Freie Zeit ist Mangelware für Stefan Kießner, seit er auf dem Chefsessel der Gemeinde Oberstreu sitzt. Dennoch empfindet er seine neue Aufgabe als erfüllend. "Ich bin ein Workaholic. Je mehr ich anpacken kann, desto mehr Spaß habe ich bei der Arbeit", sagt der Bürgermeister. Ein ausgeklügeltes Zeitmanagement und der Drang, etwas zu bewegen, machen es möglich, dass der 34-Jährige zwei Jobs und die Familie unter einen Hut bekommt. Und dabei noch gerne Ansprechpartner für die Bürger ist.
Stefan Kießner ist in der Gemeinde von Null auf Hundert durchgestartet. Am 1. Mai dieses Jahres hat er die Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger Matthias Liebst übernommen, ohne zuvor in der Kommunalpolitik erste Erfahrungen gesammelt zu haben. Bürger aus der Gemeinde hatten ihn aufgefordert, sich als Kandidat um das Amt zu bewerben. Und auch Kießners Bekanntenkreis, der kommunalpolitisch sehr aktiv ist, hatte ihn angespitzt, seinen Hut in den Ring zu werfen. "Zwei Jahre vor der Wahl stand dann der Entschluss fest, dass ich antreten werde", blickt er zurück. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit setzte er sich gegen seinen Gegenkandidaten Christian Zirk durch. Ein Vertrauensbeweis, dem Stefan Kießner gerecht werden will. Mittlerweile hat er sich gut eingearbeitet, wie er sagt, und freut sich über die gute Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. "Unser aller Ziel ist es, Ober- und Mittelstreu fit für die Zukunft zu machen", gibt er als Leitlinie aus.
Frischer Wind im Rathaus
Nach der Kommunalwahl war frischer Wind ins Rathaus eingekehrt: Acht neue Gemeinderatsmitglieder stellen mit vier erfahrenen Bürgervertretern sowie dem neuen Bürgermeister die Weichen für die nächsten Jahre. "Wir sind alle mit Elan bei der Sache und ziehen an einem Strang", lobt Kießner das Gremium. Es gibt viel zu tun, da gelte es, Schwerpunkte zu setzen. Dabei geht Kießner gern voran.
Seine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten ist für Kießners neue Aufgabe Gold wert. Nach dem Schulabschluss hatte es den Oberstreuer sieben Jahre in die Fremde, nach Oberbayern, verschlagen, dann kehrte er in seine Heimatgemeinde zurück. Seit 2007 ist er als Berufssoldat in Wildflecken stationiert. Nach Dienstschluss verlangt das Bürgermeisteramt seine volle Aufmerksamkeit. "Es ist eine fordernde Aufgabe, sehr zeitintensiv, bereitet mir aber auch viel Freude", sagt der Gemeindechef. Bei aller Arbeit achtet er aber auch darauf, dass noch genügend Zeit für seine Frau und die kleine Tochter übrig bleibt. Die Familie als Rückhalt ist dem 34-Jährigen wichtig.
Was ist wichtig für die Lebensqualität?
Als junger Familienvater kennt er die Bedürfnisse von Familien, die hier leben möchten. Dazu gehören auch schnelles Internet und eine gute Mobilfunkverbindung. Das Funkloch im Altort von Oberstreu soll laut Stefan Kießner bald der Vergangenheit angehören, der Breitbandausbau steht für den Bürgermeister ganz oben auf der Dringlichkeitsliste. "Das ist wichtig für die Lebensqualität der Bürger und auch für die Belebung der Ortskerne", hebt er hervor. "Junge Familien siedeln sich nicht dort an, wo es kein High-Speed-Netz gibt, also muss hier schnell etwas passieren." Folglich hat er sich um ein neues Förderprogramm bemüht, die Aussichten, dass Oberstreu aufgenommen wird, stehen laut Kießner gut.
