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Bad Neustadt
Rhöner Weidetierhalter fordern von Ampel, Wolfsabschüsse zu vereinfachen: "Sonst fahren wir nach Berlin"
Protestkundgebung des Bauernverbandes auf dem Marktplatz von Bad Neustadt mit etwa 150 Teilnehmern und einer klaren Forderung. Mit vielen Bilder von der Demonstration.
Rund 150 Demonstranten versammelten sich am Montag auf dem Bad Neustädter Marktplatz und forderten mehr Schutz für Weidetiere und die Reduzierung der Wölfe.
Foto: René Ruprecht | Rund 150 Demonstranten versammelten sich am Montag auf dem Bad Neustädter Marktplatz und forderten mehr Schutz für Weidetiere und die Reduzierung der Wölfe.
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 21.07.2024 02:34 Uhr

Den Rhöner Weidetierhaltern reicht es ganz offensichtlich. Fast jede Woche werden Wolfsangriffe auf Schafe und Ziegen registriert. Wut und Verzweiflung sind vor allem deshalb groß, da keine Änderung der Situation ist Sicht ist und die Tierhalter sich alleine gelassen fühlen. Der Wolf ist streng geschützt und Abschüsse sind deshalb kaum möglich.

Das muss sich ändern, war die klare Forderung einer Demonstration am Montagnachmittag unter dem Motto "Wahnsinn Wolf", zu der der Bauernverband auf den Marktplatz von Bad Neustadt eingeladen hatte. Man wollte den Bauern eine Stimme geben. Und diese nutzten das Angebot reichlich, um gesehen zu werden und ihren Protest zum Ausdruck zu bringen.

In emotionalen Statements berichteten Tierhalter in Interviews mit Michael Diestel (rechts) von Wolfsangriffen auf ihre Tiere.
Foto: René Ruprecht | In emotionalen Statements berichteten Tierhalter in Interviews mit Michael Diestel (rechts) von Wolfsangriffen auf ihre Tiere.

Trotz besten Erntewetters versammelten sich etwa 150 Weidetierhalter und Sympathisanten aus den beiden Rhöner Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen und brachten auf Plakaten, Transparenten oder auch mit Glocken ihren Ärger zum Ausdruck und forderten in privaten Diskussionen oder vom Rednerpult herab vehement eine Änderung der Wolfspolitik in Richtung Reduzierung des Wolfsbestandes. 

Unproblematisches Nebeneinander von Wolf und Weidetieren ist nicht möglich

Verschiedene Redner wie der Rhön-Grabfelder Kreisvorsitzende der CSU, Christof Herbert, der Kreisobmann des Bauernverbandes Rhön-Grabfeld, Mathias Klöffel, sein Kollege aus dem Landkreis Bad Kissingen, Edgar Thomas, oder der dortige Geschäftsführer des Bauernverbandes, Georg Scheuring, waren sich einig in der Forderung, dass Wölfe leichter abgeschossen können werden müssten. Sie würdigten die Rolle der Weidetierhalter als entscheidenden Faktor der Landschaftspflege und unverzichtbaren Garanten des Erhalts des Landes der offenen Fernen. Das alles sei durch den Wolf in Gefahr. Ein unproblematisches Nebeneinander von Wolf und Weidetierhaltung sei einfach nicht möglich, wurde betont.

Die Wölfe sollten nicht ausgerottet werden, aber "der Wolfsbestand muss anlasslos reduziert werden", brachte Landrat Thomas Habermann die allgemeine Forderung nach dem erleichterten Abschuss von Wölfen auf den Punkt. Habermann erläuterte auch den juristischen Weg, der gegangen werden müsste, um das zu erreichen: Entscheidend dafür, dass der hohe Schutzstandard des Wolfes gesenkt würde, seien entsprechende Initiativen der Europäischen Union. Die Kommission habe diesbezüglich schon ihre Bereitschaft erklärt.

Was fehlt, ist die Bereitschaft der Bundespolitik

Als Voraussetzung, damit sie aktiv wird, müsse die Bundesregierung gegenüber der EU, den "günstigen Erhaltungszustand des Wolfes" erklären. Dies geschehe aber nicht, kritisierte Habermann heftig. Die Bundesrepublik sei das "Nadelöhr" und blockiere hier eine Lösung. 

Rhöner Schäfer sind mit ihrer Geduld am Ende. Das machten sie bei der Demonstration auf dem Bad Neustädter Marktplatz deutlich.
Foto: René Ruprecht | Rhöner Schäfer sind mit ihrer Geduld am Ende. Das machten sie bei der Demonstration auf dem Bad Neustädter Marktplatz deutlich.

Es sei notwendig, hier Ross und Reiter zu nennen, betonte der Landrat. Als verantwortlich für die missliche Situation der Tierhalte bezeichnete er Umweltministerin Steffi Lembke, der er grüne Ideologie vorwarf, und ihren Regierungschef, Bundeskanzler Olaf Scholz. Scharf kritisierte Habermann in diesem Zusammenhang auch den Bund Naturschutz, der einfach nicht von seiner Verweigerungshaltung in dieser Frage abgehe und an seinem Nein zur Bestandsregulierung festhalte.

