Wer mit einem Wohnmobil oder einem zum Camper umgebauten Auto unterwegs ist, darf nicht einfach überall parken und seine Stühle ins Freie stellen: Er benötigt die Genehmigung des Grundstückbesitzers. Eine Firma aus Oberschwarzach ermöglicht Campern, solche privaten Flächen zu finden. Unsere Autorin Charlotte Wahler hat sich über die App "alpacacamping" drei Wohnmobilstellplätze gesucht und berichtet nachfolgend über ihre Erfahrungen. Heute ist sie in Grettstadt.
Warum in die Ferne schweifen? Weil dann ein Blick zurück möglich wird und die Dinge einmal von außen betrachtet werden können. Die Perspektive ändert sich, Probleme strukturieren sich, Schönheiten werden wieder sichtbar. Wer kennt das nicht, dieses Gefühl beim Nachhausekommen: Ach, wie schön ist es doch auch hier!
Eine Obstwiese hinter dem Haus
Genau dieser Gedanke war Motivation für Familie Hofmann in Grettstadt, auf ihrer Obstwiese hinter dem Haus einen Stellplatz für Camping-Reisende anzubieten. Die Hofmanns verreisen selbst auch seit vielen Jahren mit dem Camper. So ist bei ihnen eine schwedisch angehauchte Oase entstanden, die zum Verweilen einlädt. Eine besondere Lebensart sei das Campen sowieso, so die Hofmanns, daher auch der Name für diesen Ferienraum: Lebensart in Unterfranken.
Mit Grillstelle, Outdoor-Küche, Dusche und Toilettenhäuschen ist er einfach, aber sehr gut ausgestattet. Jenseits von "Glamping" – ein Zwitterbegriff aus Glamour und Camping – entfaltet sich der wahre Luxus, der in diesem Fall 32,50 Euro pro Nacht kostet.
Dem Auto ein wohnliches Ambiete verschaffen
Wie fern muss die Ferne sein? Ob sich Urlaubsgefühle auch dann einstellen, wenn nur knapp 45 Minuten Fahrtzeit nötig ist? Ja, das geht.
Ich mag zwar keine großen Campingplätze, aber ich mag Badeseen. Mit dem Fahrrad brauche ich eine halbe Stunde an den Schweinfurter Baggersee, die Wasserqualität ist wunderbar. Die Radwege sind gut ausgebaut, die Blühstreifen am Wegesrand sind besonders in Schwebheim außergewöhnlich farbenprächtig. Unterwegs schau’ ich mir die Grettstädter Stufenlinde, dieses Wunderwerk der Natur, gestaltet von kundiger Menschenhand, einmal genauer an.
Linden als Gerichtsbäume bekannt
Seit dem 17. Jahrhundert soll sie dort schon stehen, auf dem Platz vor der Kirche. Es ist faszinierend, am Stamm entlang nach oben zu schauen und zu staunen. Auch wer nicht glaubt, dass Bäume kommunizieren können, sollte einmal seine Hände auf die gefurchte Haut des alten Baumes legen und hineinspüren in eine Zeit, in der die meisten unserer Vorfahren noch Leibeigene waren. Die Linden waren als Gerichtsbäume bekannt, in einem Schaukasten des Grettstädter Bürgersaals soll eine Halsgeige ausgestellt sein, ein Folterinstrument, mit dem die damaligen Menschen gefügig gemacht worden sind.
Stellplatz mit Hühnerstall – und Frühstückseiern
Ja, die Natur! Das Schöne am Campen ist die Natur, mit dem Öffnen der Türe mittendrin sein, auf der Wiese, unter Bäumen … die kleinen Plätze bei Alpacacamping versprechen genau dieses Idealbild und tatsächlich, hier auf der Wiese bei den Hofmanns erfüllt sich das Ideal, Urlaubsstimmung stellt sich ein.
Das Schlimme am Camping kann aber auch die Natur sein. Hitze, Unwetter, Moskitos, Zecken … Tatsächlich zieht ein Gewitter in der Nacht herbei, es stürmt bedrohlich um das Auto, ich fühle mich jedoch in Sicherheit. Am nächsten Morgen ist alles vergessen, kein Schlamm, keine Verwüstungen.
Beim Schlendern über die Wiese entdecke ich den Hühnerstall der Hofmanns, der süßen kleinen Küken Platz bietet. So können die Campergäste auch mit Frühstückseiern verwöhnt werden. In der Natur stellt sich die Frage, was wir denn im Leben wirklich brauchen, noch einmal neu.
Zur Abreise muss alles wieder gut verstaut werden im Camper, damit nichts klappert oder rutscht. Und ja, über eine Fahrradgarage verfügt mein Minicamper auch noch, alles passt hinein. Ein Stück Dachrinne dient als Stellplatz.