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Mellrichstadt
Grelle Kleider, Kartoffeln in der Schultüte und ein vergessenes Sparbuch: 5 Erinnerungen an den ersten Schultag
Viele Kinder haben ihn lange herbeigesehnt, nun ist er endlich da: der erste Schultag! Fünf Prominente aus dem Streutal über ihren Schulanfang.
Aufgeregt am ersten Schultag waren sie alle: (von links) Nina und André Reich aus Mellrichstadt, Egon Bauß aus Nordheim, Karina Werner aus Ostheim und Stefan Kießner aus Oberstreu.
Foto: Archiv Reich (2) / Archiv Bauß / Archiv Wagner / Archiv Kießner / MP Grafik: Anne Schmidhuber | Aufgeregt am ersten Schultag waren sie alle: (von links) Nina und André Reich aus Mellrichstadt, Egon Bauß aus Nordheim, Karina Werner aus Ostheim und Stefan Kießner aus Oberstreu.
Julia Back
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:20 Uhr

Endlich ist er da: der erste Schultag! An diesem Dienstag beginnt für viele Kinder ein neuer Lebensabschnitt. Aufgeregt werden sie bepackt mit Schultüte und Büchertasche zum ersten Mal ihr Klassenzimmer betreten, Mitschüler sowie ihren Klassenlehrer oder ihre Klassenlehrerin kennenlernen.

Wir haben fünf bekannte Personen aus dem Streutal gefragt, wie ihr erster Schultag war. Ihre Erinnerungen teilen sie hier:

1. und 2. Nina Reich (40) und André Reich (43) aus Mellrichstadt sind Geschwister und leiten zusammen als Geschäftsführer die Reich GmbH – sie wurden 1989 und 1986 eingeschult

Nina Reich durfte sich am ersten Schultag ihres großen Bruders André Reich 1986 auch über eine kleine Schultüte freuen.
Foto: Archiv Reich / Jürgen Wittke / MP Grafik: Anne Schmidhuber | Nina Reich durfte sich am ersten Schultag ihres großen Bruders André Reich 1986 auch über eine kleine Schultüte freuen.

"Als im Sommer geborenes, sogenanntes Kann-Kind war ich die Zweitjüngste im Jahrgang und es war für mich alles sehr aufregend. Am ersten Schultag war ich aber nicht besonders gut gelaunt, weil ich mein Kleid so schrecklich fand. Es war knielang, magenta-weinrot kariert und hatte einen Rüschchenlatz. Der Tag hat deshalb daheim schon mit Theater angefangen.

Meine Klassenlehrerin damals war Frau Schleicher, an die ich nur positive Erinnerungen habe. Sie war die beste Grundschullehrerin, die ich mir nur vorstellen konnte. Nach der Schule haben wir Zuhause mit den Großeltern, Tanten und Onkeln bei Kaffee und Kuchen zusammen gefeiert. Und es wurde gegrillt.

Ich habe schon immer sehr viel genascht und deshalb war es mir wichtig, dass in der Schultüte viele Süßigkeiten sind. Das war zum Glück dann auch so!" (Nina Reich)

"Ich weiß noch, dass es an dem Tag geregnet hat. Ich war auch einer der Jüngsten in der Klasse und sehr aufgeregt. Wir gingen erst in den Gottesdienst und danach in die Schule. In der Klasse haben wir die anderen Mitschüler kennengelernt. Ich hatte auch Frau Schleicher als Klassenlehrerin, sogar drei Jahre lang. 

Als die Schule am ersten Schultag aus war, wollte ich nicht von meinen Eltern abgeholt werden, sondern unbedingt alleine zum ersten Mal mit dem Schulbus fahren. Meine Mutter stand vor dem Schulhaus, hat die Schultüte mit nach Hause genommen und ich bin dann mit meinem Schulranzen alleine Bus gefahren.

Bei mir standen nicht die Süßigkeiten im Vordergrund, sondern ich war damals, wie die meisten Jungs, sehr an Lego-Bausteinen interessiert. Ich habe mich dann sehr gefreut, als einige Lego-Spielsachen in der Schultüte zum Vorschein kamen." (André Reich)

3. Egon Bauß (71) aus Nordheim ist ehemaliger Schulleiter in Fladungen und Nordheim sowie der Udo-Lindenberg-Mittelschule in Mellrichstadt – er wurde 1958 eingeschult

Mit einer sehr großen Schultüte ausgestattet, ging es für Egon Bauß 1958 in die Schule. 
Foto: Archiv Bauß / Wolfgang Röher / MP Grafik: Anne Schmidhuber | Mit einer sehr großen Schultüte ausgestattet, ging es für Egon Bauß 1958 in die Schule. 

"Vor der Einschulung ist immer wieder der Satz gefallen 'Wart' ner amal ab, bis de in die Schul' kommst'. Deshalb hatte ich große Erwartungen, aber der Übergang vom Kindergarten in die Schule war dann überhaupt nicht schlimm. Ich hatte eine behütete Kindheit.

