
Besuch auf der Baustelle in der Wirsingstraße in Schweinfurt. Direkt neben dem Firmensitz von Glöckle wird gebaut. Hier entsteht bis Frühjahr 2025 das, was der Freistaat als neue Außenstelle des Finanzamts München anmieten will. In drei Stufen wird das ablaufen, erklärt Carolin Glöckle, geschäftsführende Gesellschafterin der Unternehmensgruppe. Am Ende werden hier 300 Finanzbeamtinnen und -beamte arbeiten. Besonders ist die Baustelle aber aus einem anderen Grund.
Was Glöckle hier baut, ist ein Pilotprojekt in Sachen R-Beton. "Ressourcenschonender Beton", dem ein gewisser Anteil von recyceltem Bauschutt zugefügt wird. Und zwar in unterschiedlicher Körnung. So wird das zum Teil ersetzt, was weltweit immer seltener wird: Sand und Kies.
Wie Sand am Meer, könnte man meinen, gibt es die Körnchen, die in so vielem verarbeitet sind, was wir täglich nutzen: Glas, Beton, Häuser, Autobahnen, Brücken, Spiegel, Handys und und und. Allein in Deutschland werden 455 Millionen Tonnen Sand und Kies verbraucht, pro Jahr. In der Region Main Rhön sind es rund 2,5 Millionen Tonnen Sand und Kies; in der Region Schweinfurt allein 350.000 Tonnen im Jahr. Weltweit ganze 50 Milliarden.
Warum alle Wüsten der Welt das Problem nicht lösen
Die Ressource erschöpft sich. Vor allem der Bauboom und Küstenschutzmaßnahmen verschlingen Unmengen an Sand und Kies. Der wird nicht nur an Land abgebaut, sondern auch aus Flüssen und dem Meer gewonnen.

Denn Sand ist nicht gleich Sand. Es kommt auf die Körnung an, und die ist höchst unterschiedlich. Wüstensand, der ja in rauen Mengen vorhanden wäre, ist zu feinkörnig und zu rund, um ihn beispielsweise für Beton zu verwenden. Was bleibt, sind Vorkommen, die langsam zur Neige gehen oder ausgebaut werden müssten. Wie in Grafenrheinfeld.
Dort baut Glöckle den Rohstoff ab. "Wir haben noch Sand für ein Jahr", schätzt Carolin Glöckle, dann sind die bisherigen Vorkommen aufgebraucht. Schon seit 2022 muss man Sand zukaufen, aus über 300 Kilometern Entfernung anliefern lassen. Das Genehmigungsverfahren für eine Erweiterung der Abbaufläche in Grafenrheinfeld läuft.
Doch es gibt "viel Gegenwehr", sagt Glöckle. Die Chance, dass das Unternehmen die Genehmigung erhalten wird, hält sie zwar für "sehr hoch"; doch dann geht es ans eigentlich Eingemachte: Glöckle muss die Grundstücke noch erwerben. Vor zwei Wochen hatte Grafenrheinfelds Bürgermeister Christian Keller öffentlich dazu aufgerufen, nicht zu verkaufen.
Über kurz oder lang, da ist sich Carolin Glöckle sicher, werde man den Sand komplett extern beziehen müssen. Das alles ist sicher auch ein Grund, warum sich die Schweinfurter Baufirma seit März 2021 mit dem Thema R-Beton beschäftigt. Es geht um Versorgungssicherheit, darum, Ressourcen zu schonen, um Nachhaltigkeit, erklären Carolin Glöckle und Lukas Richter, Projektleiter Innovation und Entwicklung.
Was R-Beton aktuell in der Region billiger macht
Seit Juli 2022 stellt Glöckle R-Beton selbst her. Das Abbruchmaterial dafür kommt aus der Region, was den R-Beton hier - anders als in manch anderen Regionen - aktuell billiger macht als konventionellen. Den Beton verbaut Glöckle nicht nur selbst, man verkauft ihn auch. Doch bei den Kunden, vor allem Handwerkern, ist R-Beton nicht besonders gefragt. Noch nicht, meint Glöckle. Bestellt werde, was man kennt, erklärt Michael Gärtner, Bereichsleiter Schlüsselfertigbau.
Und nun? Ein Umdenken sei nötig, ebenso wie Vorgaben der Politik, sagt Glöckle. Doch auch die öffentliche Hand ist laut Richter zurückhaltend, was den Einsatz von R-Beton betrifft. Vorbild in dem Punkt: die Stadt Schweinfurt. Die habe schon erste Projekte in R-Beton ausgeschrieben.
Warum Beton alleine nicht das Thema der Zukunft ist
Für Glöckle ist R-Beton ein großes Thema. Und das Bürogebäude, in dem einmal Finanzbeamte des Freistaats sitzen sollen, auch ein Testlabor. Hier wird R-Beton eingesetzt, wo es geht. In Stützen, Wänden und Unterzügen. 4500 Tonnen Beton werden für das 13.000 Quadratmeter große Gebäude verbaut, 20 Prozent davon sind R-Beton, sagt Christoph Schlegelmilch, Bauleiter Schlüsselfertigbau.

Noch, so Michael Gärtner, sei R-Beton nicht überall einsetzbar, müssten auch Experten Erfahrungen sammeln –und Skeptiker überzeugt werden. Doch das Thema ist auch noch am Anfang. Dass es ein großes wird, davon ist man bei Glöckle überzeugt. Ebenso wie davon, dass nachhaltiges Bauen mit weniger Beton auskommen sollte. Ein Beispiel: das Pilotprojekt des Schweinfurter Bauunternehmens in Garching bei München; ein Hybrid-Bau aus Holz und Beton, mit dem Glöckle auf dem Klimafestival in Berlin vertreten war.
Um Häuser und Straßen zu bauen, brauchen wir Sand und Schotter.
Wer nicht möchte, dass Straßen und Häuser weiter so gebaut werden, weil es nicht in seine Ideologie passt, wird sich für eine Vernknappung und Verteuerung dieser Resourcen aussprechen.
Fakt ist: Auf der Erde sind Sand und Steine im Überfluss vorhanden.
Man sollte sich immer die Frage stellen: Wem nützt es?
Wohnungsbau, erneuerbare Energien usw. verbrauchen riesige Mengen an Baumaterial. Ein Windkraftwek der 7,2 MW- Klasse verbraucht für Fundament, Mast und Peripherieeinrichtungen mehr als 3.000 Tonnen Stahlbeton. Für die standfeste Kranfläche von ca. 2.000 qm werden zusätzlich nochmal weit über 3.000 Tonnen verdichteter Schotter benötigt.
Das Recycling ist energieaufwendiger als Sand aus dem Kieswerk. Bei Energiebilanzen ist das mit einzubeziehen.