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Bad Neustadt
"Merry Christmas" unter Palmen: Wie 4 Rhön-Grabfelder Weihnachten fern der Heimat verbringen
Vier Rhöner leben heute weit weg von zu Hause. Sie feiern in Chicago bei Schnee oder in Australien am Strand. So manches aus ihrer Heimat vermissen sie.
Weihnachten in Chicago. Dort lebt seit 2012 der in Salz aufgewachsene Markus Wirsing. Alljährlich darf das in den USA obligatorische Foto mit Santa Claus und seinem Gehilfen nicht fehlen. Von links: Tochter Eliana, Sohn Hugo sowie Markus und seine Ehefrau Ivy Wirsing.
Foto: Jason Patrick | Weihnachten in Chicago. Dort lebt seit 2012 der in Salz aufgewachsene Markus Wirsing. Alljährlich darf das in den USA obligatorische Foto mit Santa Claus und seinem Gehilfen nicht fehlen.
Gerhard Fischer
 und  Sigrid Brunner
 |  aktualisiert: 30.12.2024 02:31 Uhr

40 Grad im Schatten in Australien, statt Schnee und Kälte in Deutschland. Truthahn in den USA oder Tamales in Mexiko anstatt Ente oder Vanillekipferl. Viele Deutsche feiern Weihnachten in der Ferne, darunter auch einige Rhön-Grabfelder. Vier von ihnen erzählen, welche Bräuche aus der alten Heimat sie weiterführen und welche sie aus ihrer neuen Heimat übernehmen. Vor allem aber schildern sie, was sie an Weihnachten besonders vermissen werden.

1. Markus Wirsing (46 Jahre), aufgewachsen in Salz, lebt in Chicago (USA): Christkindlmarkt und Ugly-Sweater-Partys

Ivy, Eliana, Markus und Hugo Wirsing (von links) beim Schlittschuhlaufen auf der Eis-Schleife im 'Maggie Daley Park' in Chicago.
Foto: Victoria Zeiss | Ivy, Eliana, Markus und Hugo Wirsing (von links) beim Schlittschuhlaufen auf der Eis-Schleife im "Maggie Daley Park" in Chicago.

"Ich lebe seit 2012 in Chicago in den USA, bin verheiratet, habe zwei Kinder und arbeite als Elektroingenieur. Wir verbringen die Weihnachtstage zu Hause in Chicago. Meine Ehefrau stammt von den Philippinen. Am Vormittag des Heiligen Abends führen wir quer über den Ozean eine Videokonferenz mit ihrer Familie. Pünktlich zur dortigen Bescherung um Mitternacht. Um die Mittagszeit folgt dann eine Videokonferenz mit der Familie in Salz, ebenfalls während der Bescherung. Abends besuchen wir ein Weihnachtskonzert in der Kirche.

Zum Abendessen gibt es bei uns eine Mischung aus deutschen und amerikanischen Gerichten, meistens Truthahn, Ente oder Weihnachtschinken. Nach dem Abendessen dürfen die Kinder je ein Geschenk aufmachen. Die eigentliche Bescherung findet in den USA am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages statt. Bei heißer Schokolade und Keksen packen die Kinder den Rest der Geschenke aus. Der 26. Dezember ist in den USA kein Feiertag. Wegen des Kontinentalklimas haben wir hier meistens kalte und weiße Weihnachten. Daher gehen wir zwischen Weihnachten und Neujahr häufig Ski- und Schlittenfahren sowie in die Innenstadt zum Schlittschuhlaufen.

Da viele der westlichen Vororte von Chicago, wo auch wir leben, im 19. Jahrhundert von deutschen Siedlern gegründet wurden, haben sich hier etliche deutsche Institutionen erhalten. Daher ist es recht einfach, deutsche Traditionen fortzusetzen. Wir besuchen in der Vorweihnachtszeit den Christkindlmarkt in Chicago und Aurora mit deutschen und österreichischen Händlern.  Wir haben aber auch ein paar amerikanische Bräuche übernommen, wie zum Beispiel die Ugly-Sweater-Partys, zu Deutsch Hässliche-Strickpullover-Partys, und das alljährliche Familienfoto mit Santa Claus.

