem Zusammenhang lobte der Staatssekretär die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Glöckle, die den Rohbau innerhalb eines Jahres erstellt haben. Wo andere einen schleichenden Abbau von Arbeitsplätzen vornähmen, würde der Freistaat hier einen schrittweisen Aufbau vollziehen.

Behördenverlagerung hat Tradition in Schweinfurt

Ähnlich äußerten sich auch die CSU-Abgeordneten Anja Weisgerber (Bundestag) und Martina Gießübel (Landtag). "Gerade in diesen Zeiten, wo auch in Bereichen der Großindustrie Arbeitsplätze abgebaut werden, tut es richtig gut, wenn 300 Arbeitsplätze bei und in der Region entstehen", sagte Weisgerber. "In Zeiten, wo in Schweinfurt große Ängste herrschen, ist der Öffentliche Dienst vielleicht auch eine Option, hier beschäftigt zu werden", so Gießübel.

Oberbürgermeister Sebastian Remelé verwies auf die Tradition der Behördenverlagerung von München nach Schweinfurt, seit den 1990er-Jahren. Damals sei die Region durch den Umbau der Industrie mit Arbeitslosenquoten von bis zu 19 Prozent schwer gebeutelt gewesen. Mit der Verlagerung des Landesamts für Statistik, einer Filiale des Landessozialgerichts und der THWS habe der Freistaat bereits in früherer Krisen klar zu Schweinfurt gestanden.

Verläuft der Bau weiter nach Plan, können ab 2025 schrittweise die ersten Finanzbeamten das Gebäude beziehen.

Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat

Das Finanzamt München beschäftigt laut Angaben des Ministeriums insgesamt 3500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist damit das größte Finanzamt Deutschlands. Mit den 300 Arbeitsplätzen entsteht in Schweinfurt die größte Bearbeitungsstelle des Finanzamts München. Daneben gibt es 14 weitere Bearbeitungsstellen, welche in ganz Bayern verteilt sind. In Schweinfurt werden zukünftig Steuererklärungen und Anträge auf Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen erledigt.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat
 
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