Fotoserie

Damit sich etwas ändere, lud Habermann die Vertreter der Weidetierhalter ein, gemeinsam mit ihm den Protest dagegen schriftlich zu formulieren. Er werde versuchen, einen Termin bei der Umweltministerin zu bekommen, um sie mit den Forderungen zu konfrontieren. Falls alle Bemühungen vergeblich seien, "fahren wir im August eben nach Berlin", erklärte Habermann unter großem Beifall und erhielt für diese Idee auch die Zustimmung weiterer Redner. 

Emotionale Berichte von den Tierhaltern

Aber nicht nur Politiker und Funktionäre kamen zu Wort. Sehr eindringlich und emotional schilderten Tierhalter, die schon von Wolfsrissen betroffen waren, wie es ihnen ergangen ist. So berichtete Frank Scharbert aus Sondheim/Rhön, wie er "hilflos, verlassen und alleine" vor dem "Schachtfeld" stand, nachdem vor wenigen Tagen ein Wolf seine Herde angegriffen hatte. Aber noch schlimmer seien für ihn die Tränen seiner Kinder gewesen, als diese vom Tod der Schafe erfahren hätten. 

Eindringlich auch die Schilderung von Elisabeth Sandach, die beschrieb, wie nervenaufreibend es für sie ist, seit Monaten jede Nacht bei ihrer Ziegenherde zu verbringen und wie es ihr emotional erging, als es dem Wolf kürzlich bei einem heftigen Gewitter dennoch gelang, zwei Tiere zu töten. Eine Hirtin müsse ihre Tiere schützen können. Das sei ihr Recht und dieses Recht fordere sie ein, so Sandach.     

Wolf-Demo: Weidetierhalter haben die Nase voll und demonstrieren.
Foto: René Ruprecht | Wolf-Demo: Weidetierhalter haben die Nase voll und demonstrieren.

Er wisse nicht mehr, wie es weitergehen soll. Julian Schulz aus Ginolfs hat bereits mehrere von seinen 1.100 Schafen bei Wolfsattacken verloren. Es gehe ihm nicht um das Geld, berichtete er unter dem Applaus seiner Kollegen, der Mehraufwand und damit auch die Belastung für die Familie seien irgendwann untragbar.

Zum Schaden nach Wolfsangriffen kommen noch beleidigende Kommentare

Verena Heidenreich aus Mellrichstadt zitierte besonders beleidigende Kommentare, die sich Schäfer nach eh schon belastenden Wolfangriffen anhören müssen, Jenny Söder berichtete vom dramatischen Verlust ihres Pferdes, das in Kilianshof vom Wolf getötet wurde, und Helga Simon aus Schönau, Mitglied im Vorstand des unterfränkischen Schäfervereins, von ihren Überlegungen, schwierige Flächen nicht mehr zu beweiden, da sie hier eine höhere Gefahr von Wolfsattacken sieht.

Einer der Hauptredner war Landrat Thomas Habermann.
Foto: Thomas Pfeuffer | Einer der Hauptredner war Landrat Thomas Habermann.

Letztlich waren sich alle einig, dass es hier nicht um Großbetriebe gehe, deren Gewinne durch den Wolf etwas sinken würden, sondern um kleine Familienbetriebe, in denen das ganze Jahr über an sieben Tagen in der Woche hart gearbeitet werde. Diese gelte es zu schützen, wie Christof Herbert feststellte. Das sei letztlich nur möglich, wenn in der Bundespolitik endlich gehandelt werde: "Melden Sie endlich den günstigen Erhaltungszustand des Wolfes an die EU", forderte zum Beispiel Georg Scheuring, und Edgar Thomas ergänzte "sonst fahren wir nauf nach Berlin!"   

 
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  • Gerhard Zwierlein
    vor dem Abschuß: Bayerische Wolfsverordnung !
    nicht der Wolf steht vor dem Abschuss, sondern während auf dem Neustädter Marktplatz demonstriert wird, steht die "überflüssige" bayerische Wolfsverordnung selbst vor dem Abschuss...überflüssig nennt sie der Naturschutz, weil sie nun seit einem Jahr in Kraft ist und noch kein einziger Wolf abgeschossen wurde. Dass die Verordnung auch noch rechtswidrig ist, ist dabei nur Nebensache. Also alles nur heiße Luft- jedenfalls auf Seiten der Politik!
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  • Andreas Gerner
    Nicht übertrieben viel hinein interpretieren!

    Die Verordnung greift unter gewissen Voraussetzungen.

    Nun gab es zufällig ein Jahr lang keinen Fall, bei dem die erfüllt gewesen wären.

    Bzw hatten betroffenerTierhalter dermaßen Angst vor Anfeindungen, dass sie Wolfsrisse nicht gemeldet haben.

