Mit Geschenken ist das so eine Sache. Hat man als Schenkender ins Schwarze getroffen? Sinkt der Beschenkte von Weinkrämpfen aus Rührung und Freude geschüttelt darnieder ob dieses unglaublichen, super-duper-Geschenks? Das sind die wichtigen Fragen, zumal wenn es sich um Oberndorf dreht.
Wie der geneigte Glossen-Konsument weiß, ist das Verhältnis zwischen der Stadtverwaltung mit Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und den Oberndorfern ja aus diversen Gründen immer wieder ein wenig knirschend. Ob das nun die seit Jahren ausstehende und erst 2023 beginnende Sanierung der Hauptstraße ist, die Genehmigung eines Baumarkts im alten Lidl oder die nicht sehr glücklich kommunizierte Haltestellen-Verlegung einer Stadtbuslinie. Der gemeine Oberndorfer machte sich in den vergangenen Jahren mehr als einmal Gedanken darüber, ob die Eingemeindung 1919 wirklich so ein guter Plan war.
Doch nun hat sich die Lage fundamental geändert. Denn der Verwaltung ist ein echter Coup gelungen. Ein Geschenke-Coup, nachgerade. Ausgerechnet am Geburtstag der größten Oberndorfer Fürsprecherin im Stadtrat, SPD-Urgestein Marianne Prowald, rückt die Verwaltung mit einer Überraschung raus, bei der es Freudentränen nur so regnet: Oberndorf soll nicht nur einen neuen Discounter bekommen. Es gibt als Sahne-Haube oben drauf noch einen Vollsortimenter und die rote Kirsche zum Abschluss ist ein Drogeriemarkt.
Und, jetzt ist wirklich Zeit, dass alle wahlberechtigten Oberndorfer für alle Ewigkeit nur noch an einer Stelle ihr Wahlkreuz machen – die Gebäude bekommen auf ihren Dächern Photovoltaik, der Parkplatz für 150 Fahrzeuge soll ebenfalls mit einer Photovoltaik-Anlage überdacht werden. Ökonomie und Ökologie im Einklang, wie also kann man dieses 3500 Quadratmeter große Geschenk an die Oberndorfer nicht gut finden?
Versichert sei, dass sich Marianne Prowald und sicher eine größere Zahl Mitbürger über diese Nachricht freuen. Doch ist es vielleicht ein Danaergeschenk, das hier gereicht wird, also im Grunde das trojanische Pferd der Moderne, eine eher unheilvolle und schädliche Entwicklung?
Nicht nur Ulrike Schneider würde das unterschreiben, mit ihrer Meinung zum Thema neue Supermärkte hielt sie bei der Umweltausschuss-Sitzung ebenso wenig hinterm Berg wie im vergangenen Jahr bei der Diskussion darüber, wie hübsch oder auch nicht der Ortseingang von Euerbach ist. Lokalpatriotische Geschmackssache, freilich. Doch während dieses Überraschungs-Paket der Schweinfurter Verwaltung, das erst mit Versand der Bauausschuss-Tagesordnung ans Licht kam, in Oberndorf für Freudentränen sorgt, dürfte ein anderer Protagonist nur wenige hundert Meter entfernt wahrscheinlich das Geschenkpapier wie weiland Kater Tom zerreißen, wenn Jerry Mouse ihn wieder einmal geärgert hat.
Ulrich Werner, Bürgermeister von Bergrheinfeld, könnte nämlich in ein paar Jahren in die Situation kommen, dass er in seiner Gemeinde erklären muss, warum die Bürger nicht mehr zwei Supermärkte haben, sondern als Opfer des Verdrängungswettbewerbs nun nach Grafenrheinfeld oder Oberndorf fahren. Immerhin können sie den Schweinfurter Stadtbus nutzen.