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Schweinfurt
Prozess um getötete Cornelia Hümpfer in Schweinfurt stockt: "Ignoranz" eines US-Zeugen verärgert alle Seiten
Die Ladung eines Ermittlers aus den USA stellt die Kammer vor Herausforderungen. Indes gibt es erste Details aus der Vernehmung der aktuellen Ehefrau des Angeklagten.
Im Prozess gegen den ehemaligen US-Soldaten Tommy M. vor dem Landgericht Schweinfurt gibt es weiterhin Probleme mit der Ladung eines Zeugen.
Foto: Thomas Obermeier | Im Prozess gegen den ehemaligen US-Soldaten Tommy M. vor dem Landgericht Schweinfurt gibt es weiterhin Probleme mit der Ladung eines Zeugen.
Désirée Schneider
 und  Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 16.04.2025 06:31 Uhr

Der Prozess um die im April 1978 getötete Cornelia Hümpfer vor dem Landgericht Schweinfurt stockt. Die Verhandlungstage sind kurz, es gibt kaum Programm. Das liegt nicht zuletzt daran, dass am Mittwoch erneut ein Zeuge aus den USA nicht erschienen ist. Die Prozessbeteiligten fühlen sich hingehalten, eine Rückmeldung des geladenen Polizeibeamten bekam das Gericht trotz mehrmaliger Kontaktversuche nicht.

Noch einmal werde er versuchen, den Zeugen zu erreichen, kündigte Oberstaatsanwalt Markus Küstner am elften Verhandlungstag an. Dann sei er "mit meinem Latein am Ende". Es sei verwunderlich, dass sich "ein Berufszeuge" derart unkooperativ zeige, fand Verteidiger Wolfgang Staudinger und sprach von einer "ärgerlichen Ignoranz".

Da der Zeuge in den USA lebt, seien der Kammer rechtlich die Hände gebunden, hatte die Vorsitzende Richterin Claudia Guba bereits bei dessen erstem Ausbleiben angemerkt.

Rechtsmedizinisches Gutachten zum Mordfall Hümpfer steht noch aus

"Wenn er erkennt, dass sein Verhalten nicht ganz so verfahrensfördernd ist, haben wir vielleicht bis morgen eine Antwort", sagte Guba am Mittwoch. Solange nicht geklärt sei, ob der Zeuge vor Gericht aussagen werde, könne auch der rechtsmedizinische Sachverständige nicht aussagen. Dieser soll auf Basis aller in der Hauptverhandlung eingeführten Beweise sein Gutachten erstellen.

Der Prozess gegen den ehemaligen US-Soldaten Tommy M. läuft seit Ende Januar. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 71-Jährigen vor, im April 1978 die damals 18-jährige Cornelia Hümpfer getötet zu haben. Sie hätten während seiner Stationierung in Schweinfurt eine Affäre gehabt, die junge Frau sei schwanger gewesen und habe gedroht, M.s Frau davon zu erzählen, heißt es in der Anklage.

Jene Frau, mit der Tommy M. mittlerweile erneut verheiratet ist, hat bisher aus gesundheitlichen Gründen nicht vor dem Schweinfurter Gericht aussagen können. Nun wurde die Frau Mitte März in ihrem Zuhause in den USA befragt. Davon gibt es ein Video, das Ende April im Gericht gezeigt werden soll. Ein Dolmetscher muss die Befragung noch übersetzen.

Erste Details aus der Vernehmung der Ehefrau von Tommy M. im Gericht in Schweinfurt verlesen

In welche Richtung die Aussagen der Ehefrau gehen, machte am Mittwoch eine grobe Zusammenfassung deutlich. Die Zeugin gab offenbar an, keine Kenntnis darüber gehabt zu haben, dass ihr Mann während seiner Stationierung in Deutschland eine Affäre gehabt und mutmaßlich eine junge Frau getötet haben soll.

Auch über die Durchsuchung des Fahrzeugs des Angeklagten kurz nach der Tat in den 70er-Jahren sowie die Beziehung zu der Ex-Frau von Tommy M., die ihn mit ihrer Aussage schwer belastet hatte, hat sich die Zeugin offenbar geäußert. Ihrer Aussage nach soll die Ex-Frau eifersüchtig gewesen sein.

Anwälte des Angeklagten wollen weitere Zeugen aus den USA laden

Indes brachten die Anwälte von Tommy M. einen neuen Antrag vor: Ein ehemaliger Therapeut und ein ehemaliger Pfleger ihres Mandanten, die ihn während eines Alkoholentzugs in einer Klinik in den 90ern betreut hatten, sollen als Zeugen geladen werden. Geht es nach der Ex-Frau des Angeklagten, soll der 71-Jährige den beiden Männern erzählt haben, eine Frau in Deutschland getötet zu haben. Diese hätten ihm dann geraten, dies auch seiner Frau zu erzählen.

Schon einmal hatten die Verteidiger einen Antrag gestellt, die beiden Männer aus den USA zu laden. Der war zwar abgelehnt worden, das Gericht erachtete jedoch einen Großteil der im Antrag genannten Tatsachen als wahr. Darunter auch die frühere Aussage der Männer, der 71-Jährige habe ihnen nichts über eine mutmaßliche Tötung erzählt.

Antrag: Angeklagter soll Geschichten erfinden, um im Mittelpunkt zu stehen

Explizit von dieser Annahme ausgenommen hatte die Kammer die Behauptung, der Angeklagte habe "nach sachverständiger Einschätzung den Charakterzug, Geschichten über sich zu erfinden, um sich selbst gegenüber für seine Unzulänglichkeiten zu rechtfertigen".

Genau darum geht es in dem neuen Antrag der Anwälte. In einer Vernehmung im Jahr 1996 soll der ehemalige Therapeut angegeben haben, "die Persönlichkeitsstruktur" von Tommy M. spreche dafür, dass "der Angeklagte Geschichten erfinde wie die, eine Frau während seiner Stationierung in Deutschland getötet zu haben, um im Rampenlicht zu stehen und Teil des Mittelpunkts einer Unterhaltung zu sein".

Die Verteidigung gehe davon aus, dass die von der Ex-Frau und dem Kumpel geschilderte "Beichte" ihnen gegenüber "eine reine Erfindung des Angeklagten gewesen sein muss", heißt es in dem Antrag. Somit scheide Tommy M. als "tatsächlicher Täter" aus.

Oberstaatsanwalt Küstner hinterfragte den Antrag: Es werde zwar hier angegeben, "dass er irrsinnige Geschichten erzählt", aber es werde keine einzige Geschichte als Beispiel angegeben, "die sich als falsch dargestellt hat".

Das Verfahren wird am 10. April fortgesetzt.

 
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