
Der politische Dissens in der Landkreispolitik ist überschaubar. Diesen Eindruck konnte man ein Jahr vor der Kommunalwahl 2026 bei den Haushaltsberatungen des Schweinfurter Kreistags gewinnen, bei denen traditionell über Grundsätzliches der Kreispolitik debattiert wird. Konsens und Kompromiss als Kontrapunkt zu „manch misslungener politischer Choreografie“ anderswo, wie Landrat Florian Töpper (SPD) formulierte.
Die Höhe der Kreisumlage, die als Streitpunkt schon in den Vorberatungen im Kreisausschuss abgeräumt worden war, spielte nur im Allgemeinen eine Rolle: Sie wurde um 2 Punkte auf 43,5 Prozent erhöht – weniger als ursprünglich geplant und in Unterfranken weiterhin der niedrigste Wert.
Die Kreisumlage ist derjenige Anteil aus den Finanzen der 29 Landkreisgemeinden, die sie gemessen an ihrer wirtschaftlichen Stärke an den Landkreis Schweinfurt abtreten müssen, für den dieses Geld mangels eigener Steuereinnahmen einen essenziellen Teil des Etats darstellt. 2025 werden es 62,8 Millionen Euro sein. Da der Kreistag die Höhe der Umlage selbst festlegen kann, ist sie stets von politischen Debatten begleitet, wie viel der Kreis den Kommunen zumuten kann oder soll.
Landkreis steuert auf ein Rekordminus zu
Der Haushalt 2025 des Landkreises, der im Kreistag mit Ausnahme der AfD eine breite Zustimmung erhielt, befindet sich auf Rekordhöhe. 142,8 Millionen Euro an Erträgen stehen 151,1 Millionen Euro an Aufwendungen gegenüber. Rechnerisch steht der Landkreis Schweinfurt vor einem Rekorddefizit von 8,3 Millionen Euro. In der Vergangenheit allerdings war es fast immer so, dass am Ende des Jahres der Kreis trotzdem mit einem Plus abgeschlossen hat. Damit zehrt er von den Überschüssen, die er in der jüngsten Vergangenheit erwirtschaftet hat.

Kreiskämmerer Wolfgang Schraut wies erneut darauf hin, dass angesichts der geplanten Investitionen vor allem in den Bau von Schulgebäuden die Verschuldung von derzeit 15,7 Millionen auf 66 Millionen Euro bis zum Jahr 2028 anwachsen werde. Auch das werde Auswirkungen auf die Höhe der Kreisumlage haben.
Landrat verteidigt Haltung zur Kreisumlage, die die Gemeinden zahlen müssen
Mit einer ungewöhnlich politisch geprägten Rede bewertete Landrat Florian Töpper (SPD), der 2026 wieder zur Wahl antritt, den Zustand des Landkreises Schweinfurt. Insbesondere die Diskussion über die Kreisumlage hat bei ihm offenbar einen Nerv getroffen. Es mache ihn betroffen, sagte Töpper, wenn ständig "ohne substantielle Änderungsvorschläge" zur Aufgabenerfüllung des Landkreises der Eindruck erweckt werde, der Kreis ignoriere die finanziellen Belange der Gemeinden. In Bürgerversammlungen und Gemeinderäten sei "auf den Landkreis gezeigt" worden, der "sich ein leichtes Leben mache und es den Gemeinden überlasse, sparsam und wirtschaftlich zu arbeiten".
Diese Darstellung wies der Landrat ausdrücklich zurück und bezeichnete die Höhe der Kreisumlage, die zu den niedrigsten in Bayern gehöre, als dringend erforderlich. Er sagte auch, dass sich der Landkreis keine Prestigeprojekte leiste und das auch nicht vorhabe. Das Investitionsvolumen der nächsten Jahre in Höhe von 118 Millionen Euro betreffe die Sektoren Bildung und Sicherheit: Realschule Schonungen, Förderschule Schwebheim, Feuerwehr-Ausbildungszentrum Niederwerrn. Als richtig habe sich erwiesen, trotz Verlusten an der Geomed-Klinik in Gerolzhofen festzuhalten, die dank der Kooperation mit dem Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus Stabilität erfahren habe.
