
Viele Reisende haben seine Rückkehr herbeigesehnt: Als Nachfolger des 9-Euro-Tickets ist im Mai das Deutschlandticket an den Start gegangen. Für 49-Euro können Abonnentinnen und Abonnenten mithilfe des Tickets einen Monat lang den deutschlandweiten Nahverkehr nutzen, ohne dabei auf komplizierte Tarifzonen achten zu müssen. Während das Ticket von Politik und Verkehrsexpertinnen und Experten als Meilenstein gelobt wird, ist mit der Einführung nun auch die Kritik an dem Fahrschein lauter geworden.
Harry Metz: Es gibt eigenwirtschaftliche und gemeinwirtschaftliche Verkehrsunternehmen. Als eigenwirtschaftliches Busunternehmen habe ich keinen öffentlichen Auftraggeber, wie die Stadtwerke zum Beispiel. Ich lebe mit meinem Unternehmen und Personal davon, dass jemand einsteigt und seinen Fahrpreis bezahlt. Das heißt, ich muss ein vernünftiges Fahrplanangebot machen und moderne Fahrzeuge einsetzen, weil ich mich um meinen Kunden kümmern muss. Wenn ein Unternehmen einen öffentlichen Auftraggeber hat, wie den Landkreis Schweinfurt, dann interessiert es einen Verkehrsunternehmer nicht, ob jetzt für das Ticket vom Kostenträger 49-Euro oder weniger gezahlt werden, weil der gemeinwirtschaftliche Unternehmer dafür bezahlt wird, dass er den Fahrplan bedient und nicht, wie viele Menschen im Bus sitzen.
Metz: Wir kümmern uns um die Beförderung von Schülern auf insgesamt sechs großen Linien, die rundherum um Schweinfurt aus den Orten Gerolzhofen, Werneck, Hofheim oder Wasserlosen kommen. Neben den weiterführenden Schulen kümmern wir uns auch in kleinen Gemeinden wie Schonungen um die Beförderung der Schüler. Mit 48 Bussen decken wir um die 87 Prozent des Linienverkehrs im Kreis Schweinfurt ab. Wir sind deshalb auch mit am meisten von der Einführung betroffen.
Metz: Die Gemeinde Schonungen hat sich vor Jahren dafür entschieden, den Schulbusverkehr zu öffnen, damit nicht nur Schüler damit fahren können. Im Zuge dessen ergibt sich jetzt die Möglichkeit auf das 49-Euro-Ticket umzustellen. Das funktioniert nur, wenn eine Gemeinde ihre Schülerbeförderung zu einer öffentlichen Linie umstellt.
Metz: Ich erkläre das an einem Beispiel: Wenn eine Monatskarte bislang 70 Euro pro Schüler gekostet hat, dann kostet das gleiche Ticket für den Kostenträger oder die Gemeinde jetzt nur noch 49 Euro. Am Erlös fehlen mir dann 21 Euro für jedes Kind. Der Bund hat sich zwar bereit erklärt, die Ausfallkosten zu übernehmen, aber die Problematik dabei ist, dass bislang nicht geklärt ist, was zu diesen Kosten zählen wird. Neben dem unterschiedlichen Betrag durch die Monatskarte sind meinerseits auch erhebliche Investitionen in neue Kontrollgeräte und Software notwendig, weil das Ticket auf seine Gültigkeit hin überprüft werden muss. Für mich nicht nachvollziehbar ist hier auch das Verhalten des Landkreises Schweinfurt, der sich, trotz mehrerer Empfehlungen das Ticket erst zum neuen Schuljahr einzuführen, dennoch dazu entschieden hat, es bereits im Mai einzuführen. Dadurch müssen die Schülertickets, die noch bis Ende dieses Schuljahres laufen, storniert und eine Gebühr an mich gezahlt werden. Bei diesen Kosten versucht sich der Landkreis gerade herauszureden.

Metz: Die Idee an sich mit dem Deutschlandticket ist sicherlich gut gemeint, um mehr Personen in den ÖPNV zu bekommen, aber die Umsetzung ist mies.