    Wenn morgen aber so ein Riss geschieht und gemeldet wird, würde der betreffende Wolf zügig entnommen werden können.

    Ohne die Verordnung muss erst quälend lange die ganze Gegend terrorisiert werden, bis der Wolf wiederholt zugeschlagen hat und die DNA Nachweise zurückgemeldet wurden.

    Die Verordnung hat ihren Sinn und hat ein Stück weit zum Weg der Aussöhnung zwischen den Protagonisten beigetragen.

    Dass Spendensammelverbände (werden offiziell anders genannt) das nun wieder aufbrechen wollen, obwohl die Verordnung bislang zu keinen Abschlüssen geführt hat, spricht Bände.
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  • Hans Schlunk
    Ich habe das aber so verstanden das nur die Verordnung von 1 Mai 2023 hin fällig ist das weiter der wolfgeschützt bleibt.
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  • Gerhard Zwierlein
    "Wenn morgen aber so ein Riss geschieht und gemeldet wird, würde der betreffende Wolf zügig entnommen werden können." - Also seit einem Jahr kein Wolfsriss. Da frag ich mich, was da jedesmal in der Zeitung steht. Eines ist klar. Würde auch nur ein Genehmigungsbescheid bekannt, wäre am nächsten Tag ne Klage dagegen da und nicht zu Unrecht von irgendwelchen Wolfsfreunden, sondern zu Recht, weil diese Genehmigung gegen geltendes Recht verstößt. EU-Recht. Das fragen Sie doch mal dem Landrat: ob er der Meinung ist, dass eine Genehmigung nach der bayerischen Wolfsverordnung gegen EU-Recht verstößt. Er muß es ja wissen - ist ja Richter gewesen. Sogar beim Oberlandesgericht.
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  • Andreas Gerner
    Das Urteil dazu ist noch nicht gesprochen.

    So lange ist die Wolfsverordnung gültig.

    Sie sollten sich mal damit befassen, was drin steht. Da geht es um ganz bestimmte Risse. Also es müssen Bedingungen erfüllt sein, dass das beschleunigte Verfahren angewendet werden kann.

    Ist bei einem Riss zuerst mal völlig unklar, welcher Beutegreifer der Täter war usw, wird die Verordnung natürlich nicht angewendet.

    Wenn morgen zum Beispiel ein Wolf auf einer Alm im Blutrausch reihenweise Schafe und Ziegen reißt, übermorgen wieder, usw., würde derzeit nicht erst wochenlang gewartet werden müssen, bis DNA-Nachweise erbracht und zurückgemeldet sind. Ein sehr sinnvolles Gesetz, welches es gebraucht hat, dass nicht hunderte Weidetierhalter über Nacht das Handtuch werfen.

    Und dass diese Verordnung keineswegs dazu gedacht und geeignet ist, den Wolf auszurotten, beweist die Tatsache, dass kein einziger Wolf bislang auf deren Grundlage erlegt wurde.
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  • Gerhard Zwierlein
    Da muss sich die Genehmigungsbehörde, die nach derBayerischen Wolfsverordnung eine Abschussgenehmigung erteilen will aber beeilen, denn diese Verordnung steht bereits aus formalen Gründen vor dem rechtlichen AUS. Dass sie gegen EU-Recht verstößt ist ja allgemein bekannt. Man muss den Gesetzestext nur lesen. Deswegen soll man den Wolfsriss nach Meinung unseres Landrats ja verheimlichen und ebenso die dazu gehörige Genehmigung. Denn gerichtsfest wäre eine solche Genehmigung, die sich auf diese Verordnung stützt nicht. Aber wen juckt das schon . . . . . Rechtsaufsicht, Recht, Richter? Aber doch net in Bayern - in der Rhön?
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  • Andreas Gerner
    Nach Rissereignissen machen die Betroffenen bisher immer den gleichen Fehler. Sie stellen Antrag auf Abschuss des Tieres bzw Problemtieres.

    Klar führt das zu nix.

    Es gehört mal beantragt, den betreffenden Wolf oder gleich das gesamte Rudel einfangen und in Berlin Mitte (dort sind keine Konflikte mit der Weidetierhaltung zu erwarten) wieder auswildern zu dürfen.

    Erst dann besteht die Chance, dass die Entscheidenden, aber selbst bislang überhaupt nicht Betroffenen in der urbanen Komfortzone einmal zu denken anfangen...
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  • Hans-Karl Heil
    Der beste Kommentar, den ich seit langem gelesen habe. Sehr Gut!
    Keiner tut den armen Tieren etwas...Hans Schlunk ist auch zufrieden....un der Wolf ist da wo er von den VIELEN gewünscht wird.
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  • Hans Schlunk
    Ich Hofe nur das der Staat sturbleiben und den wolf trotzdem nicht abschießen auch wenn die nach berlin fahren ich Hofe das die wolfsfreunde ordentlich druck machen ich weiß es sind harte Worte ich Hofe das die Politik hart bleiben die Bauern haben genug gewonnen mit glüsofat und soweiter wo bienen schädigend ist
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