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Schweinfurt
"Ich hab die Schnauze voll, dass in der Gastro über das Personal gejammert wird – wir sind selbst dran schuld!"
Max Matreux ist Restaurantbesitzer in Schweinfurt, im Dehoga-Vorstand und ein Mann der klaren Worte. Die Ausbildung in der Gastronomie sei oft schlecht, sagt er.
Der Chef des Restaurants Kugelmühle in Schweinfurt Max Matreux mit seiner Auszubildenden Yasmin Wilke.
Foto: Marco Karaschinski | Der Chef des Restaurants Kugelmühle in Schweinfurt Max Matreux mit seiner Auszubildenden Yasmin Wilke.
Marco Karaschinski       -  Marco Karaschinski ist in Lübeck geboren und aufgewachsen. Nach seiner schulischen Ausbildung zum Kaufmännischen Assistenten mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik und seinem Abitur zog es ihn 2019 nach Würzburg. Hier studierte er Political and Social Studies und arbeitete als freier Mitarbeiter in der Würzburger Lokalredaktion. Marco Karaschinski ist seit April 2024 Volontär bei der Main-Post.
Marco Karaschinski
 |  aktualisiert: 17.06.2024 02:38 Uhr

Dass die Gastronomie an dem Punkt sei, an dem sie heute ist, komme nicht von gestern auf heute, sagt der stellvertretende Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Schweinfurt und Besitzer der Kugelmühle in Schweinfurt, Max Matreux. "Es gibt viele Probleme, die uns in diese Misere gebracht haben."

Der schlechte Ruf und die Vorurteile, die es über das Arbeiten in der Gastronomie gebe, stamme noch aus den 70er und 80er Jahren, sagt Matreux. Schlechter Umgang, schlechte Bezahlung und keine Freizeit seien vielerorts jedoch lange nicht mehr aktuell. Die Klischees würden sich dennoch hartnäckig halten, was immer noch dazu führe, dass viele um die Branche einen Bogen machen, sagt der Gastronom. "Das erklärt, warum sich nicht mehr viele für die Gastro interessieren, aber nicht, warum diejenigen, die es tun, oft unzufrieden sind und irgendwann gehen."

Er gebe jedoch auch zu bedenken: "Nicht jeder ist für die Gastronomie gemacht. Die Arbeit ist körperlich fordernd und man braucht Disziplin und muss was im Kopf haben, wenn man weit kommen will." Das gelte heute so wie früher, sagt er.

Auch damals hätten ungefähr die Hälfte aller Azubis ihre Ausbildung in der Gastro abgebrochen. Da fiel es aber nicht so auf, weil es demografisch mehr jüngere Menschen gab und die freien Plätze schneller wieder besetzt wurden, ist sich der Gastronom sicher.

Kein Beruf wie jeder andere

Auch wer in die Gastronomie gehe, um schnell, viel Geld zu verdienen, sei dort, sowie in den meisten anderen Berufen falsch, sagt Matreux. "Mit der richtigen Ausbildung kann auch ein Gastronom mehr Geld verdienen als ein Ingenieur, jedoch muss man sich dort erstmal hinarbeiten." Richtig kochen zu können, sei eine Kunst, sagt Matreux. Es sei ein kreativer Beruf und man brauche Leidenschaft, um wirklich gut zu werden.

Doch die richtige Ausbildung sei für die Meisten bereits der Knackpunkt. "Das Ausbildungsniveau ist mit den Jahren auf ein inakzeptables Level gesunken. Es mangelt häufig schon an den Basics", sagt Matreux. Jedoch gebe er nicht den Azubis die Schuld. "Wir bilden nicht mehr richtig aus, das ist schlichtweg die Wahrheit."

Drei Jahre Ausbildung und nichts gelernt

Das größte Problem sehe er an der Art, wie heutzutage in der Gastronomie gekocht werde. "Wie soll jemand wirklich kochen lernen, wenn er in einem Betrieb arbeitet, der nur mit Fertigprodukten hantiert? Die meisten haben in ihrer gesamten Ausbildung nicht ein Stück frisches Fleisch in der Hand gehabt oder einen Fisch filetiert." Es gebe feste Bestandteile im Ausbildungsplan, an die sich jedoch kaum jemand halte, so Matreux. 

 80 bis 90 Prozent der Unternehmen seien selbst schuld, wenn sie keine Azubis finden oder diese bald wieder gehen, wenn sie den ganzen Tag nur Fertigessen aufwärmen dürfen und man keine Zeit für sie habe, um Ihnen das Handwerk wirklich beizubringen, meint Matreux. "Wer hat schon Bock auf so eine Lehre?" Er sei immer wieder entsetzt, wenn er Zwischenprüfungen beiwohne, wie schlecht viele Auszubilden vorbereitet wurden und entsprechend in der Prüfung untergingen.

