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Bad Neustadt
Voraussichtliches Aus für 25 Prozent der Preh-Belegschaft in Bad Neustadt: Was über die Pläne bekannt ist
Die Nachricht des Automobilzulieferers war ein Schock für die Region.  Was ist der Grund für den Abbau und welche Rolle spielen Zeitverträge und Leiharbeit?
Preh-CEO Charlie Cai verließ am Dienstag als einer der letzten die Stadthalle in Bad Neustadt. Kurz zuvor wurde seiner Belegschaft eröffnet, dass 420 Stellen wegfallen sollen.
Foto: Michael Endres | Preh-CEO Charlie Cai verließ am Dienstag als einer der letzten die Stadthalle in Bad Neustadt. Kurz zuvor wurde seiner Belegschaft eröffnet, dass 420 Stellen wegfallen sollen.
Michael Endres
 |  aktualisiert: 17.06.2024 02:38 Uhr

Sichtlich aufgewühlt verließ die Belegschaft von Automobilzulieferer Preh am Dienstagmittag die Stadthalle Bad Neustadt. Als einer der letzten verließ Preh-CEO Charlie Cai die Stadthalle, stieg in einen schwarzen Wagen und wurde davon chauffiert. Seine Angestellten hatten kurz zuvor erfahren, dass Preh, eine Tochter der chinesischen Joyson-Group, am Standort rund 420 Arbeitsplätze abbauen möchte.

Was ist über den geplanten Stellenabbau bisher bekannt?

Nicht viel! Betroffen sein sollen 420 Stellen über alle Bereiche und Funktionen des Unternehmens hinweg. Die Maßnahme soll bis Ende 2024 angegangen werden. Der Abbau, heißt es in einer Pressemitteilung des Konzerns, werde "so sozialverträglich wie möglich in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat" umgesetzt.

An der Tür der Stadthalle hing der Hinweis, dass die Rede von Preh-CEO Charlie Cai im firmeneigenen Intranet angeschaut werden könne. 
Foto: Michael Endres | An der Tür der Stadthalle hing der Hinweis, dass die Rede von Preh-CEO Charlie Cai im firmeneigenen Intranet angeschaut werden könne. 

Die Verhandlungen sollen nach derzeitigem Stand Anfang Juli beginnen, berichtet Betriebsratsvorsitzender Daniel Rossmann. Laut Rossmann handelt es sich um Stellen, die mit der Fertigung und Produktion sehr wenig zu tun hätten. Betroffen seien Stellen, die nicht zwangsläufig in Bad Neustadt angesiedelt sein müssten. Er nennt als Beispiele Einkauf, Lohnbuchhaltung und Sachbearbeitung.

Warum sollen Stellen bei Preh abgebaut werden?

Preh begründet in einer Pressemitteilung den Schritt damit, dass sich die Automobilindustrie und ihre Zulieferer "derzeit mit schwierigen Marktbedingungen konfrontiert" sehen. "Dem kann sich auch die Preh-Gruppe nicht entziehen und wird deshalb proaktiv Gegenmaßnahmen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit treffen." Die Rolle als Hauptsitzes der Preh-Gruppe werde Bad Neustadt trotz des angekündigten Stellenabbaus beibehalten.

Bereits 2023 habe es erste Anzeichen für einen Umsatzrückgang gegeben. "Leider hat sich der Abwärtstrend auch im ersten Quartal 2024 deutlich beschleunigt, insbesondere bei Komponenten für Elektrofahrzeuge", wird CEO Cai zitiert. Zugleich leide Prehs Wettbewerbsfähigkeit unter den "im internationalen Vergleich hohen Kosten für Energie und Arbeit in Deutschland". "Nach der Kurzarbeit in einigen Bereichen zu Beginn des Jahres müssen wir jetzt entschlossen handeln", so Cai.

Der Standort in Bad Neustadt erwirtschafte nach Unternehmensangaben seit fünf Jahren Verluste, weshalb der Abbau von rund 420 Mitarbeitern notwendig sei, "um diesen Standort wieder in eine finanziell gesunde Situation zu bringen".

Daniel Rossmann, Betriebsratsvorsitzender bei Preh, kritisiert Leiharbeit scharf.
Foto: Michael Endres | Daniel Rossmann, Betriebsratsvorsitzender bei Preh, kritisiert Leiharbeit scharf.

Sind bereits Zeitverträge nicht verlängert worden?

Preh selbst möchte sich dazu nicht äußern. Betriebsratsvorsitzender Rossmann erklärt: "Korrekt." Den Sachverhalt schildert er folgendermaßen: Es habe in der Vergangenheit einen Ergänzungstarifvertrag gegeben, der es ermöglichte, 65 Beschäftigte fünf statt der üblichen zwei Jahre befristet anzustellen. Dieser laufe Ende Juni aus. Preh solle sich in diesem verpflichtet haben, mindestens 20 dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu übernehmen. Laut Rossmann würden diese 20 übernommen. "45 Personen werden zum 30. Juni das Werk verlassen." Laut Rossmanns ersten Informationen könnten diese 45 Stellen unter die angekündigten 420 fallen.

Der Betriebsratsvorsitzende kritisiert außerdem, dass das Unternehmen momentan an die 90 Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer beschäftige und dass seinen Informationen zufolge noch aufgestockt werden solle. Er bezeichnet das momentane Verhältnis zwischen Leiharbeit und Festangestellten als "komplett schräg". 

Sind auch weitere Preh-Standorte von den Abbau-Plänen betroffen?

"Jeder Standort muss für sich profitabel arbeiten", erklärt ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage. Die Ertragslage stelle sich derzeit an den Preh-Standorten unterschiedlich dar. Beispielsweise müsse auch Rumänien seine Wirtschaftlichkeit verbessern. "Wir diskutieren auch dort Maßnahmen, aber es ist zu früh, um konkrete Aussagen dazu öffentlich zu treffen. Wir konzentrieren uns aktuell auf unseren Hauptsitz in Bad Neustadt." Laut IG Metall-Gewerkschaftssekretär Jens Knüttel seien um die 1000 Stellen an allen Preh-Standorten betroffen. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigt das nicht: "Es ist zu früh, um dazu konkrete Aussagen öffentlich zu treffen."

 
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