Ich kann mich noch gut an den Tag meiner Einschulung erinnern. Ich bin an der Hand meiner Mama in die Schule gegangen und hatte ein Strickjäckchen an, das meine Oma Anna (mütterlicherseits) gestrickt hatte und eine Hose, die ein Nordheimer Schneider extra für den ersten Schultag geschneidert hatte. Und meine Schultüte war sehr groß – fast so groß wie ich!

Die Schultüte war aber im unteren Teil zu einem Drittel vollgestopft mit Zeitungspapier und deshalb nicht komplett gefüllt. Dennoch waren viele Süßigkeiten in der Tüte. Meine Mama hatte sie beim Kolonialwarenhandel im Dorf gekauft.

Mein Opa Arno (väterlicherseits) hat mir zur Einschulung ein Post-Sparbuch mit fünf Mark eröffnet. Als Kind konnte ich damit nicht viel anfangen, ich habe es weggelegt und es ist total in Vergessenheit geraten. Als ich mit 14 ins Internat zu den Augustinern nach Münnerstadt ging, ist mir das Sparbuch wieder in die Hände gefallen. Danach habe ich von meinem Kapital und den Zinsen gezehrt. Es war zwar nicht viel, aber für die damalige Zeit konnte ich mir immer mal zwei Mark abheben und mir etwas in Münnerstadt leisten."

4. Karina Werner (64) ist stellvertretende Bürgermeisterin in Ostheim – sie wurde 1965 eingeschult

Auch nach über 50 Jahren existiert die Schultüte von Karina Werner noch.
Foto: Archiv Werner / Tanja Heier / MP Grafik: Anne Schmidhuber | Auch nach über 50 Jahren existiert die Schultüte von Karina Werner noch.

"Je länger man darüber nachdenkt, an desto mehr kann man sich erinnern. Das Kostümchen zur Schuleinführung hat mir meine Oma geschneidert. Wir hatten am ersten Schultag auch ein Familienfest mit Kaffee und Kuchen sowie einem gemeinsamen Abendessen.

In Ostheim war es üblich, dass man die Zuckertüte nicht Zuhause bekommt, sondern erst in der Schule. Meine Mutter hat sie am Vorabend in die Schule gebracht. Als dann am ersten Schultag die Namen plus jeweiligen Klassen vorgelesen wurden, hat man seine Zuckertüte überreicht bekommen.

Damals wurde die Spitze der Zuckertüte mit kleinen Kartoffeln gefüllt – damit diese voll war. Es gab sozusagen nicht nur geistige Nahrung. In der Zuckertüte waren zwar auch Süßigkeiten, aber mehr Gebrauchsartikel für die Schule. Wie Buntstifte oder Knete.

Meine Zuckertüte gibt es immer noch. Sie war mindestens schon sechsmal in Gebrauch - von meinen Geschwistern und meine Kindern. Es wurde eben schon damals nachhaltig gedacht."

5. Stefan Kießner (37) ist Bürgermeister in Oberstreu – er wurde im September 1992 eingeschult

Glücklich am ersten Schultag mit lila Schultüte: Stefan Kießner.
Foto: Archiv Kießner / Sophia Kießner / MP Grafik: Anne Schmidhuber | Glücklich am ersten Schultag mit lila Schultüte: Stefan Kießner.

"Ich bin in Mittelstreu eingeschult worden. Dort waren nur Kinder aus Ober- und Mittelstreu, man hat sich schon vom Kindergarten gekannt – die Schule war klein, schnuckelig und wahnsinnig schön! Leider gibt es sie mittlerweile nicht mehr.

Die Schuleinführung war etwas Schönes, auf das wir hin gefiebert haben. Vor allem durften wir Oberstreuer mit dem Bus in die Schule fahren. Das war für uns ein Highlight! Als Rektor hatten wir Peter Egert und unsere Lehrerin war Frau Rösch. Der Führungsstil war nicht so Laissez-Faire wie im Kindergarten, es war immer menschlich, aber autoritär. Das hat uns nicht geschadet und uns viel für das Leben gebracht.

Am ersten Schultag hatte ich eine lila-neongelb-farbige McNeil-Büchertasche mit dazu passendem Mäppchen und Turnbeutel. Ich saß neben meinem besten Freund und für uns waren die Naschereien in der Zuckertüte das Wichtigste – die hat übrigens auch zur Büchertasche gepasst. Der passende Schirm war auch wichtig, weil wir auf dem Heimweg so gebummelt haben und es oft angefangen hat zu regnen.

Ich kann mich noch gut an ein Buchstabenhaus aus Magnetkarten erinnern, mit denen wir das Schreiben gelernt haben. Das existiert im Schulhaus tatsächlich noch! Auf meine Schulzeit blicke ich mit viel Freude zurück und der erste Schultag war einfach der Startschuss und das Fundament fürs Leben."

 
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