"Bei uns fingen schon Leute nach ihrer Ausbildung an, die nach einem halben Tag zusammen gebrochen sind und geweint haben, weil sie gemerkt haben, dass sie in der Ausbildung praktisch nichts gelernt haben und nicht mal anständiges Kartoffelpüree von Hand zubereiten können. Da platzt mir echt der Kragen."

Was muss sich ändern, Herr Matreux?

Es müsse strenger darauf geachtet und vor allem regelmäßig kontrolliert werden, wer ausbilden darf, sagt Matreux. Damit meine er nicht, dass ausschließlich die gehobene Gastronomie ausbilden solle. "Es geht auch hier wieder um Frische und Qualität. Auch ein Landgasthaus, was nur Schnitzel auf der Karte hat, kann ein guter Ausbildungsbetrieb sein, sofern sie diese selbst herstellen und nicht einfach nur auftauen."

Matreux hat die schlechte Stimmung, das Gejammere und die Ausflüchte in der Gastronomie satt."Ich hab die Schnauze voll, dass in der Gastro über das Personal gejammert wird. Wir sind selbst dran schuld, wie es sich entwickelt hat". Er ist der Meinung, die Betriebe sollten sich zuerst an die eigene Nase fassen, bevor sie sich über fehlendes Personal und den Fachkräftemangel beschweren, so der Gastronom.

"Wer jetzt kommt und meint, er hat nicht die Zeit, oder kann es sich nicht leisten, alles frisch zuzubereiten, der sollte auch nicht ausbilden dürfen." Abgesehen davon sei das meist eine billige Ausrede, sagt der Koch. Es sei wirtschaftlich gesehen sogar günstiger, alles selbst zu kochen und zuzubereiten, anstatt die Fertigprodukte aus dem Tiefkühler zu kaufen, erklärt Matreux. "Das setzt jedoch eine gute Ausbildung und die Fertigkeit voraus, die Produkte auch effektiv verarbeiten zu können. Doch genau da scheitert es schon bei vielen", sagt der Gastronom.

"Wer viel arbeitet, braucht auch mal eine Pause"

"Bei aller Anstrengung macht der Beruf auch Freude", sagt Matreux. Er sehe sich selbst als eine Art Trainer, der seine Leute motivieren und fordern, aber auch für einen entsprechenden Ausgleich sorgen müsse. "Freizeit ist sehr wichtig. Wer viel und hoch konzentriert arbeitet, braucht auch mal eine Pause. Deswegen haben wir an Sonn- und Feiertagen geschlossen und schicken unser Personal immer wieder auf Fortbildungen oder machen Ausflüge."

Yasmin Wilkes ist 23 Jahre alt und macht in der Kugelmühle ihre Ausbildung als Fachkraft für Restaurant – und Veranstaltungsgastronomie. Es ist nicht ihre erste Ausbildung und sie habe bereits zuvor in einem anderen Gastrobetrieb gearbeitet und sei schließlich unter die Fittiche von Max Matreux gekommen, sagt sie.

Was der 23-Jährigen aus eigener Erfahrung zuvor in der Gastronomie gefehlt habe, sei vor allem die prüfungsnahe Ausbildung. "Es hat oft die Zeit gefehlt, Dinge erklärt zu bekommen oder Sachen zu lernen, die zwar im Prüfungsplan stehen, aber nicht Teil des gastronomischen Alltags des Betriebs sind. Ohne entsprechende Exkurse und Fortbildungen fällt man einfach hinten runter."

Wilkes und Matreux sind sich einig, dass die Branche einiges zu bieten habe, aber eine generelle Umstrukturierung auch innerhalb der Betriebe unabdingbar sei, wenn sich etwas ändern solle.

 
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  • Hubert Endres
    Ja sehr guter Beitrag. Auch entsprechende Freizeit ist wichtig. Aber an allen Sonn- und Feiertagen den Betrieb zu schließen ist meiner Meinung nach nicht zielführend. Denn gerade an diesen Tagen können arbeitende Menschen auch mal zum Essen gehen. Hier sollte eine vernünftige Lösung gefunden werden. Mir ist bewusst, dass viele an Wochenenden und Feiertagen frei haben möchten, aber ein Mix wäre nicht schlecht. Ist ja auch in anderen Berufen der Fall.
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  • Elvira von Falkenstein
    VIele gehen nach der Lehre in die Indudtrie, um mehr zu verdienen und wegen der Arbeitszeiten.
    Wichtig ist auch ein Chef, der hinter einem steht.
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  • Peter Schäfer
    Alle Achtung Herr Matreux, aber Sie sagen die Wahrheit. So mancher Kollege wird sie beschimpfen. Viele sogenannte Gastronomen und Köche wollen nur schnell viel Geld verdienen und Wundern sich wenn die Gäste nur ein oder zweimal kommen. Fertiggerichte bekomme ich zu einem günstigeren Preis selbst im Supermarkt. Wo hört man noch in einer Küche das ein Schnitzel geklopft wird. 2 Handflächen große Schnitzel sind ein Zeichen von Fertigprodukte, womöglich noch aus Formfleisch hergestellt.
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  • Stefan Krug
    in Lindelbach in der Grünen Linde
    da wird noch kräftig geklopft
    und die Schnitzel sind ein Gedicht...
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  • Edith Kram
    @GF:

