Für viele Gastronomen ist es eine gute Nachricht, ein erster wichtiger Schritt: Die Biergärten dürfen nach langer Wartezeit auch im Raum Schweinfurt wieder öffnen. Doch die neue Freiheit ist eng verbunden mit zahlreichen strengen Regeln – Maskenpflicht und Abstandsgebot statt ungezwungener Geselligkeit und traditioneller Gemütlichkeit. Zudem brauchen Gäste einen negativen Corona-Test, wenn sie nicht aus einem gemeinsamen Haushalt kommen. Auch in und um Schweinfurt hat man sich auf den Neustart vorbereitet. Und nicht jeder Gastronom kann und will unter diesen Bedingungen öffnen. Wie stehen die Biergartenbetreiber zu der aktuellen Situation? Wie groß ist die Angst vor einer erneuten Schließung und was müssen Gäste beachten?
Welche Regeln müssen Gäste vor dem Besuch im Biergarten beachten?
Seit wenigen Tagen werden Stadt und Landkreis Schweinfurt in den Inzidenzbereich "zwischen 50 und 100" eingestuft. Damit gelten zahlreiche Lockerungen, zu denen auch die Öffnung der Außengastronomie gehört. Um etwa einen Biergarten zu besuchen, müssen Besucherinnen und Besucher im Vorfeld einen Termin vereinbaren, vor Ort müssen sie ihre persönlichen Daten angeben – für eine mögliche Kontaktnachverfolgung. Der Betrieb gastronomischer Außenbereiche ist grundsätzlich zwischen 5 und 22 Uhr zugelassen.
Sitzen an einem Tisch Personen aus mehreren Hausständen, ist ein vor höchstens 24 Stunden vorgenommener negativer POC-Antigentest, ein vor Ort unter Aufsicht durchgeführter Selbsttest oder ein PCR-Test erforderlich. Die Maximalzahl an Personen aus zwei Hausständen darf fünf nicht überschreiten. Vollständig geimpfte und genesene Personen benötigen keinen Test, aber einen Nachweis.
Die Angst vor der erneuten Schließung
Soweit die Rahmenbedingungen. Doch tun sich die Menschen im Raum Schweinfurt diese Auflagen überhaupt an? "Die Nachfrage der Gäste ist schon groß", sagt Hanne Luksch, Inhaberin der "Alten Warte" in Schweinfurt. Am Tag vor der Wiederöffnung habe das Telefon den ganzen Tag lang geklingelt. Nun sei man froh, endlich wieder aufmachen zu können. "Aber natürlich haben wir Sorge, dass dies nicht lange so bleibt", sagt Luksch mit Blick auf die schwankenden Inzidenzwerte. Immerhin stieg die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch, 2. Juni, wieder über 100.
Eine drohende erneute Schließung ab Sonntag ist aber inzwischen vom Tisch, da die Inzidenz am Donnerstag wieder unter 100 fiel. Wird der 100er-Schwellenwert an drei Tagen in Folge überschritten, müsste die Außengastronomie ab dem fünften Tag wieder schließen. "Klar, die Leute wollen wieder kommen, wollen reservieren.
Besucher sollten deshalb im Vorfeld anrufen und sich über die Situation informieren. "Wenn aber jemand einfach so vorbei kommt und wir genug Platz haben, dann schicke ich ihn natürlich nicht weg." Laut Luksch habe sich die Vereinsgaststätte in den vergangenen Monaten "irgendwie durchgewurschtelt". Auf auf einen "to go"-Service habe man verzichtet, da die "Alte Warte" etwas abseits liege. "Wenn wir aber jetzt wieder schließen müssen, dann probieren wir auch das aus", sagt die Inhaberin.