Offene Ohren hat der neue Bürgermeister auch für die Anliegen der Bürger aus Ober- und Mittelstreu. Ab 16 Uhr bietet der 34-Jährige Bürgertermine an, die rege genutzt werden. In Corona-Zeiten gibt es dazu keine Sprechstunde im Rathaus, sondern Anliegen werden direkt vor Ort an der Problemstelle geklärt. "So können wir zielgerichtet Lösungen finden", sagt Kießner. Dieser Service komme bei der Bevölkerung gut an und hilft auch ihm, sich schnell in alle Bereiche der Gemeinde einzufinden.
Gut ausgebautes Netzwerk
Einen Tag in der Woche ist der Berufssoldat für Behördentermine freigestellt. Als Verwaltungsfachwirt kann er hierbei auf sein Know-how zählen, zudem unterhält er ein breites Netzwerk zu ehemaligen Kollegen. "Das ist durchaus vorteilhaft, wenn man neu im Amt ist", gibt der 34-Jährige preis. Sich selbst hinterfragen und auch im Gespräch mit Kollegen neue Lösungen finden, sieht er als Maßgabe für seine Arbeit.
In der Gemeinde stehen in den kommenden Jahren zahlreiche Projekte an, die wichtig für die Zukunft von Ober- und Mittelstreu sind. "Die Dorferneuerung wurde angestoßen, hier wollen wir weitermachen", sagt Kießner. Die Baumaßnahme am Plue in Mittelstreu beispielsweise soll im kommenden Jahr losgehen, auch das Wassertretbecken im Ortsteil, das sehr gut genutzt wird, will der Gemeindechef ausbauen und den Platz weiter gestalten. Das Naherholungsgebiet Alter Fischteich und die Mariabrücke sind gesellige Treffpunkte in Oberstreu geworden, auch diese Bereiche will Kießner für die Bevölkerung weiter schön gestalten. Zudem muss die Gemeinde in ihr Wasser- und Kanalnetz investieren. "Derzeit haben wir eine Bestandsaufnahme des Kanalnetzes in Auftrag gegeben", so der Gemeindechef. Maßnahmen an den Gemeindestraßen hat er auch schon im Blick.
Zahlreiche Investitionen stehen an
Sein Augenmerk will Kießner auch auf die beiden Friedhöfe legen. Dort sollen Bereiche für naturnahe Bestattung entstehen, und die Friedhöfe sollen zu Orten werden, an denen sich die Trauernden aufgehoben fühlen. Beim Hochwasserschutz stehen in den nächsten Jahren richtungsweisende Entscheidungen für die Gemeinde an. "Wir müssen die Schwachstellen in der Hochwassermauer ausmerzen", sagt der Gemeindechef. Die Mauer wurde 1969 gebaut und muss generalsaniert werden.
Eine besondere Maßnahme steht in Oberstreu auf der Agenda: Wenn das Rathaus in die ehemalige VR-Bank umgezogen ist, wird das bisherige Amtsgebäude abgerissen und ein neues Gebäude in der Art einer Gade, passend zum historischen Ensemble, wieder aufgebaut. Dieser Bereich soll Oberstreus Schmuckstück werden: eine Festscheune mit Platz für Musik und Geselligkeit. Bei allem, was angepackt werden muss, sieht sich der Oberstreuer Bürgermeister als Ästhet. "Ich will nicht nur, dass die Maßnahmen zweckmäßig umgesetzt werden. Ich will, dass es schön wird und die Bürger sich hier wohlfühlen", nennt er seinen Antrieb.
Was den Bürgermeister weiter antreibt
Für sein Engagement in den vergangenen sechs Monaten hat der Bürgermeister schon viel positives Feedback von der Bevölkerung bekommen, wie er sagt. "Das motiviert und treibt mich an, noch mehr anzupacken", sagt er. Kießner ruft die Bürger auf, auf ihn zuzukommen und Anregungen zu geben, was die Bürger sich von ihrer Gemeinde wünschen. "Ich werde jeden Bürger ernst nehmen und jedem Gehör schenken. Das ist eine Wertschätzung, die in der Gesellschaft heute meiner Meinung nach viel zu kurz kommt."