zurück
Grafenrheinfeld
Finaler Entwurf zur Stromtrasse SuedLink: Eigentümer und Bewirtschafter machen sich Sorgen um ihr Land
Eine Infoveranstaltung von TransnetBW zu der SuedLink-Trasse offenbart tiefe Skepsis gegen die Erdleitung. So aufwändig ist das Bauwerk.
Am Bildschirm erläuterte Transnet-Bürgerreferent Christopher Göpfert (rechts) den grundstücksgenauen Entwurf des SuedLinks bei einer Infoveranstaltung in der Grafenrheinfelder Kulturhalle.
Foto: Silvia Eidel | Am Bildschirm erläuterte Transnet-Bürgerreferent Christopher Göpfert (rechts) den grundstücksgenauen Entwurf des SuedLinks bei einer Infoveranstaltung in der Grafenrheinfelder Kulturhalle.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 11.02.2024 18:39 Uhr

Als Dialogangebot an die Grundbesitzer und Landwirte entlang der SuedLink-Trasse war die Info-Veranstaltung von TransnetBW tituliert. Es sollte um Bodenschutz gehen, um die Art der Erdkabelverlegung, die dazugehörige Logistik und nicht zuletzt um die Entschädigung für die Bauern. Aber nur wenige der 200 geladenen Betroffenen fanden den Weg in die Grafenrheinfelder Kulturhalle. Und bei denen überwogen Misstrauen und Ablehnung des Stromübertragungsprojekts.

Alle Mühe gaben sich die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW, anhand von Plänen, Karten am Bildschirm, Schaubildern oder gar Virtual-Reality-Brillen über den Planungsstand und den Bau der Hochspannungs-Gleichstrom-Leitung von Nord- nach Süddeutschland zu informieren. Der jüngste Entwurf des grundstücksgenauen SuedLink-Verlaufs auf etwa 20 Kilometern im Landkreis Schweinfurt – von Oerlenbach bis Bergrheinfeld – lag vor.

Allerdings können noch laufende Untersuchungen vor Ort – etwa zum Baugrund, zu Kampfmitteln oder zur Archäologie – eine Verschiebung bedingen, erklärte Transnet-Bürgerreferent Christopher Göpfert. Die Linie soll der Bundesnetzagentur als Genehmigungsbehörde vorgeschlagen werden.

Finaler Entwurf überrascht Grundbesitzer

Für manchen Besucher aus den Gemeinden Geldersheim, Euerbach, Niederwerrn, Werneck und Bergrheinfeld waren dieser Entwurf und damit die eigene Betroffenheit neu. "Ich bin leicht schockiert", meinte Cornelia Eusemann, eine Grundstücksbesitzerin. "Mein Acker liegt jetzt voll drin". Sie hatte bislang nur die verschiedenen Trassen-Varianten des Erdkabels gekannt. "Ich war mir nicht bewusst, dass es schon so weit ist. Ich hätte mir von TransnetBW gewünscht, zeitnah informiert und mit ins Boot geholt zu werden".

Finaler Entwurf zur Stromtrasse SuedLink: Eigentümer und Bewirtschafter machen sich Sorgen um ihr Land

Göpfert erklärte, dass die Verlegung der Erdkabel aufwändig sei und auch viel Platz benötige. Für die einfache SuedLink-Strecke, wie sie im Landkreis verläuft, wird ein Arbeitsstreifen von 30 bis 35 Meter benötigt: für den darin liegenden acht bis zwölf Meter breiten Schutzstreifen mit dem zwei Meter tiefen Graben für die beiden Gleichstromkabel, für die fünf Meter breite Baustraße und für die seitige Lagerung des Bodenaushubs. Der soll nämlich sauber getrennt nach den verschiedenen Schichten abgelegt und entsprechend wieder verfüllt werden.

Luzerne-Anbau statt Kulturanbau für den Arbeitsstreifen

"Unser Bodenschutzkonzept wird auch in das Planfeststellungsverfahren einfließen", so Göpfert. Vor Ort werde immer ein bodenschutzkundlicher Beauftragter zur Überwachung der Arbeiten sein. Er legt auch fest, wie lange übergangsweise kein Kulturanbau, sondern beispielsweise Luzerne-Anbau für den Arbeitsstreifen erfolgen soll. "Wir empfehlen den Bewirtschaftern ab 2023 den Arbeitsstreifen aus der Bewirtschaftung herauszunehmen und mit Grassamen vorzubegrünen", sagte Göpfert. Geplant ist, 2024 mit dem Bau zu beginnen. "Ab 2026 wird überall gebaut", wies er auf den aktuellen politischen Druck zur Beschleunigung des Vorhabens hin.

Neben dieser sogenannten offenen Verlegung wird auf etwa einem Viertel der Strecke eine geschlossene Bauweise nötig sein: zur Unterquerung von Straßen, Bahnlinien, archäologischen Funden oder Gewässern. Dabei gibt es verschiedene Verfahren: Horizontalspülbohrungen bis zu einer Länge von über einem Kilometer, eine Pressung oder auch Mikrotunnel. "Das alles ist sehr viel teurer und braucht viel mehr Zeit", so Göpfert.