"Die Nachfrage ist auf alle Fälle da"
Auch der Schweinfurter Hirschkeller hat ab sofort wieder geöffnet. Natürlich, erklärt Betriebsleiter Johannes Günther, schwinge aber auch hier die Angst vor einer erneuten Schließung aufgrund von steigenden Zahlen wieder mit. "Die Nachfrage ist auf alle Fälle da, wir haben auch schon einige Reservierungen angenommen, wenn auch nur für kleine Tische", so Günther. Die unsicher Inzidenz-Lage erschwere eine langfristige Planung dennoch ungemein. "Wir müssen die kommenden Tage abwarten, um einschätzen zu können, wie gut es überhaupt angenommen wird." Günther zeigt sich dennoch optimistisch und hofft, nun durchgehend aufmachen zu können.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen bedeuteten für den Betrieb "natürlich einen Mehraufwand", erklärt Günther. Immerhin komme dem Hirschkeller zugute, dass man schon im Vorjahr ein Reservierungssystem und eine coronakonforme Einrichtung eingeführt hat. Probleme bereite indes die Suche nach Personal, welches sich in den Monaten des Lockdowns in anderen Berufssparten umsehen musste.
Personalmangel in der Gastronomie macht sich bemerkbar
Davon kann auch Claudia Turbanisch, Wirtin des "Almrösl" in Schweinfurt ein Lied singen. Zwar habe man auch hier den Biergarten wieder geöffnet, allerdings sei die Suche nach geeignetem Personal nicht einfach. "Es ist wirklich schwer, nach dieser harten Zeit wieder Leute zu finden", sagt Turbanisch. Viele seien abgewandert und arbeiteten mittlerweile in anderen Branchen. So habe der monatelange Lockdown Spuren hinterlassen. Ohnehin seien die aktuellen Voraussetzungen "wahnsinnig schwierig, das ist irre". Man müsse den Einkauf und die personelle Besetzung planen, wisse aber noch nicht, ob man in ein paar Tagen überhaupt noch öffnen darf, beklagt die Wirtin. Bisher habe sich das "Almrösl" mit einem "to go"-Service über Wasser gehalten, um "wenigstens überhaupt irgendwas machen zu können".
Andere Lokale, wie etwa die Schweinfurter Waldgaststätte Schießhaus öffnen ihre Außenbereiche zunächst nicht. Gleiches gilt für das Naturfreundehaus. Dort will man die Zahlen erst einmal beobachten und vielleicht am Wochenende neu entscheiden. Solange bleibe der Biergarten geschlossen.
Warum eine Biergarten-Öffnung schwierig ist
Ebenfalls gegen eine Öffnung des Biergartens hat sich das Dorfwirtshaus in Hambach entschieden. Inhaber Ansgar Zänglein will vorerst weiter nur auf den Abhol- und Lieferservice setzen und sich bei "unserer treuen Kundschaft bedanken". Er sei stolz, dass trotz Lockdowns so viele Menschen sein Lokal weiter unterstützten. "Hätten sie das nicht gemacht, hätten wir nicht überlebt", so Zänglein. Auch wenn er gerne "den geilen Biergarten" wieder aufmachen würde, hat sich Zänglein vorerst dagegen entschieden. "Die Situation ist viel zu unsicher, viel zu schwammig." Er wolle keine "Drei-Klassen-Gesellschaft", in der zwischen Genesenen, Geimpften und Nichtgeimpften unterschieden werde.
Auch könne man durch die ständige Gefahr einer erneuten Schließung "keine Top-Leistung mit den besten und frischesten Zutaten bieten", erklärt der Inhaber. Dafür brauche man Planungssicherheit. Dennoch stehe man in den Startlöchern und freue sich auf ein baldiges Wiedersehen mit allen Gästen. "Nicht nur die Kunden vermissen das, auch wir vermissen unsere Kunden, das Zwischenmenschliche", so Zänglein.
Im Familienbetrieb habe man glücklicherweise keine größeren Fixkosten, wie Miete. Deshalb könne man auch erstmal nur mit dem "to go"-Service weitermachen. Derzeit sei die Situation für einen normalen Betrieb viel zu unsicher, sagt Zänglein mit Blick auf die politischen Vorgaben. Vielleicht, hofft der Inhaber, werde die Rechtslage nach der nächsten Bundestagswahl wieder etwas klarer.