In diesem Jahr will der Landkreis Schweinfurt 108 Millionen Euro einnehmen und 111,5 Millionen Euro ausgeben. Die Lücke von 3,5 Millionen Euro soll hauptsächlich aus Rücklagen gefüllt werden, die der Landkreis in den vergangenen Jahren dank blendender wirtschaftlicher Entwicklung angespart hat. So lautet der Plan von Kreiskämmerer Wolfgang Schraut, der im Kreistag eine sehr große Mehrheit gefunden hat.
Als eine der Ursachen für das Defizit nannte Schraut Investitionen in den Öffentlichen Nahverkehr und eine Zunahme von 1,8 Millionen Euro bei den Personalkosten. Damit im Zusammenhang steht auch eine Stellenmehrung von 23,45 Einheiten, die im Kreistag nicht unumstritten ist. Zudem schlägt das begonnene 50-Millionen-Bauprojekt Berufsschulzentrum erstmals kräftig im Etat zu Buche. Deswegen fährt auch der Landkreis seine niedrige Verschuldung wieder nach oben.
Verschnaufpause für die Gemeinden
Dazu kommt, dass sich die Gewerbesteuereinbußen von 4,3 Prozent für die 29 Landkreisgemeinden aus dem Jahr 2019 auswirken. Jenes Jahr ist die Basis, auf der die Kreisumlage berechnet wird, die die Haupteinnahmequelle des Landkreises darstellt. Derzeit müssen die Gemeinden 37 Prozent ihrer so genannten Umlagekraft – so wenig wie in kaum einer Region in Bayern – an den Landkreis abtreten. Wie Schraut ausführte, müsste man diesen Wert auf 40,7 Prozent erhöhen, um das Defizit in der Kreiskasse zu verhindern. Man belasse es aber bei einer Steigerung auf 38 Prozent.
Deswegen stufte Landrat Florian Töpper (SPD) den Etat als gemeindefreundlich ein: "Er belässt das Geld in den Rathäusern, das dort gleichfalls gute und besonnene Verwendung finden wird". Er verglich die Umlage mit der aus 2013, dem Jahr seines Amtsantritts: Damals seien es 48 Prozent gewesen. Freilich sagte Kämmerer Schraut auch, dass nach heutiger Sicht der Hebesatz bis 2024 auf 46 Prozent hochgefahren werden müsste.
"Stellenplus muss Ausnahme bleiben"
Töpper ging auch auf den Stellenplan ein, den CSU und AfD im vorberatenden Kreisausschuss abgelehnt hatten. Er verwies auf einen Aufgabenwandel für die Landkreise in den vergangenen Jahren. Kurz gefasst: Die Landratsämter bekämen immer mehr Zuständigkeiten zugewiesen, die auch mit Stellenmehrungen verbunden sind, was aber finanziell nicht komplett ausgeglichen werde. Töpper nannte Gesundheitsamt, Klimaschutz und Digitalisierung der Schulen als Beispiele. Die Landkreise hätten dies immer wieder kritisiert: "Bislang blieb dies ohne Widerhall." Dennoch machte Töpper auch deutlich: Das Stellenplus auf dem jetzigen Niveau "hat eine Ausnahme zu bleiben".
Diese Aussage stellte letztlich Gabriele Jakob (CSU) zufrieden, auch wenn sie den Anstieg weiterhin als kritisch bezeichnete. Die Fraktionschefin hielt die vorherige Ablehnung im Ausschuss für konstruktiv, weil danach Gespräche mit der Verwaltung stattgefunden hätten. Betrachte man die Positionen bereinigt, dann käme man auf eine "effektive Stellenmehrung von 13 Stellen". Der Stellenplan erhielt denn auch eine große Mehrheit. Vier Vertreter der CSU und die drei anwesenden AfD-Kreisräte stimmten dagegen. Insgesamt verfügt das Landratsamt über 347,54 Stellen.
Kein Widerspurch gegen politischen Kurs
Auch wenn die Corona-Pandemie dem Kreis Zusatzkosten von über einer Million Euro beschere, sei nicht daran gedacht, bei der Umgestaltung der ehemaligen Conn-Kaserne nachzulassen, sagte Landrat Töpper. Sie sei "unverzichtbarerer Bestandteil" der Entwicklung des Schweinfurter Wirtschaftsraums. Gabriele Jakob (CSU) schlug vor, die Entwicklung parallel mit den Verhandlungen mit dem Freistaat über die Zukunft des auf dem Conn-Gelände betriebenen Ankerzentrums voranzutreiben. Die Flüchtlingseinrichtung soll 2025 aufgelöst werden.
