Der Ausgang eines Zivilverfahrens am Amtsgericht Schweinfurt setzt die umstrittene Gemeinschaft "Go&Change" finanziell unter Druck. Im Jahr 2017 kaufte die Gemeinschaft "Go&Change" das frühere Kloster "Maria Schnee" in Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt). 399.000 Euro hatten die Würzburger Erlöserschwestern, die das weitläufige Areal 2015 verlassen hatten, als Kaufpreis aufgerufen. 170.000 Euro davon steuerte eine junge Frau zum Kauf bei, die bis 2021 "Go&Change"-Mitglied war. Sie hatte das Geld aus einem Erbe und gab es als zinsfreies Darlehen.
Immer wieder hat "Go&Change" Raten für das Darlehen nicht bezahlt
Die Gemeinschaft sollte bis Anfang 2027 monatlich rund 1500 Euro tilgen. Doch mit den Rückzahlungen nahm es "Go&Change" seit Ende 2022 nicht mehr so genau. Immer wieder fielen Ratenzahlungen aus, weshalb die Sache nun vor dem Amtsgericht Schweinfurt landete.
Für die junge Frau war es sichtlich nicht angenehm, in Sitzungsaal 220 gegenüber von Felix Krolle Platz zu nehmen. Blickkontakt vermied sie. Krolle ist Sprecher der Gemeinschaft und hat die Führung übernommen, seit der Mann festgenommen wurde, der bei "Go&Change" den Status eines "Gurus" innehatte und dem Vergewaltigung sowie schwere Körperverletzung vorgeworfen werden.
Während der "Guru" seinem Prozess entgegensieht, trat Krolle am Donnerstag vor Gericht als Vorstand des Vereins Gemeinschaft(s)formen e.V. auf, der hinter "Go&Change" steht. Laut Grundbuchamt gehört dem Verein das frühere Kloster. Und so ist es auch der Verein, gegen den die Frau ihre Forderungen geltend machte: Exakt 73.646 Euro stehen noch an Rückzahlungen aus.
Wie zahlungsfähig ist die Lülsfelder Gemeinschaft "Go&Change"?
Anwesend im Gerichtssaal waren auch mehrere Mitglieder von "Go&Change". Sie verfolgten von der Besucherbank aus die Verhandlung.
Einige Gesichter dürfte die junge Frau noch aus ihrer Zeit in Lülsfeld gekannt haben. Womöglich war es das erste Aufeinandertreffen nach ihrem Weggang. Die angespannt wirkende Frau, ohne deren Erbschaft der Kauf des ehemaligen Klosters wohl kaum möglich gewesen wäre, kehrte der Besucherbank konsequent den Rücken zu.
Die Verhandlung selbst verlief – wie häufig bei Zivilverfahren – juristisch-nüchtern und endete nach rund einer halben Stunde. Lediglich der Anwalt der Geldgeberin, Jürgen Zillikens, konnte sich eine Spitze gegen "Go&Change" nicht verkneifen. Er sagte, er sorge sich um die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft, die möglicherweise "in finanziellen Schwierigkeiten" stecke, "weil Mitglieder wegbrechen".
Krolles Anwältin Nora Nolde wischte die Bemerkung beiseite und betonte, "Go&Change" habe sich "nie gegen die Rückzahlungen verwehrt". Warum im Jahr 2023 mehrere Ratenzahlungen ausblieben, wurde vor Gericht nicht erörtert.
Wie "Go&Change" das Geld nun zurückzahlen muss
Letztlich einigten sich die Parteien auf einen Rückzahlungsplan, der "Go&Change" durchaus unter Druck setzt: Bis 31. Januar 2024 muss die Gemeinschaft 20.000 Euro an ihr früheres Mitglied überweisen. Ab 15. Februar werden dann jeden Monat Raten in Höhe von 1600 Euro fällig.
Sollte "Go&Change" mit der Einmalzahlung im Januar oder mit einer der folgenden Raten 14 Tage in Verzug kommen, würde das komplette Restdarlehen plus Zinsen sofort zur Rückzahlung fällig werden. Läuft alles glatt, sollten die Schulden bis Ende 2026 beglichen sein.
Ob "Go&Change" die Zahlungen stemmen kann, ist unklar. Die Gemeinschaft hält sich bedeckt, was ihre Geldquellen angeht. Gegenüber dem Lülsfelder Gemeinderat erklärten "Go&Change"-Mitglieder in der Anfangszeit der Gemeinschaft, man finanziere sich unter anderem über "Spenden und private Einkünfte einiger Mitglieder".
Einem Aussteiger zufolge forderte die Gemeinschaft beim Einzug ins frühere Kloster nach und nach den gesamten Besitz von neuen Bewohnerinnen und Bewohnern ein.
Noch bis vor einigen Wochen warb die Gemeinschaft auf ihrer Internetseite unter anderem um Schenkungen, die man "bei einem Besuch" hinterlassen oder "einmalig oder als Dauerauftrag" überweisen könne. Inhaber des angegebenen Kontos: Felix Krolle.
Wer solchen Jägern ins Netz geht, ist wahrlich zu bedauern.
Auf der Suche nach dem Lebensglück gibt es wenig Abgriffe, die es wert sind, berücksichtigt zuwerden.
99,9 % wollen alle nur das Beste: das Geld der Mitgänger.
Zuviele gescheiterte Existenzen, zuviele machen sich die Taschen voll. Zu wenige kapieren es rechtzeitig.
Tragisch…