
Wer als Kind, Elternteil oder Arbeitnehmer im Landkreis Schweinfurt wohnt und dort auf den Bus angewiesen ist, hat meist nervenraubende Wochen hinter sich. Wegen des akuten Fahrermangels in einem großen Verkehrsunternehmen im Landkreis hatte sich die Situation im ÖPNV dort deutlich verschärft. Gerade Schulkinder und deren Eltern klagten über ausfallende Linienbusse, Verspätungen und lange Fahrzeiten, teilweise seit Monaten.
Zwar dürfte sich mit dem Beginn der Sommerferien die Lage zumindest vorläufig etwas entspannen. Gelöst sind die Probleme dadurch jedoch nicht. Damit das Drama im September nicht weitergeht, versuchen der Landkreis, die Regierung von Unterfranken und das betroffene Busunternehmen Lösungen zu finden, um die Situation zu verbessern. Aber wie konnte es überhaupt so weit kommen? Welche Strategie verfolgt das Landratsamt und warum ist so schwer, den ÖPNV kurzfristig umzugestalten?
Warum gibt es so viele Probleme im Regionalbusverkehr im Landkreis Schweinfurt?
Viele Verkehrsunternehmen leiden laut dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen unter massivem Personalmangel. Das führt dazu, dass immer mehr Betriebe ihre Aufträge oder Linien nicht mehr bedienen können. Dazu kommt, dass der Busverkehr im Landkreis eigenwirtschaftlich organisiert ist. Das heißt, dass der Verkehr allein von privaten Busunternehmen getragen wird, die keinen öffentlichen Auftraggeber wie die Stadtwerke Schweinfurt besitzen und damit nicht pauschal bezahlt werden. Sie leben vom Fahrpreis und der örtlichen Kundennachfrage.
Warum ist das Verkehrsunternehmen Heinrich Metz in Schwebheim besonders von den Ausfällen betroffen?
Die regionalen Linien im Landkreis werden zu 87 Prozent von dem Verkehrsunternehmen Heinrich Metz aus Schwebheim getragen. Speziell bei diesem Betrieb hat sich der Fahrermangel zuletzt zugespitzt. Allein im Juni beklagte Metz gegenüber der Redaktion elf unbesetzte Stellen und einen gestiegenen bürokratischen Aufwand durch die Einführung des 49-Euro-Tickets.

Speziell das Unternehmen Metz bedient laut Landratsamt viele Linien in den Randlagen des Landkreises und bietet dort zudem auch Fahrten an Wochenenden an. Für viele ist das Arbeiten zu diesen Zeiten jedoch unattraktiv, was die Suche nach Personal zusätzlich erschwert. Das Unternehmen beklagte in der Vergangenheit zudem die wachsende Aggressivität der Fahrgäste gegenüber den Busfahrerinnen und Busfahrern, die das Personal zusätzlich belastet.
Warum fallen so viele Fahrten immer wieder kurzfristig aus?
Der Einsatz von Bussen und Fahrpersonal wird in sogenannten Umläufen und Dienstplänen festgelegt. Diese Umläufe enthalten auch Informationen zu Tarifen, Haltestellen, Fahrwegen und Fahrplänen. All diese Informationen müssen laut Landratsamt auf die Bordrechner der Busse übertragen werden, was im Regelfall bis zu zwei Wochen vorher geschieht. Erkrankt nun kurzfristig ein Fahrer oder eine Fahrerin, fällt der ganze Dienst für acht Stunden aus und kann durch den Personalmangel nicht kurzfristig ersetzt werden. Es muss eine Neuplanung erfolgen, die Zeit in Anspruch nimmt.
Warum lässt der Landkreis nicht einfach ein anderes Unternehmen fahren oder bestellt Busse hinzu?
Bedingt durch die Eigenwirtschaftlichkeit kann der Landkreis Schweinfurt – anders als bei einem gemeinwirtschaftlichen öffentlichen Dienstleistungsauftrage (ÖDA) – das Angebot nicht selbst gestalten oder durch die Bestellung von Extrabussen die Fahrtausfälle ausgleichen. Die Eigenwirtschaftlichkeit hat gesetzlich Vorrang vor der Gemeinwirtschaftlichkeit.
