Es war ein großer Moment: Fast auf den Tag genau, ein Jahr nachdem am Ellertshäuser See der Stöpsel gezogen worden war und 1,7 Millionen Liter Wasser davongeflossen sind, hat Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) den Schieber wieder dicht gemacht. Seit dem 22. September wird wieder aufgestaut. Die eigentlichen Sanierungsarbeiten, weshalb der See überhaupt abgelassen worden war, sind aber längst noch nicht beendet.
Ein Jahr lang war der Ellertshäuser See eine große Baustelle. Bagger, Raupen und Lastwagen pflügten durchs Becken. Zuerst wurde quer durch die Ökobucht am Südufer ein Absperrdamm zum Hauptsee gebaut und der Bereich dahinter geflutet, damit die aquatischen Wander-Amphibien dort im März ablaichen konnten.
Anfang Juli begannen dann die Bauarbeiten für die Grundsperre. Zweck dieses etwa sieben Meter hohen Bauwerks, das rund 100 Meter vor dem Hauptdamm quer durch das Becken eingezogen wurde, ist es, dass der knapp zwei Kilometer lange Stausee bei künftigen Bauarbeiten im Abflussbereich nicht wieder komplett geleert werden muss. Der Bereich davor, dort wo sich der Abfluss befindet, kann dann separat leer laufen. So bleibt bei künftigen Sanierungsmaßnahmen auf jeden Fall die Hälfte der Seefläche (etwa 15 Hektar) erhalten.
Nicht alles verlief nach Plan. Erstens: das Wetter. Statt Frost gab es nach dem Ablassen des Sees nur Regen. Die Folge: Der Schlamm konnte nicht entwässern. Zweitens: die Entsorgung dieses Schlamms. Der ursprüngliche Plan, ihn in der Landwirtschaft zu verwerten, funktionierte nicht. Es waren zu viele Schwermetalle drin. Er durfte nicht auf Äcker ausgebracht werden. Deshalb blieb der Schlamm erst einmal liegen und wurde später zum Verfüllen der Löcher verwendet, die beim Abbaggern von Sediment für den Bau der Grundsperre entstanden waren. Auf diese Weise entstanden neue Flachwasserzonen am Südufer.
See ohne Wasser war eine Attraktion
Eigentlich hatte die Marktgemeinde Stadtlauringen den Sommer ohne Badesaison mit touristischen Angeboten überbrücken wollen. Das war nicht nötig. Die Besorgnis von Bürgermeister Friedel Heckenlauer, dass der Tourismus am leeren Ellertshäuser See zum Stillstand kommen würde, war unbegründet. Der See ohne Wasser wurde selbst zu einer Attraktion. Vor allem bei schönem Wetter pilgerten viele Menschen dorthin.
Auch viele Sondengänger ließen sich die Chance nicht entgehen, um mit ihren Metalldetektoren auf dem freigelegten Grund des Sees nach verlorenen Schätzen zu suchen. Das war nicht ungefährlich, weil sich dort reichlich Schlamm angesammelt hatte, in den man tief einsinken konnte. Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen als Betreiber des Stausees erließ deshalb ein Betretungsverbot.
Auch wenn Wanderer und Ausflügler kamen, so fehlten doch die Badegäste, was vor allem die Betreiber von Kiosk, Restaurant und Campingplatz zu spüren bekamen. Besonders ärgerlich: In den Pfingstferien war so prima Badewetter wie seit Jahren nicht mehr, und ausgerechnet da gab es kein Wasser im See.
Möglicherweise ist im Sommer 2023 das Baden wieder möglich
Wenn alles gut läuft, ist vielleicht im kommenden Sommer im Bereich hinter der neu gebauten Grundsperre das Baden wieder möglich. Rund 300.000 Kubikmeter Wasser passen da hinein, das ist in etwa ein Sechstel des normalen Inhalts des Ellertshäuser Sees. Zum Schwimmen und Planschen würde das reichen. Ob eine Badesaison möglich ist, hängt aber davon ab, ob bis dahin so viel Niederschläge fallen.
Bis zum Sommer 2023 sollen dann auch die technischen Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein. Aktuell erfolgt der Neubau des Abflussbauwerks, das zwischen Hauptdamm und Grundsperre direkt am Eingang zum Abflussstollen errichtet wird. Das alte ist bereits abgerissen. Parallel dazu wird die 80 Meter lange Abflussleitung erneuert, sie ist von Bakterien zerfressen.
Im dritten und letzten Bauabschnitt steht 2024 dann die Sanierung des Vorsees an. Er muss ebenfalls abgelassen und entschlammt werden.