Eine Veranstaltung im Dezember des Vorjahres sollte die Gerichte im Jahr 2022 beschäftigen. Hunderte Demonstrierende protestieren damals lautstark, aber friedlich bei einem Umzug durch die Innenstadt. Sie sind gegen Impfpflicht und die geltenden Maßnahmen im Kampf gegen die vierte Welle der Corona-Pandemie. Es ist der zweite als "Spaziergang" getarnte, unangemeldete Aufzug der Corona-Maßnahmen-Gegner in Schweinfurt.
Gegen 19.45 Uhr an jenem 12. Dezember 2021, der Umzug ist schon vorbei, kippt die Stimmung. Einige auf dem Marktplatz verbliebene Demonstrierende wollen andere zu Aktionen gegen die Polizei aufstacheln. Als die Aufwiegler kontrolliert werden sollen, kommt es zu Schlägen und Tritten gegen Polizisten. Später werden acht Personen festgenommen, zwei von ihnen tags darauf im Zuge eines beschleunigten Verfahrens vor dem Amtsgericht Schweinfurt zu Haftstrafen von sechs und acht Monaten auf Bewährung verurteilt.
Am selben Abend versuchen zwei Männer ein Zivilfahrzeug der Polizei, das in der Metzgergasse abgestellt ist, in Brand zu setzen. Dafür hat einer Grillanzünder mitgebracht, die er anzündet und auf dem Hinterreifen des Fahrzeugs ablegt. Doch die Polizei hatte die Männer schon im Visier und greift rasch ein, ein Brandschaden wird verhindert.
Eskalation auf der Demo bringt Schweinfurt bundesweit in die Schlagzeilen
Dieser 12. Dezember ist nur der Anfang einer Reihe von Eskalationen, die Schweinfurt bundesweit in die Schlagzeilen bringt. Als Tiefpunkt dann die Gewalt am zweiten Weihnachtsfeiertag, als mehrere Menschen versuchen, eine Polizeikette zu durchbrechen. Auch ein Elternpaar ist mit seinem vierjährigen Kind im Pulk.
Erst eine Allgemeinverfügung der Stadt, dann mehr und mehr angemeldete Demonstrationen
Die Stadt reagiert mit einer Allgemeinverfügung, Aufzüge sind fortan verboten. Zuerst finden noch immer unangemeldete "Spaziergänge" statt, doch die Lage entspannt sich. Es folgen angemeldete Demonstrationen der Partei "Die Basis", die sich noch weit – immer wieder sonntags – in das Jahr 2022 hineinziehen.
Die Eskalationen der Demonstrierenden um den Jahreswechsel herum beschäftigen fortan die Justiz. Seit 1. Januar 2022 seien beim Amtsgericht Schweinfurt circa 270 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen das bayerische Versammlungsgesetz eingegangen, heißt es aus dem Gericht auf Nachfrage. "Eine solche Anzahl von Verfahren stellt eine nicht unerhebliche Belastung für das Amtsgericht Schweinfurt dar." Die Verfahren werden von den zuständigen Richterinnen und Richtern konsequent bearbeitet, sodass schon in vielen Verfahren verhandelt und entschieden worden sei.
So das Verfahren gegen eine junge Frau etwa, die sich am 12. Dezember 2021 mit ihren Freunden auf dem Marktplatz aufgehalten hatte. Im August 2022 wird ihr Fall am Amtsgericht Schweinfurt verhandelt. Die Anklage: Beleidigung, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, versuchte Körperverletzung. Sie soll sich "äußerst aggressiv" gegenüber Beamten verhalten und versucht haben, eine Polizeikette zu durchbrechen. Zudem soll sie einem Polizisten den Mittelfinger gezeigt haben.
Dieser Fall ist nur beispielhaft und einer von vielen, der die Gewaltbereitschaft der Demonstrierenden zeigt. Im September 2022 steht eine Frau vor Gericht, weil sie an einem unangemeldeten Aufzug teilnahm und dabei ein Messer in der Tasche hatte. Ihre Verteidigung sagt, die Frau habe nicht absichtlich an einer unangemeldeten Demo teilgenommen, und, dass ein Messer in ihrem Rucksack sei, habe sie zu dem Zeitpunkt nicht gewusst.
Und dann sind da noch die zwei Männer, die versucht hatten, das Polizeiauto anzuzünden. Sie mussten sich Ende Oktober wegen "versuchter Brandstiftung" vor dem Schöffengericht verantworten. Das Gericht verurteilte einen 35-Jährigen zu einer Strafe von einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung. Der Mitangeklagte, der bei der Tat "Schmiere" stand, bekam ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung.