Die Theke von "Peggys Wohnzimmer " in Bad Neustadt ist verwaist, der Ofen ist aus und auf den Stühlen sitzen, anders als noch vor einigen Wochen, keine plaudernden Menschen mehr. Auch die Stammtischtreffen des Vereins PrideNES gehen nicht mehr in der Musikbar am Rand der Bad Neustädter Innenstadt über die Bühne.
Denn statt wie geplant nach dreimonatiger Sommerpause Ende August 2023 wieder zu öffnen, gab Inhaberin Peggy Pusch vor kurzem auf Facebook die dauerhafte Schließung ihres Lokals bekannt.
"Mein Plan war, nach der Pause wieder aufzumachen. Ich hatte den Sommer über nur geschlossen, weil in diesem Zeitraum sowieso immer wenig los war", erzählt Peggy Pusch auf Nachfrage dieser Redaktion. Sie ist Mitgründerin und Vorsitzende des Vereins PrideNES, der nicht-queere mit schwulen, lesbischen, bi-, trans-, und intersexuellen Personen zusammenbringt und sich gegen deren Diskriminierung einsetzt.
Doch wie das manchmal so ist im Leben: Der Mensch – in diesem Fall Peggy Pusch – plant. Und dann kommt es doch anders. Sommer 2023: Pusch hat in ihrem 30-Stunden-Job am Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt viel zu tun. Dazu die Arbeit in ihrer Bar. Und außerdem ist da ja noch ihr Cocktailwagen, mit dem sie regelmäßig auf Festen in der Region unterwegs ist, unter anderem beim Marktplatzsommer in Bad Neustadt.
Mit dem Cocktailwagen ist Peggy Pusch in Bad Neustadt und Umgebung unterwegs
Für Pusch bedeutet all das: Viel Arbeit, kaum Freizeit, noch weniger Erholung. Selbst wenn ihr Lokal zu ist, sitzt sie an Telefon und Laptop, um alles drumherum zu regeln. Schon im letzten Jahr hatte Peggy Pusch körperliche Anzeichen von Überlastung gespürt.
Nun muss sie wieder erleben, wie ihr Körper sie in die Knie zwingt – dieses Mal noch heftiger. "Erst bin ich zum Arzt, dann direkt ins Krankenhaus. Zwei Wochen lag ich in der Klinik", erinnert sie sich. "'Peggy, du musst kürzertreten', hat der Arzt mir gesagt. Ich bin ehrlich, ich habe mich übernommen. Der Vorfall war der Knall", sagt sie.
Viele wollen noch immer in Peggys Wohnzimmer reservieren
Hinzu kommt Personalmangel in ihrem Lokal. "Ich hatte viele Aufträge mit dem Cocktailwagen. Und weil der Pachtvertrag für Peggys Wohnzimmer ohnehin Ende des Jahres ausläuft, entschied ich mich, den Wagen zu behalten und die Bar zu schließen", sagt Peggy Pusch. "Auch, weil Freunde mir gesagt haben: 'Peggy, pass auf'". Ihnen, die sie in den letzten Jahren täglich unterstützt hätten, sei sie sehr dankbar, so Pusch.
Ihr Lokal nach etwas mehr als zwei Jahren zu schließen, sei ihr schwer gefallen. "Erst einmal habe ich nur geheult. Es hat lange gedauert, bis ich es akzeptieren konnte. Ich hatte viel Geld und Arbeit in die Bar investiert und viele tolle Leute kennengelernt", sagt Peggy Pusch. Die Schließung tue ihr weh und sei schade. Nach wie vor würden wieder Kunden anrufen, um zu reservieren. Aber die Gesundheit gehe nun einmal vor.
Warum Peggy Pusch trotz Schließung zuversichtlich ist
Inzwischen arbeitet Peggy Pusch Vollzeit in ihrem Job am Campus und ist von Bad Neustadt nach Hollstadt gezogen. Und kann mittlerweile auch einen positiven Aspekt in der Schließung sehen. "Sollte zum 1. Januar 2024 tatsächlich die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent erhöht werden, wäre es sicher schwierig für mich geworden", glaubt Pusch.
Trotz Wehmut blickt sie auch mit Zuversicht in die Zukunft. "Dadurch, dass ich Montag bis Freitag am Campus arbeite und die Wochenenden für den Cocktailwagen frei habe, kann ich mir meine Zeit freier einteilen. Die Anfragen sind da: Aus Saal, Bischofsheim, Ostheim oder auch von der Stadt Bad Neustadt", sagt sie, die im Winter auch wieder auf Weihnachtsmärkten Cocktails servieren möchte.
Peggy Pusch will als Mitglied der queeren Community in der Rhön dem Verein PrideNES trotz Umzug und Schließung ihres Lokales treu bleiben. Sie ist froh, dass mit dem JUZE inzwischen ein neuer Treffpunkt für die die Donnerstags-Stammtische gefunden wurde. "Ich finde es absolut klasse, dass es so etwas in Bad Neustadt gibt und habe so dafür gekämpft, dass wir den Verein gründen können. Ich lasse mein Baby nicht fallen", sagt Peggy Pusch.