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LÜLSFELD
Tschüss, Klosterschwestern!
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:54 Uhr

Exakt um 10.38 Uhr, verließ am Donnerstag, 26. Februar, das Auto mit der letzten Oberin in der 129-jährigen Geschichte der Erlöserschwestern in Lülsfeld den Klosterhof in Richtung Würzburger Mutterhaus. Damit ist das Kloster Maria Schnee endgültig Geschichte und in gewissem Sinne Schnee von gestern. Eine Ära ging zu Ende.

Es war noch einmal ein schmerzlicher und tränenreicher Abschied für Schwester Gundegard Deinzer, ihre Stellvertreterin Schwester Anthima Johanni und Schwestern Wendelina, die Gärtnerin.

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Erst im letzten Moment hatten sie die Klosterräume verlassen, um in die bereitstehenden Autos zu steigen. Zuvor waren die wichtigsten Habseligkeiten, die mit in den Kofferraum passten, verstaut worden. Der Rest folgte in einem Sprinter-Kleintransporter der Kongregation in Würzburg. Schwester Wendelina lenkte ihren roten Flitzer selbst.

Die Anspannung bei den letzten Augenblicken in der gewohnten Umgebung war groß. „Da drinnen drehen sie jetzt alle am Rad“, sagte eine Schwester, während sie wieder eine Kiste hinaus ins Auto schleppte.

Es muss ein schwerer und harter Gang für die Schwestern gewesen sein. Schwester Anthima (75) hatte in Lülsfeld 44 Jahre verbracht, Schwester Gundegard (82) deren 32.

Schwester Wendelina war erst Ende 2008 durch die Auslösung des Klosters Eichelsdorf nach 28 Jahren in den Haßbergen hierher gekommen. Jetzt machte sie die Auflösung des nächsten Klosters mit. Sie wechselt ins Haus der Erlöserschwestern im Würzburger Steinbachtal.

Nochmals waren Nachbarn und enge Bekannte aus dem Dorf gekommen, um der Abholung beizuwohnen und Tschüss und Vergelt's Gott zu sagen. Immer wieder flossen Tränen über die Wangen von Schwestern und Dorfbewohnern. Der Abschied ging allen an die Nieren. Mehrfach war ein seufzendes „Ach ja“ zu vernehmen und der Zusatz „Schau'n wir mal wie's weitergeht“.

Am Tor standen neben den Leuten aus dem Dorf derweil schon die Kindergartenkinder mit ihren Erzieherinnen bereit, um bei frischen vier Grad Celsius und strahlender Sonne zum Abschied mit ihren Fähnchen zu winken.

Nochmals hatten viele Freunde und Bekannte in den letzten Tagen Lebewohl im Kloster gesagt und zwei Tischmesen mit den Schwestern feiert. Auch diese selbst machten noch manch wichtigen Abschiedsbesuch, vor allem in der Nachbarschaft. Währenddessen ging das große Ausräumen weiter. Reinhard Peppel und Robert Landauer gingen den Schwestern dabei besonders zur Hand.

Zweimal ließ Küster Elmar Scheder die Kirchenglocken zum Auszug der Klosterschwestern läuten. Zum ersten Mal um 10.05 Uhr und erneut zur endgültigen Abfahrt. Die Klosterglocke schweigt seit der Schließung der Klosterkapelle am Sonntag. Um 6, 12 und 18 Uhr hatte das Glöckchen 129 Jahre lang zum Angelus-Gebet (Engel des Herrn) geschlagen. Für viele Nachbarn war es der morgendliche Weckruf. Die ersten haben bereits verschlafen, ist zu hören.

Was aus dem Klostergarten und den Obstplantagen wird, wollten wir von Schwester Wendelina wissen. „Wenn ich's wüsste, wäre mir leichter“, so die Antwort der Gärtnerin. Man kann nur hoffen und wünschen, dass bald ihr geliebter Fendt-Schlepper samt Frontlader, Hänger und Anbaugeräten an ihrem neuen Zuhause im Steinbachtal eintrifft, um den Schmerz zu lindern.

Aber nicht nur bei den Schwestern, auch bei den Menschen aus dem Ort gingen die Emotionen hoch. Man erinnerte sich etwa an die Zeit, als die Umzüge egal ob an Fronleichnam, St. Martin oder am Faschingsdienstag durch den Klosterhof führten oder 42 Kindergartenkinder in dem kleinen Raum im Kloster Platz fanden. Selbst Männer wurden in diesem Moment weich. Einer sagte mit belegter Stimme: „Ich hätte nicht geglaubt, dass mich das so berührt. Es st schon verrückt.“

Schwester Gundegard rief der wartenden Schar zum Abschied zu: „Wir werden viel an Lülsfeld denken.“ Umgekehrt wird es nicht anders sein, wenn sich viele Lülsfelder an die Schwestern zurückerinnern.

 
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