CSU-Fraktion steht zu den geplanten Investitionen
Über die Kreisumlage sagte CSU-Fraktionschefin Gabriele Jakob, die 2026 Töpper als Herausforderin für den Landratsposten gegenüberstehen könnte, dass man verpflichtet sei, ausreichenden Handlungsspielräume für den Landkreis und die Gemeinden zu schaffen. Ihre Fraktion sei sogar der Meinung, dass die 43,5 Prozent noch um 0,5 Punkte gesenkt werden könnten, ohne den Haushalt in die Bredouille zu bringen. Ansonsten unterstrich sie die Notwendigkeit der Investitionen, wie sie Töpper aufgezählt hatte. Man müsse aber auch die CSU-Vorschläge berücksichtigen, neue Bauweisen und Maßnahmen zur Gebäudeeffizienz einzubeziehen. Den Betrieb der Geomed-Klinik stellte Jakob nicht in Zweifel, forderte aber ein Konzept mit zukunftsfähigen Gebäuden und Reformen.
"Der Landkreis hat sich hervorragend entwickelt." So überschrieb Stefan Rottmann (SPD) seine Ausführungen: niedrige Arbeitslosenzahlen, Bevölkerungswachstum, finanzielle Stabilität. Auch er hob die niedrige Kreisumlage hervor, mit dem Befund, dass der Landkreis Schweinfurt mit erstaunlich wenig Geld zurechtkomme. Dennoch sei verantwortungsvolles Wirtschaften nötig, um die Gemeinden nicht über Gebühr zu belasten. Er beschäftigte sich auch mit der Politik in der Stadt Schweinfurt: Ihn sorge deren wirtschaftliche Schwäche. Wenn Jobs abgebaut werden, gehe Wertschöpfung im Handel verloren: "Das trifft auch die Gemeinden." Deswegen halte er eine Lösung für den Neubau der Maxbrücke für nötig.
Ankerzentrum: Dissens zwischen CSU und SPD
Inhaltlichen Dissens gab es zwischen CSU und SPD zum Ankerzentrum für Geflüchtete auf dem Gelände der ehemaligen Conn-Kaserne, das zu einem Gewerbepark ausgebaut werden soll. Das Ankerzentrum steht aber nicht in der Zuständigkeit des Landkreises Schweinfurt, sondern der Regierung von Unterfranken. Gabriele Jakob (CSU) plädierte für einen Weiterbetrieb, solange sich die Migrationspolitik nicht veränderte. Eine dezentrale Unterbringung der Menschen würde Gemeinden und die dortigen ehrenamtlichen Helfer überfordern. Genau das Gegenteil forderte Stefan Rottmann (SPD). Bei einer gleichmäßigen Verteilung der Menschen würde niemand überfordert.
Oliver Schulze unterstrich als stellvertretender Sprecher der Freien Wähler, dass die Leistungsfähigkeit der Gemeinden dem Kreistag am Herzen liege. Er verteidigte den Kompromiss, die Kreisumlage auf 43,5 Prozent festzulegen. Ebenso sei es vertretbar, für die geplanten Investitionen den Schuldenstand nach oben zu hieven. Schulze hob positiv hervor, dass der Landkreis Geld für einen Neubau des Kreisaltenheims in Werneck in die Hand nehmen wolle.
Grünen-Chef Weiß mahnt mangelnde Klima-Initiativen an
Ähnlich wie Landrat Töpper kritisierte der Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Johannes Weiß, den Tenor, den manche Bürgermeister verbreiteten, der Landkreis greife den Gemeinden in die Tasche. Doch das Geld aus der Kreisumlage falle nicht in "ein schwarzes Loch", sondern werde für die Zukunft investiert: in Bildung, Gesundheit, Soziales und den Nahverkehr. Weiß konnte sich einen Seitenhieb auf die anderen Fraktionen – auch von der "bunten Mehrheit" – nicht verkneifen. 2022 habe er alle eingeladen, sich verstärkt für den Klimaschutz einzusetzen. Und er fragte nach Initiativen von CSU, SPD und Freien Wählern, die nicht gekommen seien.
Die AfD lehnt den Haushalt ohne Begründung ab
AfD-Fraktionschef und frisch gewählter Bundestagsabgeordneter Bernd Schuhmann startete einen Generalangriff auf die Regierungen "in München, Berlin und Brüssel", in dem er das aus seiner Sicht maßlose Finanzgebaren geißelte. Er begann sich in Rage zu reden, bis Zwischenrufe von Kreisrat Gottfried Schemm (SPD) und auch Sitzungsleiter Töpper ihn bremsten. Er möge zum Haushalt sprechen. Auch Schuhmann unterstützte die geplante Bautätigkeit der nächsten Jahre, mahnte aber werterhaltende Bauweisen und sinnvolle Einsparungen an.
Mit der Höhe der Kreisumlage wären ihre vier Vertreter einverstanden gewesen. Eine separate Abstimmung über diesen Punkt konnte Schuhmann aber nicht durchsetzen. Die AfD lehnte den Haushalt daraufhin ab, ohne dass ihr Fraktionschef Schuhmann dies begründete.