Metz: Wir müssen das 49-Euro-Ticket anerkennen. Es gibt eine Vorschrift vom Aufgabenträger – in unserem Fall vom Landratsamt Schweinfurt –, in der beschrieben ist, dass jedes Verkehrsunternehmen, das im Landkreis Schweinfurt tätig ist, verpflichtet wird, das 49-Euro-Ticket anzuerkennen und Personen damit zu befördern. Ich muss diese Regelung also anerkennen, obwohl ich keinerlei staatliche Aufträge habe. Als Einzelunternehmer gehe ich dadurch deutliche finanzielle Risiken ein.
Metz: Ja. Alle Verkehrsunternehmen, egal ob gemeinwirtschaftlich oder eigenwirtschaftlich, geben auf einem Online-Portal ihre Vergleichserlöse aus dem Jahr 2019 an. Diese werden als Basis herangezogen und um Tariferhöhungen hochgerechnet. Daraus werden wiederum Annahmen seitens der bayerischen Staatsregierung getroffen, wie viele Tickets das Unternehmen in Zukunft nicht mehr verkaufen wird, weil Fahrgäste das Ticket beispielsweise über eine App kaufen und, wie hoch die Differenz zwischen dem 49-Euro-Ticket und dem ehemals gültigen Ticketpreis sein wird. Die Planung beruht aber auf vielen wagen Annahmen. Es lässt sich in keiner Weise beurteilen, wie viele das 49-Euro-Ticket am Ende kaufen werde. Zudem mussten wir Verkehrsunternehmen diese Hochrechnungen innerhalb von acht Arbeitstagen anstellen, ohne jedoch im Detail darstellen zu können, wo aus unserer Sicht zusätzliche Ausfälle entstehen. Ich bin überzeugt davon, dass den eigenwirtschaftlichen Busunternehmen viel Geld fehlen wird.
Metz: Da gab es ähnliche Probleme. So sind wir jetzt noch damit beschäftigt, die Nachweise zu erbringen, wie viele 9-Euro-Tickets wir verkauft haben und was wir sonst an normalen Tickets verkauft hätten. Diesen Nachweis müssen wir zusätzlich durch einen Wirtschaftsprüfer testieren lassen. Das sind hohe Kosten – allein beim 9-Euro-Ticket an die 20.000 Euro – nur für einen Wirtschaftsprüfer, die ich nicht ersetzt bekomme. Das Gleiche gilt jetzt auch 49-Euro-Ticket. Zudem ist es ein hoher personeller Aufwand. Die ganzen Vorgänge werden sich noch bis zum 31. März 2024 hinziehen. Unterm Strich legen wir bei dem Geschäft aber sicher darauf.
Metz: Ich rechne für mein Unternehmen pro Jahr zunächst mit einem Ausfall von 1,44 Millionen Euro. Es ist zwar nicht so, dass die 1,44 Millionen Euro jetzt schlagartig fehlen, sondern es kommen Ausgleichszahlungen als Abschlagszahlungen. Diese werden aber in unserem Fall nicht annähernd eine Million Euro erreichen. Das heißt, dass etwa eine halbe Million zwischen unserer Hochrechnung liegt und dem, was wir als Abschlagszahlungen beantragen konnten. Die Ausgleichszahlungen werden sicher fließen, aber was die Höhe betrifft, habe ich große Sorgen.
Metz: Es wird und kann sich meiner Ansicht nach längerfristig auf die Fahrtenanzahl auswirken. Wir haben aber zu der hochbrisanten finanziellen Thematik noch ein erhebliches, anderes Problem: die Personalfrage.
Metz: Eigentlich könnte jetzt eine goldene Zeit für Verkehrsunternehmen anbrechen, wenn nicht die Personalfrage vollkommen untergegangen wäre. Im Moment fallen in meinem Unternehmen bereits Fahrten aufgrund des Personalmangels aus. Zudem habe ich Personen, die wegen Krankheit dauerhaft ausfallen. Fahrausfälle waren früher noch undenkbar. So etwas habe ich in den 48 Jahren, seitdem ich diesen Job mache, noch nie erlebt.