Zum Glück kann man hier in manchen Supermärkten deutsche Weihnachtsbackwaren wie Christstollen und Lebkuchen kaufen. So manches werden wir jedoch an Weihnachten vermissen, vor allem die Messe mit Kerzenlicht in der Kirche von Salz und die Bescherung im Kreis der Familie."

2. Felicitas Sauer (33 Jahre, geborene Kirchner), aufgewachsen in Hohenroth, lebt in Rockhampton in Australien: "Let it Snow" bei 40 Grad im Schatten

Felicitas Sauer mit ihrer Familie vor einer weihnachtlichen Miniatur-Landschaft in Rockhampton im Osten Australiens. Weiter von links: Tochter Pippa, Ehemann Wayne und Tochter Quinn. Aufgenommen mit Stativ und Selbstauslöser.
Foto: Felicitas Sauer | Felicitas Sauer mit ihrer Familie vor einer weihnachtlichen Miniatur-Landschaft in Rockhampton im Osten Australiens. Weiter von links: Tochter Pippa, Ehemann Wayne und Tochter Quinn.

"Seit 2015 lebe ich in Australien, genauer gesagt in Rockhampton in Central Queensland. Während eines Work-and-Holiday-Aufenthaltes von 2011 bis 2012 habe ich hier meinen Ehemann Wayne kennengelernt. 2016 folgte unsere Hochzeit, und unsere beiden Töchter Pippa und Quinn machten unsere Familie 2021 und 2023 perfekt. Ich liebe mein Leben hier, aber es gibt eine Sache, die nie einfacher wird: die Weihnachtszeit.

Wenn ich an Weihnachten denke, dann denke ich an kaltes Wetter, Weihnachtsmärkte, Glühwein und Plätzchen am Kamin – einfach magisch. Doch aus Erfahrung kann ich sagen, dass dieses Gefühl bei fast 40 Grad im Schatten nicht einfach hervorzurufen ist. Weihnachten am Strand zu feiern, ist doch gewöhnungsbedürftig. Und dann ist da noch das Thema Familie: Weihnachten bedeutet, Zeit mit der Familie zu verbringen – eine Herausforderung, wenn 18.000 Kilometer zwischen uns liegen. Trotzdem habe ich gelernt, das Beste daraus zu machen.

Ehemann Quinn und Tochter Pippa beim Schmücken des Weihnachtsbaums.
Foto: Felicitas Sauer | Ehemann Quinn und Tochter Pippa beim Schmücken des Weihnachtsbaums.

In Australien ist die Bescherung üblicherweise am Morgen des 25. Dezember. Danach trifft man sich mit Freunden und der Familie, verbringt Zeit am Pool oder am Strand und genießt die sommerliche Atmosphäre. Auch Weihnachtsmärkte gibt es hier, aber diese sind kaum mit den deutschen vergleichbar. Meist wirken sie wie eine Mischung aus Flohmarkt und Jahrmarkt, was es für mich schwer macht, in Weihnachtsstimmung zu kommen. Australische Weihnachtslieder wie 'Let it Snow' oder 'Jingle Bells' wirken irgendwie fehl am Platz, wenn man an Palmen vorbeifährt.

Damit meine Kinder auch meine deutschen Wurzeln kennenlernen, pflegen wir einige Traditionen aus meiner Heimat. Wir backen typisch deutsche Weihnachtsplätzchen. Auch ein Adventskranz gehört für uns zur Weihnachtszeit, ebenso wie die Bescherung am Abend des 24. Dezember. Dann gibt es ein festliches Essen mit gebratener Entenbrust, Klößen, Rotkraut. Natürlich darf ein Weihnachtsbaum nicht fehlen, auch wenn es hier keinen echten gibt.

Dank moderner Technik kann an Weihnachten meine Familie in Deutschland trotzdem gefühlt nah sein. Sie sind bei unserer Bescherung am 24. Dezember virtuell mit dabei. Das tröstet über die Entfernung zwischen uns hinweg."

3. Dirk Werling (57 Jahre), aufgewachsen in Salz, lebt in London: An Heiligabend kommt das Christkind und am ersten Feiertag Santa Claus

Dirk Werling aus Salz vermisst in London das Winterwetter mit der weißen Schneedecke.
Foto: Sigrid Brunner (Archivfoto) | Dirk Werling aus Salz vermisst in London das Winterwetter mit der weißen Schneedecke.