Als Aufgabenträger vom ÖPNV muss das Landratsamt Schweinfurt zwar die Schulwegkostenfreiheit garantieren, ist jedoch nicht für den Transport der Schülerinnen und Schüler an sich zuständig. Er muss berechtigten Schülern lediglich eine Fahrkarte zur nächsten Schule ausgeben. Bei einer eigenwirtschaftlichen Organisation des Regionalverkehrs schreibt der Landkreis lediglich Linien öffentlich aus. Sobald ein Verkehrsunternehmen einen Antrag auf eine Linie stellt, kann der Landkreis Schweinfurt kein wettbewerbliches Verfahren zur Ausschreibung auf derselben Linie starten oder in die Genehmigung eingreifen.
Diese sogenannten Konzessionen werden von der Regierung von Unterfranken erteilt und laufen in der Regel zehn Jahre. Das Unternehmen, welches die Linien dann bedient ist rechtlich betrachtet kein Auftragnehmer des Landkreises. Es erhält keine staatlichen Zuschüsse.
Warum kann man nicht Fahrten zu Zeiten ausfallen lassen, in denen wenig Menschen den Bus nutzen und stattdessen die Fahrten zu den Schulstandorten vollständig fahren?
Zur ersten Schulstunde und zur sechsten Schulstunde sind laut Landratsamt alle Busse und an diesem Tag verfügbaren Fahrer eines Verkehrsunternehmens im Einsatz, weil um diese Zeit die höchste Auslastung im ÖPNV ist. Die Herausnahme einer Fahrt am Nachmittag würde also nicht zwingend dazu führen, dass das Verkehrsunternehmen zu Schulanfangszeiten so eine Fahrt übrig hätte, die es für Schulfahrten verwenden könnte.
Warum hat der Landkreis nicht früher reagiert?
Aufgrund der Eigenwirtschaftlichkeit und der Zuständigkeit der Regierung von Unterfranken als übergeordneter Behörde, mussten laut dem Landratsamt bestimmte Fristen eingehalten und gewisse Prozesse abgewartet werden. Erst danach war ein Handeln des Landkreises möglich. Die Regierung hat dieses Verfahren am 3. Mai 2023 abgeschlossen. Der Landkreis versichert, dass seit der Kenntnis über die Entscheidung nach Möglichkeiten gesucht werden, einen geordneten Übergang im ÖPNV zu ermöglichen.
Dabei müssen entsprechende Regelungen eingehalten werden und eine nachhaltige Lösung gefunden werden. Die Suche nach Möglichkeiten gestaltet sich jedoch laut Landratsamt schwer, da es bei anderen Verkehrsunternehmen ebenfalls kaum freie Kapazitäten gibt, die eine schnelle und zuverlässige Übernahme der Linie ermöglichen würden. Auf ein entsprechendes wettbewerbliches Verfahren kann dabei nicht verzichtet werden.
Wie sollen die Probleme kurz- und langfristig gelöst werden?
Um kurzfristig Abhilfe zu verschaffen, hat der Landkreis am 10. Juli ein entsprechendes Vergabeverfahren unter gutachterlicher und anwaltlicher Beratung eingeleitet. Dadurch soll der Betrieb auf den betroffenen Linien bis zum nächsten Schuljahr neu aufgestellt werden. Ob diese Lösung eintrifft, hängt vom Ergebnis des Vergabeverfahrens ab.
Langfristig will der Landkreis seine Verkehrsstruktur auf gemeinwirtschaftlich umstellen. Dadurch wird der Landkreis zum direkten Auftraggeber des ÖPNVs und kann auf Probleme besser und schneller reagieren. Die Gemeinwirtschaftlichkeit soll 2024 eingeführt werden, kostet den Landkreis allerdings auch mehr Geld.
Einziger nicht ganz billiger Ausweg: autonomes Fahren, was nur auf der Schiene geht (z.B. Nürnberger U-Bahn). Die Schiene sollte weitgehend kreuzungsfrei sein (Straßenunterführungen) und in Städten sollten große Kreuzungen von der Tram untequert werden. So könnte man auf viel befahrenen Bus-Hauptsrecken Fahrer einsparen.
Dazu sollte die Raumordnung eingreifen und nur noch größere Wohn- & Gewerbegebiete an Orten mit Bahnhof zulassen - Was zudem die Zersiedelung in der Breite reduzieren würde.
Reaktivierung von Werntal- & Steigerwaldbahn sollten sofort in Angriff genommen werden. Hier zeigt sich wieder die Kurzsichtigkeit von Politik und vielen Bürgern. Der südliche Landkreis wird sonst abgehängt! Dazu noch das SWer Brückenproblem.
PS: habe nicht ordnungsgemäß gegendert; muss natürlich heißen: ...dass seine*ihre Kinder Busfahrer*innen werden (hoffentlich erscheinen die Sternchen im Text)