    Das Problem sitzt noch tiefer, verkrusteter:

    Während ein Bäcker oder Metzger ohne "Meister" kein Geschäft eröffnen darf, darf andererseits jedeer ohne Vorkenntnis oder Ausbildung als Gastronom oder Koch arbeiten

    Sicher, auch meine Großmutter hat am Wochenende im örtlichen Gasthaus die besten Braten gezaubert - ganz ohne Ausbildung.
    Aber sie hat "mit Liebe" und aus Freude gekocht - nicht aus Geltungsbedürfnis oder Gewinnsucht.

    Heute steht das Geld im Vordergrund. Auch ihre DeHoGa, Herr Matreux, ist nicht unschuldig daran. War doch erst kürzlich von der DeHoGa zu hören, dass das "Schnitzel Wiener Art" eigentlich bis zu 25 Euro kosten müßte.

    Das sich viele diese Goldgräberstimmung zu Nutze machen wollen, ist doch klar.

    Auch klar ist, dass es deshalb in einer "Stadt" nur schlechtes Essen oder eben Schickimicki geben kann.

    Fahren wir deshalb aufs Land und unterstützen die kleinen familiengeführten Gasthöfe.

    Autor: @GF
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  • Stefan Krug
    Das Gleiche Prinzip in der Pflege.
    Da übernehmen die Auszubildenden
    auch Jobs und lernen eigentlich nur, dass man funktionieren muss...
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  • Ute Schlichting
    Leider. :-(
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  • Fred Reinshagen
    Endlich bringt es jemand auf den Punkt! Fast nur noch Restaurants mit Fertiggerichten, mit großen Speisekarten, mit hochtrabenden Namen, mit Pseudo-Gourmet-Küche. Die Gastronomie war noch nie so unehrlich & verlogen wie heute! In einer Stadt ohne örtliche Kenntnis der Gastronomie kann man kaum mehr Essen gehen ohne reinzufallen - nicht mal mehr Pizza, ist nur noch aus Fertigteig, matschig, der Teller schwimmt.

    Das gilt auch für die meisten Eisdielen, mit industriellen Eis und bunten Saucen aus der Chemiefabrik - auch für nahezu alle dt. Brauereien (auch die kleinen) die nicht mehr mit Naturhopfen Bier brauen, sondern Industriebrause mit Hopfenpellets. Und für Winzer, mit "Weingetränken für junge Leute", die aussehen wie eine Musterschau von den Farbwerken Hoechst.

    Ist alles besonders bitter für Mainfranken, wo eine einzigartige, bodenständige Kulturlandschaft von heutigen Leuten im Mainstream weithin zerstört wurde. Obwohl das Schweinfurter Land nahezu alles bietet!
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  • Udo Müller
    Wie soll frisch und Qualität hochwertig gekocht werden, wenn der Gast vollste Teller zu günstigsten Preisen wünscht... Qualität kostet etwas mehr. Das uns bei allem heilig, nur nicht bei dem was uns am Leben hält .

    So verhält es sich beim Bierbrauer, wobei der Pellet nur gepresst wurde um Raum zu sparen.

    Was die farbigen Drinks angeht, die Industrie gibt den Weg vor. Willst du was von dem Kuchen ab haben, dann passt du dich an...
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  • Fred Reinshagen
    m. W. geht die seit den 90ern eingeführte industrielle Brauweise (geschlossenes System, dauert nur noch 6 Wochen statt 3 Monate wg. kürzerer Reifezeit) nur mit Pellets. Die Biere sind seitdem auch anders: länger haltbar, nicht mehr bernsteinfarben sondern hell wie Radler, kein sahniger sondern großporiger Schaum, schlechte Schaumhaltung und entsprechender, schaler Geschmack.
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  • Udo Müller
    Und das führt zu höheren Kosten und teureren Bieren.

    Wir haben zuschauen müssen wie Stoxx und andere aufgehört haben, da der Verbraucher nicht den höheren Preis für das individuelle Bier zahlen wollte.

    Jammern wenn's weg ist, aber schimpfen das es zu teuer ist, das geht nicht.
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