
Seit einem Vierteljahr sorgen die vielen Ausfälle von Busverbindungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Landkreis Schweinfurt für Ärger. Seit Monatsersten zählen zu den Betroffenen auch Auszubildende, die mit Beginn des neuen Lehrjahres ihre Betriebe nicht oder nur über Umwege und verspätet erreichen. Der Fall von Tim Ziegler aus Wiebelsberg zeigt stellvertretend, wie vertrackt die Lage ist. Für 11. September verspricht das Landratsamt Schweinfurt jetzt eine Verbesserung.
Der 16-Jährige aus dem Oberschwarzacher Ortsteil hat am 1. September seine Ausbildung zum Nutzfahrzeugmechatroniker in Gochsheim begonnen. Um dort pünktlich um 7 Uhr beginnen zu können, stehen ihm ab dem Busbahnhof in Gerolzhofen, wohin ihn sein Vater morgens mitnimmt, ab 4.43 Uhr mehrere Busse der Linie 8160 zur Verfügung. Theoretisch.
Denn aktuell fallen viele Fahrten, die auf dem Fahrplan stehen, aus – wegen Personalmangels beim Busunternehmen Heinrich Metz in Schwebheim. Zwei der fünf Fahrten am Morgen sind deshalb gestrichen. Zwei weitere finden nur außerhalb der Schulferien statt. Bleibt eine Fahrt übrig: Startzeit 5.40 Uhr in Gerolzhofen.
Umleitungen und Staus sorgen für Verspätungen
Diese würde laut Fahrplan über die B 286 nach Schweinfurt führen und um 6.08 Uhr am Hauptbahnhof enden. Aufgrund der wegen Bauarbeiten gesperrten Hahnenhügelbrücke in Schweinfurt fährt der Bus jedoch eine Umleitung. Deshalb ist es nicht sicher, dass der Bus tatsächlich kurz nach 6 Uhr in Schweinfurt ist und dort wieder – wie im Fahrplan vorgesehen – um 6.12 Uhr nach Gerolzhofen/Oberschwarzach startet.
Normalerweise sollte der Bus der Linie 8160 dann um 6.22 Uhr in Gochsheim in der Schweinfurter Straße halten. Dies wäre für Tim Ziegler eine gute Zeit. Doch wegen der Baustellen in Schweinfurt und den Umleitungen und Staus kann das beauftragte Busunternehmen auf Nachfrage dieser Redaktion nicht garantieren, dass der Bus überhaupt bis 7 Uhr in Gochsheim ist.
Eine ernsthafte Alternative biete der ÖPNV ihrem Sohn nicht, sagt Kerstin Ziegler. Sie sitzt vor einem Haufen Busfahrpläne. Über zwei Wochen lang hat sie nach einem Ausweg gesucht. Sie verfolgt auf der Website des Landratsamtes Schweinfurt (www.landkreis-schweinfurt.de) die lange Liste der ausfallenden Busfahrten im Landkreis. Bis Ende August stand dort noch zu lesen, dass man sich zusammen mit dem Busunternehmen bemühe, "bis Ende Juni" die nicht tragbare Situation im ÖPNV zu verbessern.
Warum "Callheinz" auch nicht weiterhilft
Was Kerstin Ziegler wurmt: Auf der Suche nach einer Lehrstelle für ihren Sohn hätten sie vergangenes Jahr bewusst in Richtung Schweinfurt geschaut, weil die ÖPNV-Anbindung dorthin gut ausschaut. "Allerdings nur auf dem Papier", wie sie jetzt ernüchtert feststellt. Auch das von den Initiatoren gepriesene Rufbus-Konzept "Callheinz" helfe Tim nicht weiter, denn dieses reiche nur bis Grettstadt, nicht bis Gochsheim.

Die Frage, warum "Callheinz"-Busse nicht wenigstens übergangsweise, bis der ÖPNV wieder so funktioniert wie es sein soll, bis Gochsheim fahren, hat Kerstin Ziegler auch Landrat Florian Töpper schriftlich gefragt. Dessen Antwort lautete: Dies sei nicht vorgesehen. Gochsheim werde, wie weitere Randgemeinden Schweinfurts, nicht ins Rufbus-Gebiet aufgenommen. Dies gelte auch dann, wenn, wie geplant ab 1. August 2024 "Callheinz"-Busse weitere Bereiche im Westen und Norden des Landkreises anfahren werden.
Die Behörde begründet dies auch auf Nachfrage dieser Redaktion damit, dass Gochsheim von Schweinfurt aus per Stadtbus gut erreichbar sei. Konkurrenz mit den Stadtwerken Schweinfurt und den Regionalbuslinien solle es nicht geben.
Mutter erinnert sich an schlechte Erfahrungen mit ÖPNV
Kerstin Ziegler betrachtet die Sache anders herum: Für sie spricht die gute Anbindung von Gochsheim erst recht dafür, dort "Callheinz"-Haltepunkte einzurichten, um eine Lücke in der Anbindung nach Schweinfurt zu schließen. Sie versteht nicht, weshalb ihr Sohn für gut 20 Kilometer zur Ausbildung morgens eineinhalb Stunden unterwegs sein soll.