Metz: In den nächsten Jahren werden in Deutschland an die 80.000 Busfahrer fehlen, da die Babyboomer in Rente gehen und dem allgemein fehlenden Nachwuchs in der Verkehrsbranche. Zudem finde ich immer weniger geeignetes Personal, das Willens ist, auch am Wochenende zu arbeiten.
Metz: Man hätte die Einführung des Deutschlandtickets besser vorbereiten sollen und die Verkehrsunternehmen befragen müssen, welche Nebeneffekte entstehen. Zum Beispiel, was die fehlenden Kontrollgeräte betrifft. Damit wir Verkehrsunternehmen softwaretechnisch in der Lage sind, das 49-Euro-Ticket auszugeben, müssen wir erheblich in die EDV-Infrastruktur und die Bordrechner in jedem Bus investieren. Etwa 5000 Euro sind das pro Bus. Im Moment ist die Regelung so, dass derjenige, der das Ticket verkauft, auch die Einnahmen behält. Dieses Geschäft läuft uns jetzt durch die Hand, weil die Bürgerinnen und Bürger das Ticket über die App lösen. Ich bin der Verlierer des 49-Euro-Tickets. Wie es am Ende ausgeht, wird man erst in ein bis zwei Jahren sehen.
Dabei sitzen die echten und wahren Verlierer in den Dörfern, wo es keinen ÖPNV gibt und der nächste Bahnhof 30 km entfernt ist.
Da ist man also auf das Auto angewiesen und es hilft auch kein Klapprad.
Wenn dann auch noch Gemeinden, wie z.B. Haßfurt, ultrahohe Parkgebühr am Bahnhif verlangen, was nützt dann das 49-Euro-Ticket?
Finanziert wird der Luxus für Städter und Stadtnahe aber durch die Steuergelder aller.
Und die sind die wahren Verlierer!
Gerolzhofen nach Schweinfurt und zurück. Seit 3 Wochen muss ich schauen, wie ich nach 18 Uhr heimkommt, da 3 busse hintereinander ausfallen. Ich müsste bis 20.08 Uhr warten. Wer zahlt mir meinen Ausfall bzw. meine Spritkosten?
Und fahrermangel hat sehr wohl was damit zu tun dass niemand einen Job machen will der nichts wert ist.
Wer sich so nach Gutsherrenart Fahrgäste (mit Stammgastpotenzial!) vom Hals hält, der sollte bitteschön nicht auch noch jammern!
Rollatoren und Kinderwägen sind kein Problem!
Wahrscheinlich musste der Fahrer (nicht Herr Metz) von seinem Hausrecht Gebrauch machen!
Diese Diskreditierung ist Unterste Schublade!
Es gehört zum Konzept des Tickets, daß der Staat dieses bezuschusst.
Ansonsten ist ÖPNV immer ein Zuschussgeschäft, das geht gar nicht anders. Und ja, das ist die Aufgabe der gesamten Gesellschaft und durch diese zu finanzieren - nicht anders als bei Schulen, Polizei etc. So geht eben Staatswesen und gerade bei der Mobilität sollte man sich mal die Kosten ansehen, die Verbrennung von Benzin und Diesel für kommende Generationen verursacht. Das sind auch Kosten, die die Gesellschaft tragen werden muss.
Wir sind kein Selbstbedienungsladen!
Aber ich möchte ergänzen. Sie haben Straßenbau und -unterhaltung vergessen.
Solche Unternehmer, die ihren Betrieb mit Leidenschaft führen dürfen nicht die Verlierer und Leidtragenden dieser Chaostruppe sein!
Das hat man davon wenn ungelernte Kräfte, Realitätsfremde und unter Amnesie leidende unser Land an die Wand fahren!
Jetzt fehlen noch die Gewerkschaften mit ihren Totengräberforderungen