Wer mit einem Wohnmobil oder einem zum Camper umgebauten Auto unterwegs ist, darf nicht einfach überall parken und seine Stühle ins Freie stellen: Er benötigt die Genehmigung des Grundstückbesitzers. Eine Firma aus Oberschwarzach ermöglicht Campern, solche privaten Flächen zu finden. Unsere Autorin Charlotte Wahler hat sich über die App "alpacacamping" drei Stellplätze gesucht und berichtet nachfolgend über ihre Erfahrungen, heute über einen Platz in einem Ortsteil von Oberschwarzach:
Meine Anreise nach Mutzenroth ist unkompliziert, schließlich lerne ich seit Januar, mit dem Navi zu fahren und habe Vertrauen in dieses System entwickelt. Auf der Wiese hinter dem Anwesen von Simon, der zum Alpacacamping-Team gehört, befindet sich der Stellplatz. Simon ist hauptberuflich Landwirt. "Mitten in Corona, ab dem 5. Mai 2021 starteten wir, und es lief von Anfang an. Zuerst boten wir Plätze in der Region an; die ersten 50 Plätze waren schwierig", erklärt Simon.
Von einer Biertischidee zum siebenstelligen Jahresumsatz
Was als Biertischidee – oder besser: Lagerfeueridee - unter vier passionierten Campingfreunden begann, hat inzwischen eine wirkmächtige Dimension erreicht: Alpacacamping gehört eigenen Angaben zufolge zu den bekanntesten Anbietern für kleine Stellplätze in Deutschland.
Heute treffe ich mich mit Christopher Feuerlein, der mittlerweile Geschäftsführer ist. Alpacacamping generiert einen Jahresumsatz in siebenstelliger Höhe und beschäftigt neun Mitarbeiter in Vollzeit. "Wir haben nebenberuflich angefangen, aber schnell war klar, dass das läuft. Viele Durchreisende buchen diese kleinen Stellplätze, aber auch Kurzurlauber kommen gerne", sagt Feuerlein.
Die Idee: Camper dürfen sich nach einer Online-Registrierung auf das Grundstück zum Beispiel eines Bauern oder Winzers stellen, gegen Gebühr, versteht sich. Landwirte oder Winzer können während der arbeitsintensiven Sommermonate das Buchungs- und Anreiseprocedere nicht einfach vom Traktor aus mit dem Handy betreiben; und Camper wollen nicht aufs Geratewohl die Plätze anfahren, um dann festzustellen, dass alles belegt ist. "So haben wir ein Buchungssystem konzipiert, das alle zufriedenstellen kann", betont Feuerlein.
Lieferservice vom Winzer oder Streicheltiere direkt vor dem Camper
Als Alleinreisende schaue ich mir gerne die Orte meiner zukünftigen Aufenthalte genau an, und bei aller Romantik des einsamen Stehens in der Natur habe ich gerne auch einen Bezug zu Menschen in der Nähe. Die App bietet beispielsweise den Button "Wow-Faktor": Da kann es spektakuläre Aussichten geben, Lieferservice vom Winzer oder Streicheltiere direkt vor dem Camper, das ist gerade für Kinder perfekt. Camper bestätigen, dass sie über ihre Kleinkinder zu dieser Art des Reisens gekommen sind.
Doch zurück zum Stellplatz in Mutzenroth, für den 18,10 Euro pro Tag fällig werden: Als absolute Anfängerin brauche ich ein Weilchen, um meinem Auto ein wohnliches Ambiente zu verschaffen: Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Sanitärräume auf rund vier Quadratmetern. Frühstück bereite ich auf einem kleinen Gaskocher zu, abends erkunde ich die örtliche Gastronomie. Ach ja, einen Hobbyraum in Form einer Tasche hinter dem Fahrersitz gibt es auch noch. Sehr wichtig darin: die Bücher und die Badesachen.
Das Handthal ist zauberhaft, mit dem Fahrrad ist die Stollburg gut zu erreichen, das Steigerwaldzentrum ebenso und dann der Besuch des Baumwipfelpfades! In stetigen Runden wandere ich den Turm hinauf und bin überwältigt vom Blick in die Weite, vom Wogen der Wipfel, wie in einem grünen Meer kann ich die Wellen beobachten, wie sie durch die Blätterlandschaft ziehen. Was Goethe hier wohl gesagt hätte: "Über allen Gipfel ist Ruh …"
Auch die Bäume, die unter dem Klimawandel leiden, kann ich deutlich erkennen und ich denke über meinen ökologischen Fußabdruck nach und überhaupt über meinen Umgang mit dem Wasser. Hier auf der Fränkischen Trockenplatte ist die Verantwortung für einen bewussten Umgang mit diesem lebenswichtigen Element unverzichtbar. Mein Wassertank im Minicamper fasst momentan fünf Liter, das ist eine Herausforderung.
Passend zu diesen Reiseerlebnissen habe ich den Roman von Richard Powers "Die Wurzeln des Lebens" in der Minicamperbibliothek – mit einer guten Lampe sind lange Lesenächte kein Problem. Und die Chancen, am Morgen von Vogelgezwitscher geweckt zu werden, sind groß.
Die Berichte über zwei weitere Stellplätze lesen Sie in den nächsten Tagen.