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Schweinfurt
Prozess um getötete Cornelia Hümpfer gegen Tommy M.: Landgericht Schweinfurt verzichtet auf Zeugen aus den USA
Ein Therapeut und ein Pfleger des angeklagten früheren US-Soldaten werden nicht in Schweinfurt aussagen. Warum das der Strategie der Verteidiger dennoch zugutekommt.
Seit Ende Januar 2025 muss sich der US-Amerikaner Tommy M. vor dem Landgericht Schweinfurt wegen Mordes verantworten. Er soll im April 1978 die damals 18-jährige Cornelia Hümpfer aus Dittelbrunn getötet haben.
Foto: Anand Anders (Archivbild) | Seit Ende Januar 2025 muss sich der US-Amerikaner Tommy M. vor dem Landgericht Schweinfurt wegen Mordes verantworten. Er soll im April 1978 die damals 18-jährige Cornelia Hümpfer aus Dittelbrunn getötet haben.
Désirée Schneider
 und  Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 04.04.2025 02:40 Uhr

Im Prozess um die im April 1978 getötete Cornelia Hümpfer hat die 1. Große Strafkammer am Freitag zwei Anträge der Verteidigung zwar abgelehnt – dennoch dürfte zumindest ein Beschluss der Strategie der Anwälte von Tommy M. zugutekommen. Der 71-Jährige muss sich seit Ende Januar vor dem Landgericht Schweinfurt wegen Mordes verantworten.

In einem Beweisantrag vom 6. Februar hatte die Verteidigung gefordert, einen ehemaligen Pfleger sowie einen ehemaligen Therapeuten ihres Mandanten, die ihn in einer Entzugsklinik in den 90ern in den USA betreut hatten, zu vernehmen. Sie sollen bezeugen, dass der 71-Jährige weder in Gruppensitzungen noch in Einzelgesprächen Angaben über ein Tötungsdelikt gemacht hat. 

Anders hatte es Tommy M.s Ex-Frau in Schweinfurt vor Gericht behauptet: Der 71-Jährige habe ihr nach seiner Rückkehr aus dem Entzug auf Anraten seines Therapeuten erzählt, er habe während seiner Stationierung in Schweinfurt eine Frau getötet. Dies sollen die Zeugen widerlegen, heißt es im Antrag der Verteidigung. Vielmehr sei Patienten explizit von "Beichtsitzungen" abgeraten worden.

Strafkammer folgt Annahmen der Verteidigung in Teilen

Die Kammer lehnte am Freitag den Antrag, die beiden Zeugen in Schweinfurt zu vernehmen, zwar ab. Sie gab in ihrer Begründung jedoch an, dass ein Großteil der genannten Tatsachen ohnehin als wahr erachtet würden. Heißt: Das Gericht geht unter anderem davon aus, dass der Angeklagte gegenüber den Zeugen tatsächlich keine Angaben über eine mutmaßliche Tötung gemacht hat.

Explizit von dieser Annahme ausgenommen hat die Kammer die Behauptung der Anwälte, der Angeklagte habe "nach sachverständiger Einschätzung den Charakterzug, Geschichten über sich zu erfinden, um sich selbst gegenüber seine Unzulänglichkeiten zu rechtfertigen". Dies sei keine "hinreichend konkrete Tatsache", erklärte die Vorsitzende Richterin Claudia Guba.

Ebenfalls abgelehnt hat die Kammer den Antrag der Verteidiger, einen psychiatrischen Gutachter zu beauftragen, um die hypothetische Frage der Schuldfähigkeit ihres Mandanten zur Tatzeit zu prüfen. Es mangele für ein Gutachten an Informationen zum damaligen Alkoholkonsum oder anderen psychiatrischen Störungen, so Guba.

Aussagen der Ex-Frau und eines Kumpels des 71-Jährigen sowie seine Militärakte reichten dafür nicht aus. Bei einer Begutachtung – sofern der Angeklagte überhaupt mitwirken würde – seien keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten, erklärte die Richterin. Zudem mangele es an Anhaltspunkten für eine Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit.

Verteidigung kritisiert polizeiliche Ermittlungsarbeit

Am zehnten Verhandlungstag musste der leitende Ermittler im Fall Cornelia Hümpfer dann noch einmal aussagen. Dieses Mal ging es um eine Zeugin, die die Verteidigung laden lassen will und die bei einer ersten Suche nicht hatte ausfindig gemacht werden können. Der Kriminalbeamte war daraufhin beauftragt worden, noch einmal intensiv nach der Frau zu suchen – vergeblich, wie er am Freitag erklärte. Entweder die Frau sei gestorben oder weggezogen, vielleicht auch ins Ausland. Deshalb könnten die Daten aus den Meldeämtern irgendwann gelöscht worden sein.

"Haben Sie auch außerhalb Ihres Büros Ermittlungen angestellt?"
Verteidiger Wolfgang Staudinger zum Kriminalbeamten 

Bei der Verteidigung sorgte diese Aussage für Unmut: "Haben Sie auch außerhalb Ihres Büros Ermittlungen angestellt?", fragte Anwalt Wolfgang Staudinger den Ermittler, der das verneinte. "Es ist bisschen lächerlich, was Sie machen", kritisierte der Verteidiger. Der Polizist verteidigte seine Recherche: "Wenn sie in Deutschland leben würde und nicht gestorben ist, hätte ich sie gefunden."

Die Zeugin ist für die Verteidigung wichtig, weil sie in den 70ern in einem Gastronomiebetrieb in der US-Kaserne gearbeitet haben soll. Sie will damals die getötete Cornelia Hümpfer kurz vor ihrem Tod mit US-Soldaten dort gesehen haben. Außerdem soll die Frau beweisen, dass "eine Vielzahl von US-Soldaten dort verkehrten und an verschiedenen Plätzen gesessen haben". Aus Sicht der Verteidiger könnte dies die DNA ihres Mandanten auf der Kleidung der Getöteten erklären.

Ein Zeuge aus den USA, der als Ermittler die Ex-Frau des Angeklagten Ende der 90er Jahre vernommen haben soll, erschien am Freitag nicht in Schweinfurt vor Gericht. Die Ex-Frau hatte sich damals bei den Ermittlungsbehörden und der Army gemeldet und Tommy M. schwer belastet. Da der Zeuge in den USA lebt, seien der Kammer rechtlich die Hände gebunden, sagte Richterin Guba.

Ehefrau des Angeklagten in den USA vernommen - jetzt muss übersetzt werden 

Mittlerweile konnte aber die heutige Ehefrau des Angeklagten in den USA vernommen werden. Das Landgericht hatte die US-Behörden mit der Vernehmung beauftragt und ihnen einen Fragenkatalog geschickt. Aus gesundheitlichen Gründen hatte die Ehefrau nicht nach Deutschland reisen können. Nun müssen die Aufnahmen ihrer Videovernehmung sowie eine schriftliche Zusammenfassung nach Schweinfurt geschickt und übersetzt werden.

Der Prozess wird am 9. April fortgesetzt. Dass das Verfahren – wie bislang geplant – am 10. April zu Ende geht, scheint unwahrscheinlich. Weitere Termine sind bereits in Absprache.

 
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