Wie Schmetterlinge im Bauch, die tanzen und lachen – so fühlt sich Freundschaft für Lina Stieglitz an. Die Sechsjährige ist am liebsten draußen unterwegs, hört den Vögeln beim Zwitschern zu oder bastelt mit echten Blumen. Diesen Dienstag wird das Rhöner Mädchen aus Schmalwasser in Sandberg eingeschult. "Dann geht es nur noch in der Pause raus", erzählt die Abc-Schützin. Wehmütig stimmt sie das nicht: "Dafür lerne ich Naturkunde."
Auch Linas Eltern, Cornelia und Marco Stieglitz, schauen zuversichtlich auf den neuen Lebensabschnitt der jüngsten Tochter. Kein Wunder, in Sachen Einschulung haben sie schon einiges an Erfahrung. Wie ein Schulstart gelingen kann, verrät die Großfamilie – Geschwister, Eltern und Großeltern – im Gespräch.
1. Wie sich Abc-Schützin Lina auf die Schule vorbereitet
Lina Stieglitz ist so was von bereit. Bereits eine Woche vor Schulstart ist Linas lila Einhorn-Schultasche gepackt, die Hefte sind beschriftet und selbst die Knete nach Lehrerinnen-Anweisung zu Knetknödeln gerollt.
"Am meisten freue ich mich auf meine Lehrerin und den Unterricht", erzählt Lina. Mit den anderen Vorschulkindern hatte sie im letzten Kindergartenjahr bereits ihre künftige Grundschule in Sandberg besucht. Ihre Lehrerin hat sie damals nicht getroffen. "Die ist neu an der Schule." Wie sie selbst eben auch.
Wie Schule wohl sein wird? "Der Lara gefällt's, dem Max net so." Wahrscheinlich, glaubt Lina, liegt die Wahrheit also irgendwo "mittendrin". Die Sechsjährige schaut mit Neugier dem neuen Lebensabschnitt entgegen. "Ich bin die Bastelkönigin", schmunzelt sie. Auf Kunst und Werken freut sie sich deshalb am meisten.
2. Was die älteren Geschwister Lara (9) und Max (12) empfehlen
"Als Schulkind muss man gut zuhören und darf keinen Quatsch machen", rät Linas große Schwester, die neunjährige Lara. "In der Pause nicht hinfallen, wenn man Schwarzschlagen spielt", lautet eine andere Empfehlung der Drittklässlerin. Bei den Hausaufgaben sollte man sich lieber gleich Mühe geben, gibt Lara Lina mit auf den Weg. "Wir haben ein paar Chaoten, die kriegen oft Zusatzaufgaben oder müssen nacharbeiten."
"Wichtiger Punkt", bestätigt der zwölfjährige Max, der die siebte Klasse der Realschule Bad Neustadt besucht. "Lina, bei den Hausaufgaben nimmst du dir ein Beispiel an der Lara, nicht an mir." Wer Hausaufgaben schnell und ordentlich erledige, habe im Anschluss mehr Zeit, Freunde zu treffen.
Damit's mit den Mitschülern klappt, erinnert Max an die Goldene Regel: "Die hängt in jedem Klassenzimmer aus. Tue keinem anderen etwas an, was du nicht möchtest, dass es bei dir gemacht wird." Werde einem die Zeit im Unterricht lang, könnte man unauffällig zum Zauberwürfel greifen.
3. Was Oma Mechthild und Opa Nikolaus mit auf den Weg geben
Was die Großeltern der Enkeltochter raten? "Dass sie richtig macht, was wir falsch gemacht haben." Im Nachhinein sei man natürlich immer schlauer, sagt der Opa Nikolaus Stieglitz: "Hätte man mehr gelernt, mehr aufgepasst, wäre mehr von den Eltern unterstützt worden." Was hätte werden können? "Hätte das Geld für die Realschule gereicht, hätte man, wie vom Musiklehrer empfohlen, mit seinem Trompeten- und Flügelhornspiel die Musikhochschule Würzburg besuchen dürfen?" Alles in allem ist Großvater Stieglitz zufrieden: "Es war gut so, wie es war." Die Zeiten seien nicht vergleichbar. Trotzdem wünscht er sich für die Enkeltochter, dass sie alle Chancen ergreift.
"Aufpassen! Sich nicht an den schlechteren, sondern an den besseren Mitschülern orientieren!", empfiehlt der Großvater. "Huuiiii!", kreischt derweil Lina auf der Schaukel. Entscheidend für sie ist, wie hoch die Beine baumeln. "Schau doch mal, Opa!" Wehmütig blicken die Großeltern. "Ich hoffe für die Lina, dass sie so unbeschwert bleibt, wie sie ist", sagt Oma Mechthild.
4. Was Mama Cornelia und Papa Marco raten
Den berühmten Ernst des Lebens will Vater Marco, Abteilungsleiter bei Preh in Bad Neustadt, vorerst noch nicht ins Hause Stieglitz in Schmalwasser einlassen. Den Schuleintritt sehen er und seine Frau Cornelia – gelernte Krankenschwester, aktuell Familienmanagerin – lieber als "schönen, sanften Übergang".
Ihre Kinder "hinübergleiten lassen", das sei ihr Ansinnen. Bei den älteren beiden sei das geglückt. "Jetzt musst du!", hält Mama Cornelia für den völlig falschen Satz. "Den Kindern auf jeden Fall keinen Druck machen", das empfiehlt sie anderen Eltern zum Schuleintritt ihrer Sprösslinge.
Am schwierigsten sei daran oft, sich als Eltern keinen Druck zu machen, besonders im Alltag und unter Zeitdruck. Auch wenn die Leistungsgesellschaft vom Kopf her denke, rät Papa Marco, als Eltern "mehr auf Bauch und Herz als auf den Kopf zu hören."
Entscheidend sei, jedes Kind in seiner Individualität zu nehmen. "Was für einen oder einen selber funktioniert, kann beim nächsten völlig falsch sein." Sich rechtzeitig der Vergleichsspirale entziehen, dazu ermutigt Mutter Cornelia: "Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Bitte, die Kinder nicht miteinander vergleichen, auch innerhalb der Klasse." Kinder könnten und müssten nicht in allen Sachen gut sein.
"Mit Problemen dann umgehen, wenn sie da sind und nicht schon vorher Dinge zergrübeln", findet Mutter Cornelia hilfreich. Ohne Elternhilfe laufe es im aktuellen Schulsystem nicht, so die Erfahrung der Familie. Sich das bewusst machen und von Anfang an bereit sein, den Kindern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, das empfehlen sie neuen Erstklass-Eltern.
Hilfreich dabei: "Sich auf das einlassen, was die Kinder mitbringen", sagt Vater Marco. Aufgaben würden heutzutage auf neuen Rechenwegen gelöst, Buchstaben anders geschrieben, die Rechtschreibung habe sich verändert. "Manchmal dauert es ein wenig, bis man sich daran gewöhnt, aber Spielregeln ändern sich eben."
Einen letzten Tipp haben sie für Eltern sogenannter Korridor-Kinder. "Dass man sich wirklich sehr genau anschaut, ob es schon in die Schule sollte oder nicht." Zwei ihrer Kinder hätten sie noch das Jahr Kindergarten gegönnt. "Das war gut. Ist man mal in der Schule, fragt keiner mehr. Dann muss es gehen, egal wie."
Ihrer Lina wünschen die Eltern, "dass sie die Offenheit, die sie gegenüber allem derzeit hat, weiterbehält". Und dass die Schmetterlinge im Bauch noch ein wenig weitertanzen.