"Ich bin Tierarzt und als Professor für Molekulare Immunologie in London tätig. Seit 2003 lebe ich hier in Großbritannien. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Die Weihnachtstage werde ich mit der Familie verbringen. Meine Frau ist Engländerin, und wir versuchen, wenn möglich, beide Seiten der Familie zusammen zuhaben. 

Ich habe Bräuche aus meiner Familie 'eingeführt', und wir bemühen uns, alles zu integrieren. Zum Beispiel kommt am 24. Dezember abends das Christkind, am 25. Dezember dann morgens Santa Claus, die englische Variante des Weihnachtsmannes. Außerdem backen wir in der Vorweihnachtszeit Plätzchen, mit Rezepten von Oma.

Gerade an Weihnachten vermisse ich das kalte Wetter, das Winterfeeling, vielleicht sogar mit Schnee, obwohl der ja immer weniger wird. Wir haben hier in England mittlerweile auch Lidl und Aldi, da bleiben nicht mehr viele Wünsche offen."

4. Arno Götz (55), aufgewachsen in Wülfershausen, lebt in Mexiko: Viel Fleisch kommt beim Volk der Azteken auf den Tisch

Ein Wülfershäuser in Mexiko: Arno Götz hat sein Glück im Land der Azteken gefunden. Mit seiner Frau Ruby und Sohn Paulo lebt er in Guadalupe bei Monterey. 
Foto: Alma Flores | Ein Wülfershäuser in Mexiko: Arno Götz hat sein Glück im Land der Azteken gefunden. Mit seiner Frau Ruby und Sohn Paulo lebt er in Guadalupe bei Monterey. 

"Ich arbeite seit Dezember 2007 bei Preh in Mexiko, anfangs als Werkzeugmacher und später als Abteilungsleiter in der Werkzeug-Reparatur. Eigentlich war mein Aufenthalt nur für zwei Jahre geplant. Aber ich habe hier meine Frau Ruby kennengelernt. So bin ich in Mexiko geblieben. Mittlerweile gibt es auch einen fünfjährigen Sohn, unseren Paulo. Ich bin also der einzige Deutsche, meine mexikanische Familie ist in der Übermacht. Deshalb wird Weihnachten sehr mexikanisch gefeiert. Klöße gibt es nicht. Dafür fehlen hier Zutaten wie Kartoffelstärke. Auch einen leckeren Entenbraten gibt es hier so nicht.

Die mexikanische Küche ist auch um Weihnachten herum sehr fleischlastig. Ganz beliebt sind 'Tamales', das sind mit Maisblättern umwickelte Fleischmischungen. Sehr lecker, aber auch sehr fetthaltig. An Weihnachten stehen die Leute Schlange an den Tamales-Ständen. Bei uns in Monterey ist auch 'Carne Asada' sehr beliebt. Das ist meist gegrilltes Rindfleisch von Tieren aus der Gegend, die ein sehr aromatisches, saftiges Fleisch liefern. Beliebt sind auch Puten- oder Schweineschlegelbraten.

Das Haupt-Essen wird in Mexiko am Heiligabend serviert. Wir sind nicht weit weg von der Grenze zu den USA, wo meine Frau auch Verwandte hat. Die Grenzübergänge sind in diesen Tagen total überfüllt und man muss viel Zeit mitbringen. Aber ein Besuch bei den Verwandten ist in beide Richtungen Pflicht.

Eine schöne Tradition in Mexiko sind die Posadas. Dabei wird die Herbergssuche nachgestellt. Meist klopfen Kinder und Erwachsene an Haustüren, dabei wird auch gesungen, bis sie und andere Gäste hereingelassen werden. Dann beginnt ein Fest, bei dem auch Süßes für die Kinder nicht fehlt. Christbäume und Krippen gibt es in Mexiko auch.

Im Juni 2009 haben wir kirchlich in Monterey geheiratet, im Juli dann standesamtlich in Wülfershausen. Einmal im Jahr kommen wir nach Wülfershausen, unser fünfeinhalbjähriger Sohn Paulo will ja auch seinen Cousin und seinen deutschen Teil der Familie in Wülfershausen treffen."

 
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