Die "bunte Mehrheit" aus SPD, Freien Wähler, Grünen, FDP und der Linken unterstützte Töppers Kurs. Stefan Rottmann (SPD) unterstrich dessen Argumentation, dass die bisherige Haushaltspolitik ermöglicht habe, auf schlechte Zeiten vorbereitet zu seien. Er strich die Sonderrolle des Landkreises heraus, die sich im AKW-Abbau, dem Conn-Gelände und der Planung neuer Stromtrassen zeige. Oliver Brust (Freie Wähler) stellte die wirtschaftliche Entwicklung ebenfalls in den Zusammenhang mit der Conn-Kaserne. Er verwies auch auf die ausstehenden Sanierungs- bzw. Neubauprojekte für die Heideschule Schwebheim und die Realschule Schonungen.
Grüne im Angriffsmodus
Im Angriffsmodus befand sich Birgit Schmitt (Grüne), die in Wortspielen die ablehnende Rolle des nicht anwesenden Kreisrats und Staatssekretärs Gerhard Eck (CSU) bei Steigerwaldbahn und Nationalpark Steigerwald kritisierte. Sie lobte zudem die Arbeit der "bunten Mehrheit". Diese Konstellation sei besser als "eine Partei, die die Politik alleine macht". AfD-Sprecher Bernd Schuhmann nannte die Kosten für Asylbewerber, auch wenn sie im Haushalt nur durchlaufende Posten seien: Sie seien von drei auf 6,1 Millionen Euro gestiegen, während man für Kreisstraßen 1,6 Millionen Euro aufwende.
Dem reinen Zahlenwerk des Haushalts stimmten bis auf Klaus Schenk (CSU) alle Kreisräte zu.
Da hat der Landrat glatt noch vergessen eine wichtige Säule beim Stellenplan zu erwähnen:
2 Stellen: Landratsbüro (Öffentlichkeitsarbeit)
Nur mal zum Vergleich das vom Landrat erwähnte Gesundheitsamt als "Stellentreiber": 1 Stelle!
Die Öffentlichkeitsarbeit des Landratsamts ist schon wichtig für die weitere Entwicklung des Landkreises.
Noch etwas zum Nachdenken: Gab es bisher noch kein Personal für die Öffentlichkeitsarbeit? Wieso hier die Mehrung in schwerer werdenden Zeiten?
Mich wundert es nicht, das ihr nicht alle CSU-Kreisräte auf diesen Blindflug in die Bedeutungslosigkeit folgen wollten.
Wer so eine Opposition hat, braucht keine Regierungsmehrheit mehr.
Und zu den Wortspielen der Birgit Schmitt. Nachdem die Grünen offenbar nichts zum brauchbares zum Kreishaushalt beitragen konnten blieb ihnen nur der Klamauk. Das passt zum primitiven und unsachlichen Habitus den viele Vertreter dieser Partei pflegen.
Sie haben mit Frau Schmitt die falsche Person angesprochen. Sicherlich meinen Sie den anerkannten Nationalpark- und Steigerwaldbahn-Gegner aus der (noch) staatstragenden Partei. Kann im Eifer des Gefechts schon mal passieren....
.
nachdem ich seit etwa 15 Jahren regelmäßig aus dem Kreistag berichte, möchte ich Ihrer Erinnerung gerne behilflich sein.
Unter Landrat Harald Leitherer (CSU) haben öfters Gruppen, die nicht zur Mehrheit zählten, den Haushalt abgelehnt. In der Regel wurde der Etat aber von einer großen Mehrheit mitgetragen.
Beispiele:
2010: ca. 73 % Zustimmung
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/kreis-spart-beim-strassenbau-art-5500635
2008: Einstimmigkeit
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/fraktionen-billigen-einstimmig-kreishaushalt-art-4443249
Auch in der Amtszeit Florian Töppers (SPD) 2013-2020 (Mehrheit bei CSU/FDP) erhielt der Haushalt in der Regel große Zustimmung:
Beispiele:
2017: 96 % Zustimmung
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/solider-haushalt-in-guten-zeiten-art-9535168
2018: Einstimmigkeit
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/haushalt-beschlossen-der-landkreis-sorgt-vor-art-9906419
MfG
Josef Schäfer
Redakteur
Der Unterschied zwischen den von Ihnen genannten Haushalten zu dem jetzt beschlossenen ist die Tatsache, das es bis dahin immer eine Mehrheit durch bzw. mit der CSU-Fraktion gegeben hat. Seit der Kommunalwahl 2020 existiert diese nicht mehr, auch wenn die CSU scheinbar noch nicht verstanden hat, das ihr neuer Auftrag ist, die neue Mehrheit zu kontrollieren und Verbesserungen vorzuschlagen.
Auch die Aspekte, welche der Mitkommentator "Herbertm" genannt hat hätten im Artikel (oder einem Folgeartikel) größere Aufmerksamkeit verdient. Ich frage mich auch was für eine Öffentlichkeitsarbeit das Landratsamt betreiben muss, was zwei extra Stellen rechtfertigt. Auf dem Facebookaccount erscheinen täglich die aktuellen Zahlen des RKI zur lokalen Corona-Situation und ungefähr alle zwei Wochen eine Stellenanzeige. Oder die Frage zum den Stellen für das Gesundheitsamt. Informationen dazu sind mir sehr Willkommen.