15 Zentimeter Durchmesser misst das Erdkabel für die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ).
Foto: Silvia Eidel | 15 Zentimeter Durchmesser misst das Erdkabel für die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ).

Etwa alle vier Kilometer wird zudem auch eine bis zu fußballfeldgroße Fläche zum Abspulen der Kabeltrommeln mit je zwei Kilometer Kabel – nach Norden und nach Süden – benötigt. Die Gleichstromkabel mit einem Durchmesser von 15 Zentimeter werden für die hiesige Region in der ehemaligen US-Kaserne in Kitzingen zwischengelagert. Per Schwertransport – üblich ist eine 42 Meter lange Kesselbrücke – werden sie dann nachts über die Autobahn zum Abspulort gebracht. "Gegebenenfalls müssen für die letzte Meile auch Wege ertüchtigt werden", so Transnet-Mitarbeiter Göpfert.

Vorbehalte gegen die "Fußbodenheizung" der Erdkabel

Bedenken bei einigen Grundbesitzern löste nicht nur die Vorstellung der Schwertransporter auf ihrem Boden aus. Der grundsätzliche Umgang mit ihrem Land, der Flächenverbrauch und die Verletzung der Bodenstruktur weckten Unbehagen. Die Sorge einer Eigentümerin war: "Was sage ich jetzt meinem Pächter?" Der brauche nämlich eine betroffene Fläche als Futter für seine Bullen. Und das Feld sei in die Fruchtfolge eingegliedert und könne nicht einfach ersetzt werden.

Die teils emotional ausgedrückten Vorbehalte gegen die "Fußbodenheizung" der Gleichstrom-Erdkabel versuchte Transnet-Mitarbeiter Karl Wieland zu versachlichen. Der Agraringenieur verwies auf die vierjährige wissenschaftliche Felduntersuchung an vier Standorten, die seit 2022 unter anderem bei Güntersleben im Landkreis Würzburg praktische Erfahrung sammelt: zur Wärmeausbreitung und zur Auswirkung auf die Kultur. Als "Momentaufnahme" könne er nach diesem schwierigen Jahr sagen, dass keine Nachteile für die Kulturen festgestellt worden seien.

Was die Entschädigung für die Grundbesitzer und für die Pächter anbelangt, so hätten die Landes-Bauernverbände für ihren Berufsstand sehr gekämpft, sagte Göpfert. Eine Rahmenvereinbarung sei jetzt unterschriftsreif.

Derzeit laufen noch im SuedLink-Planungskorridor wie hier bei Euerbach die Probebohrungen, um näheren Aufschluss zu möglichen archäologischen Funden oder zur Bodenbeschaffenheit zu gewinnen.
Foto: Silvia Eidel | Derzeit laufen noch im SuedLink-Planungskorridor wie hier bei Euerbach die Probebohrungen, um näheren Aufschluss zu möglichen archäologischen Funden oder zur Bodenbeschaffenheit zu gewinnen.

Grundsätzlich hole sich Transnet oder Tennet beim Eigentümer eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ein, durch die der Bau, der Betrieb und die Unterhaltung der Leitungsanlage sichergestellt werden. Laut Gesetz vergüte man das einmalig mit 35 Prozent des Verkehrswertes für die Fläche des Schutzstreifens. Darüber hinaus gibt es einen Zuschlag für eine schnelle Einigung innerhalb von sechs Wochen mit bis zu 75 Prozent der Dienstbarkeitsentschädigung. Und für einen Urlaubstag für den Notartermin kommen 450 Euro dazu.

Der Bewirtschafter werde in der Bauphase mit 3500 Euro pro Hektar entschädigt. Auch eine Wirtschaftserschwernis, Flurschäden oder die Nachbewirtschaftung würden bezahlt. "Das hört sich schon gut an", meinte ein Beteiligter. "Aber das zahlt ja nicht Transnet oder Tennet, das zahlen wir alle."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Grafenrheinfeld
Silvia Eidel
Bauweisen
Bundesnetzagentur
Lagerung
Suedlink-Stromtrasse
Tennet
Transnet
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • F. S.
    Wurde jemals ernsthaft berechnet, was man mit dem Geld für Sudlink erreicht hätte, hätte man es in eine dezentrale, regionale Energieerzeugung investiert? Ich glaube nicht! Die Politik hat sich wohl wieder einmal zum Handlanger der Energiekonzerne gemacht und der Bürger zahlt.
    Dazu passt, dass die Landwirte wieder einmal laut und scheinheilig jammern, damit die Entschädigung auch hoch ausfällt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. R.
    Was kosten der aufwändige Bau, die Entschädigungen, und die notwendigen Ersatzleitungen für die Ausfallsicherheit tatsächlich? Und wie teuer wird der Betrieb und die Instandhaltung pro Jahr? Was kostet umgelegt dann der reine Transport einer kWh Strom über Suedlink? Überschlägig komme ich auf reine Transportkosten rein über Suedlink von 15 bis 20 Ct pro kWh. Suedlink scheint nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomischer Unsinn.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten