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Stadtlauringen
Ellertshäuser See: Auch ohne Wasser soll er eine Attraktion sein
Im Herbst soll der Stausee trockengelegt werden. Das Wasserwirtschaftsamt will die technischen Anlagen sanieren. Welche Chancen Stadtlauringen in diesem Projekt sieht.
Noch spiegelt sich die Natur im Ellertshäuser See. Im Herbst soll das Wasser abgelassen werden, dann befindet sich hier ein tiefes, dunkles Loch.
Foto: Anand Anders | Noch spiegelt sich die Natur im Ellertshäuser See. Im Herbst soll das Wasser abgelassen werden, dann befindet sich hier ein tiefes, dunkles Loch.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:54 Uhr

Corona hat es fast aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt, das gigantische Projekt, das in diesem Jahr am Ellertshäuser See geplant ist. Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen will im Herbst den kompletten Stausee trockenlegen, um die technischen Anlagen unter der Seeoberfläche zu sanieren. Ablassschieber und Notverschlüsse sind verrostet. Auch am Stahlbetonbau unter Wasser, über den der See belüftet wird, hat man Korrosion festgestellt. Baden, segeln, angeln geht dann nicht mehr, möglicherweise mehrere Jahre lang nicht. Bedeutet dies das Aus für das Freizeitparadies des Marktes Stadtlauringen?

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"Nein", sagt Bürgermeister Friedel Heckenlauer. Nach dem Motto "In jeder Krise steckt auch eine Chance" schmiedet der umtriebige Rathauschef schon seit geraumer Zeit Pläne, wie der Ellertshäuser See auch ohne Wasser Anziehungspunkt für Urlauber, Touristen und Naturliebhaber bleiben kann. Im Rathaus werden fleißig Ideen für Aktionen rund um die See-Baustelle gesammelt. "Das wird eine Attraktion", ist sich der Rathauschef sicher.

"Der Wert des Sees liegt in seinen Reizen an 365 Tagen im Jahr"
Bürgermeister Friedel Heckenlauer

Dass es eine große Baustelle wird, das steht für Heckenlauer außer Frage. Raupen, Bagger, Lastwagen werden im See herumfahren, um Schlamm und Sedimente abzutransportieren. Wahrscheinlich müsse eine Zufahrt in das bis zu 14 Meter tiefe Becken gebaut werden. Für die Baustelleneinrichtung und die Sanierungsmaßnahmen trägt die Marktgemeinde keine Verantwortung. Dafür ist das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen zuständig. Die Behörde, die dem Bayerischen Umweltministerium untergeordnet und auch für den Landkreis Schweinfurt zuständig ist, betreibt den für den Hochwasserschutz wichtigen Stausee des Freistaats Bayerns.

Bürgermeister Friedel Heckenlauer schmiedet schon Pläne, wie der Ellertshäuser See ohne Wasser als Freizeitparadies genutzt werden kann.
Foto: Gerd Landgraf | Bürgermeister Friedel Heckenlauer schmiedet schon Pläne, wie der Ellertshäuser See ohne Wasser als Freizeitparadies genutzt werden kann.

"Ich fühle mich aber mitverantwortlich", sagt Heckenlauer. Denn der Markt Stadtlauringen hat mit der Übernahme der Aufgaben rund um die Erholungsnutzung 1997 den See erst einmal aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und ihn gemeinsam mit Fachbehörden zu einem touristischen Magnet im Schweinfurter Oberland entwickelt. Entstanden ist am Nordufer ein Freizeitbereich mit Sanitäranlagen, Umkleidemöglichkeiten, Tretbootverleih, Beachvolleyball, Aussichtsdeck, Spielplatz, Wasserspielbereich, Liegewiese, Sonnendeck und Seebühne, mit Badesteg, Info-Punkten (zu den Themen Fische, Amphibien, Wasserlandschaft, Wald, Vögel und dem Lebensraum Röhricht), mit Schilfgürtel sowie dem Gelände für Segelclub, Segelschule, Tauchschule und Surfen.

Das Landschaftsschutzgebiet am Ellertshäuser See bietet Erholung und Naturerlebnis mit seinen Wäldern, Wiesen und Feldern.
Foto: Anand Anders | Das Landschaftsschutzgebiet am Ellertshäuser See bietet Erholung und Naturerlebnis mit seinen Wäldern, Wiesen und Feldern.

Vieles davon wird nach dem Ablassen des Wassers nicht mehr genutzt werden können. "Für die Angler wird es eine schwierige Zeit", erkennt der Bürgermeister. Ebenso für Segel- und Tauchschule und natürlich für alle, die im Sommer gerne baden gehen. Für Heckenlauer hat das Badevergnügen am Ellertshäuser See allerdings eine untergeordnete Bedeutung. Er schätzt das Landschaftsschutzgebiet samt seiner Umgebung mit Wäldern, Wiesen und Feldern auf den Gemarkungen Altenmünster, Markt Stadtlauringen, Ebertshausen und der Gemeinde Üchtelhausen als Ganzes. Auf dem 5,5 Kilometer langen Ellertshäuser Seeweg entlang des Ufers könne der Wanderer reizvolle Plätze im Wald entdecken und schöne Ausblicke genießen. Drei Nordic-Walking-Touren beginnen am See und bieten Vergnügen sowohl für Einsteiger als auch für ambitionierte Sportler.

"Es werden ebenso viele Besucher kommen, vielleicht sogar noch mehr."
Bürgermeister Friedel Heckenlauer

"Der Wert des Sees liegt in seinen Reizen an 365 Tagen im Jahr", weiß Heckenlauer. Tages- und jahreszeitlich ändere die Natur rings herum ihr Aussehen. Im Frühjahr blüht und grünt es, im Herbst dominieren rot-braune Farben, und auch im Winter zeigt die Natur am Ellertshäuser See ihre schönen Seiten. Ob der Wind bläst oder ob es regnet, ob die Sonne scheint oder ob es schneit, Heckenlauer schätzt zu jeder Jahreszeit den Spaziergang in diesem Naherholungsgebiet. Früher sei er  hier oft gejoggt. Und vor 20 Jahren habe er bei einer Runde um den See mit einem Freund auch seine Bürgermeister-Kandidatur besprochen.

Rund um den Ellertshäuser See gibt es schöne Wanderwege.
Foto: Anand Anders | Rund um den Ellertshäuser See gibt es schöne Wanderwege.

Heckenlauer kann sich das Freizeitparadies deshalb vorübergehend auch ohne Wasser attraktiv vorstellen. Man könnte Kinder nach "Schätzen" auf dem Seegrund suchen lassen – nach Blechdosen zum Beispiel oder Blinker von Anglern. "Vielleicht werden wir dafür sogar Metalldetektoren anschaffen." Wer war überhaupt schon mal 14 Meter unter der Wasseroberfläche? Wenn der See abgepumpt ist, könne man ihn "spiegelbildlich" erleben. "Das wird spannend sein", glaubt Heckenlauer. Für technisch Interessierte könnte man Führungen durch die Anlagen und Bauwerke des Stausees organisieren. Wer kennt schon den Tunnel unter dem See?

Auf dem 5,5 Kilometer langen Ellertshäuser Seeweg entlang des Ufers können Wanderer reizvolle Plätze entdecken und schöne Ausblicke genießen.
Foto: Anand Anders | Auf dem 5,5 Kilometer langen Ellertshäuser Seeweg entlang des Ufers können Wanderer reizvolle Plätze entdecken und schöne Ausblicke genießen.

Konkrete Pläne für touristische Angebote gibt es noch nicht. Alle Vorhaben und Aktionen müssen ja auch mit dem Wasserwirtschaftsamt als Bauherrn abgesprochen werden. Denn grundsätzlich gilt erst einmal ein Betretungsverbot, der See ist dann ja eine Baustelle. Doch auch ohne Alternativprogramm, da ist sich Heckenlauer sicher, wird der abgelassene See eine Attraktion sein. Einen touristischen Einbruch für die Region befürchtet er daher nicht. "Es werden ebenso viele Besucher kommen, vielleicht sogar noch mehr." 

Malerisch – die Blütenpracht am Ellertshäuser See.
Foto: Anand Anders | Malerisch – die Blütenpracht am Ellertshäuser See.

Noch wartet das Wasserwirtschaftsamt allerdings auf grünes Licht aus München, dass die Gelder für die Sanierungsmaßnahme im Haushalt 2021 bereitgestellt werden. Einige Millionen Euro müssen dafür locker gemacht werden. Hinter den Kulissen laufen jedoch die Planungen, denn ein solches Großprojekt braucht lange Vorlaufzeit. Der Ellertshäuser See ist mit 2,3 Millionen Kubikmeter Fassungsvermögen immerhin der größte See Unterfrankens, bei dem man nicht einfach den Stöpsel ziehen kann. Das Wasser, in dem viele Fische leben, muss Stück für Stück abgelassen werden. Das Wasserwirtschaftsamt erarbeitet bereits ein Konzept, wie der See fischverträglich trockengelegt werden kann.

Idyllisch – Wald und Natur rund um den Ellertshäuser See.
Foto: Anand Anders | Idyllisch – Wald und Natur rund um den Ellertshäuser See.

Ellertshäuser See

Der mit 33 Hektar größte Stausee Unterfrankens misst an seiner breitesten Stelle 370 Meter, an seiner längsten 1200 Meter, und ist bis zu 14 Meter tief. Die Uferlänge beträgt etwa sechs Kilometer, und im Sommer erwärmt sich das Wasser auf bis zu 22° Celsius.
Entstehungsgeschichte: Ursprünglich wurde der Ellertshäuser See als Wasserspeicher angelegt, um die Bewässerung der Felder der umliegenden Gemeinden zu ermöglichen, die zum großen Gebiet der fränkischen Trockenplatte gehören. Im Rahmen der Flurbereinigung in den 1950er Jahren wurde dazu der Wasser- und Bodenverband als Betreiber- und Nutzergemeinschaft ins Leben gerufen. Baubeginn war 1955. Geflutet wurde der See vom Jahr 1957 an bis zum Frühjahr 1958. Zur Nutzung für die Bewässerung kam es jedoch nie, da die Kosten für den Aufbau und die Unterhaltung der Beregnungsanlagen zu hoch waren.
1970 wurde der See vom Wasser- und Bodenverband an den Freistaat Bayern veräußert. Heute dient er hauptsächlich dem Hochwasserschutz sowie der Freizeit und Erholung.
Quelle: Markt Stadtlauringen
 
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  • awo
    Bleibt zu hoffen, dass die rechte Hand weiß was die Linke tut. Auf der einen Seite wird mit Steuergelder eine Rettungsstation aufgebaut, auf der anderen mit Steuergelder der See abgelassen. Aber keine Bange es zählt am Ende ja der Steuerzahler, also wir alle!
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  • wwietschorke@freenet.de
    Hoffentlich wird es nicht so wie 1983, alle mussten dran glauben, die Angler, die Segler, der Bootsverleih. Pause! Viel Arbeit, das Abfischen der Fische, die Angler standen am Ende bis zur Brust im Schlamm und retteten was noch zu retten möglich war. Der Bootsverleih und der Segelclub mussten ihre Stege total abbauen. Dann das Resultat am großen See, alte Blechtonnen und Boote, ein paar Zigarettenautomaten wurden gefunden. Von großer Entschlammung keine Spur, man traute sich nicht mit schwerem Gerät auf den Seegrund, man könnte ja nicht mehr herauskommen und viel Schlamm war es nicht. Deshalb wurde zur Rechtfertigung noch ein Schotterweg vom großen Damm zur Ablassstelle gebaut. Außer im Schlick steckende Gummistiefel und Massenbesuche am Ablass, gab es nichts zu bewundern. So staute man den See fix wieder an, zum Glück war es ein schneereicher und nasser Winter, wenn die Witterung so bleibt wie in den letzten Jahren dann könnte der See nach 2 bis 3 Jahren wieder geflutet sein.
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  • IreneSpiegel
    Ihrer Schilderung nach waren Sie damals beim Ablassen des Sees dabei. Wir suchen Zeitzeugen für einen historischen Rückblick. Bitte setzen Sie sich mit mir in Verbindung unter irene.spiegel@mainpost.de
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