Das erinnert sie an ihre eigene Berufsschulzeit vor 30 Jahren. Damals stand sie um 5 Uhr auf, um mit dem Bus nach Schweinfurt und dann per Zug nach Würzburg zu fahren. "Um 8 Uhr stellte ich fest, dass ich die ersten drei Stunden des Tages nichts gemacht habe außer zu frühstücken und den ÖPNV zu nutzen."
Ein Wunsch der Frau, endlich eine praktikable Lösung zu finden, scheint sich jetzt zu erfüllen. Ende vergangener Woche hat das Landratsamt angekündigt, dass ab 11. September, pünktlich zum Schulstart am Tag darauf, deutlich weniger ÖPNV-Fahrten ausfallen sollen. In Absprache mit der Regierung von Unterfranken sei es gelungen, den von Ausfällen betroffenen Linienbusverkehr vertraglich neu zu regeln.
Eine Bietergemeinschaft des Verkehrsunternehmens Heinrich Metz und der Omnibusverkehr Franken (OVF) GmbH habe den Zuschlag für elf Monate erhalten. Mit zusätzlichem Fahrpersonal und eigenen Bussen möchte die OVF laut Landratsamt dafür sorgen, dass die Fahrpläne wieder möglichst lückenlos abgedeckt werden.
Neue Fahrpläne ab Mitte September online abrufbar
Die Fahrpläne würden "weitestgehend beibehalten", heißt es seitens der Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage. Die ab kommender Woche geltenden Fahrpläne seien "voraussichtlich ab Mitte September" online abrufbar unter www.landkreis-schweinfurt.de/oepnv.

Für alle Schülerinnen und Schüler und deren Eltern, die die Ausfälle im ÖPNV vor den Sommerferien auf eigene Faust ausgleichen mussten, ist dies eine gute Nachricht. Alle Auszubildenden und Berufspendlerinnen und -pendler, die Bus fahren möchten oder müssen, hält die Hängepartie diese Woche noch an.
Azubi kommt zu spät – am ersten Tag
Welche Folgen dies hat, hat sich bei Tim Ziegler aus Wiebelsberg gleich an seinem ersten Tag als Lehrling gezeigt. Obwohl er an dem Tag zwei Stunden später als normal anfing, stand er am Busbahnhof in Gerolzhofen wie auf heißen Kohlen. Er erlebte, wie sich eine junge Frau, die mit der Linie 8160 nach Schweinfurt wollte, wieder von der Haltestelle abholen ließ, weil der Bus nicht rechtzeitig kam, sie hätte sonst ihren Anschluss in Schweinfurt verpasst. Ein Mit-Azubi von Tim rief im Betrieb an, dass er sich verspätet, weil der Bus nicht pünktlich ist.
Tims Fazit: "Auf die Ausbildung freue ich mich. Doch ich freue mich auch schon darauf, wenn die Busse wieder sicher so wie geplant fahren." In dieser Woche wird er mit "Callheinz" bis Grettstadt fahren. Dort nimmt ihn jemand mit bis Gochsheim. Diese Lösung hat sich in letzter Minute ergeben.
Wenn Arbeitsbeginn um 7 war, hast du um 7 auch vor Ort zu sein. Es hat keinen interessiert, wenn der Bus Verspätung hatte (wenn überhaupt einer fuhr). Aber heute muss man Stifte mit Samthandschuhen anfassen. Den 4er hat man seinerzeit schon für den Bulldog gebraucht, da war dann eine gebrauchte 50er kein Problem mehr. Damit fuhr man auch im Winter, warum auch nicht.
Aber bis die wieder Fahrt aufnimmt ist der Azubi vermutlich schon in Rente.
Da brauchts dann einen Fahrer und einen Schaffner, somit 2 Pers. Mit 2 Pers. hätte man statt der Steigerwaldbahn 2 Busse GLEICHZEITIG fahren lassen und die können dann noch andere Orte anfahren, wo die Leute zw. Geo u. SW dann nicht extra noch zu irgendeinem Bahnhof hätten kommen müssen, mit Bussen ist man somit flexibler. Und 2 Busse sind sicherlich nicht teurer als ein Bahntriebwagen.....
Ich selbst darf seit einem Jahr meinen Sohn in die Arbeit fahren, weil es keine nutzbare Verbindung von Würzburg nach Theilheim gibt (andersherum wäre es gar kein Problem). Zum Glück ist das für mich lösbar, andernfalls hätte er die Ausbildung dort nicht antreten können. Ist also kein lokal begrenztes Problem.
dennoch hat Herr Göbel irgendwie Recht!
Zu unserer Zeit war der Führerschein auch nicht gerade billig.
Unsre Eltern haben uns die Führerscheinkosten vorgestreckt und wir haben sie in Ratenzahlung abgestottert.
Bei uns gab es noch Winter aber auch die entsprechende Kleidung.
Natürlich kann man eine Fahrgemeinschaft mit den Eltern, vielleicht gibt es sogar jemanden aus der gleichen Ortschaft, der zufällig zur selben Zeit in die gleiche Richtung (hin und zurück) fährt, bilden.
Was will ich damit sagen, auf der einen Seite fordert man, dass 16 jährige schon wählen dürfen, aber auf der anderen Seite sind sie überfordert ihren Weg zur Ausbildungsstätte und zur Berufsschule zu organisieren.
Traut euren Kindern doch mal was zu!