
Die Flüchtlingsbewegungen haben im Vergleich zum Vorjahr spürbar abgenommen. Dennoch könne im Landkreis von einer Entspannung keine Rede sein, erklärt Manuel Kalla, Abteilungsleiter Kommunale und Soziale Angelegenheiten im Landratsamt Rhön-Grabfeld. Die aktuellen Flüchtlingszahlen würden bundesweit immer noch auf einem sehr hohen Niveau liegen. Die hiesige Lage könne man allerdings aufgrund der mittlerweile gesammelten Erfahrungen und Routine im Bereich der Flüchtlingsunterbringung nicht mehr als kritisch bezeichnen.
Derzeit (Stand 15. Oktober 2024) leben im Landkreis insgesamt 428 Asylsuchende und 1024 Ukraineflüchtlinge. Das sind zwar weniger Asylsuchende als in der ersten Flüchtlingskrise 2015/2016 (2015: 832 Asylbewerber, 2016: 486), aber mehr als in den Folgejahren. 2017 fiel die Zahl der Asylbewerber auf 351, seither stieg sie kontinuierlich jedes Jahr an. 2022 kamen zusätzlich 1055 Ukrainer in den Landkreis. Im Dezember 2023 wurden rund 600 Asylsuchende und 930 Menschen aus der Ukraine gezählt.

In diesen Zahlen sind nicht alle in Rhön-Grabfeld lebenden Asylsuchenden und Flüchtlinge erfasst. Nicht berücksichtigt sind Personen, die im Rahmen des Familiennachzuges gekommen sind, und die über ein Aufnahmeprogramm der Bundesregierung oder § 22 des Aufenthaltsgesetzes in Deutschland leben. Nach § 22 kann einem Ausländer aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Dazu gehören beispielsweise die afghanischen Ortskräfte. Die Zahl der Menschen, die über den Familiennachzug in Rhön-Grabfeld wohnen und die noch kein eigenständiges Aufenthaltsrecht haben, gibt Manuel Kalla mit aktuell 85 an und die der Ortskräfte mit 37.
Sechs Gemeinschaftsunterkünfte und 35 dezentrale Unterkünfte in Rhön-Grabfeld
In Rhön-Grabfeld gibt es sechs Gemeinschaftsunterkünfte mit insgesamt 308 Asylsuchenden beziehungsweise Flüchtlingen. Davon wohnen 82 in Mellrichstadt, 81 in Bad Königshofen, 56 in Fladungen, 39 in Saal, 24 in Bad Neustadt-Mühlbach und 26 in Burgwallbach. In den derzeit 35 dezentralen Unterkünften, die über den gesamten Landkreis hinweg verteilt sind, leben 315 Flüchtlinge.

Die Personenzahlen beinhalten jedoch auch "Fehlbeleger", weist der Abteilungsleiter hin. Das sind Menschen, die keinen Anspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) haben, jedoch noch in den Unterkünften wohnen. Das kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel sie erzielen Einkommen oder haben eine Anerkennung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. In diesen Fällen werden Gebühren für die Unterkunft fällig.
Die Notunterkunft in der ehemaligen Kreisklinik ist aktuell nicht belegt
Die Notunterkunft im ehemaligen Bad Neustädter Kreiskrankenhaus konnte inzwischen wieder geschlossen werden. Auf absehbare Zeit sieht Manuel Kalla auch keinen Bedarf, sie wieder zu öffnen. Auch gebe es momentan keine Überlegungen, weitere Gebäude für Flüchtlinge zu erschließen oder gar Container oder Ähnliches aufzustellen.
Hauptherkunftsländer in Rhön-Grabfeld sind derzeit Afghanistan, Elfenbeinküste, Somalia, Syrien und Algerien. Grundsätzlich gelte die Quote aus der "Durchführungsverordnung Asyl", das heißt der Landkreis müsse 6,1 Prozent der für Unterfranken zugewiesenen Asylbewerber aufnehmen, erläutert Manuel Kalla. Mit der Regierungsaufnahmestelle werde geklärt, welche Familienkonstellation in welche Unterkunft passt.
Die Lage in den einzelnen Häusern und Wohnungen sei sehr unterschiedlich. "Es gibt Unterkünfte, die gut funktionieren und in denen dementsprechend auch alles reibungslos funktioniert", so Kalla darauf. "Gleichzeitig gibt es Unterkünfte, in denen es ab und an zu Herausforderungen kommt."
Die Gemeinden müssen freie Plätze für Asylsuchende melden
Wirft man einen Blick in die einzelnen Kommunen in Rhön-Grabfeld, so ergibt sich, dass natürlich in den sechs Städten und Gemeinden, in denen sich die Gemeinschaftsunterkünfte befinden, relativ viele Asylsuchende und Flüchtlinge leben. Ebenfalls im oberen Bereich liegen im Verhältnis zur Einwohnerzahl gesehen Unsleben, Sulzfeld, Ostheim und Niederlauer.
Demgegenüber stechen aber auch ein paar Kommunen hervor, die sich bei der Aufnahme von Asylsuchenden bislang zurückhielten. Dazu gehören zum Beispiel Aubstadt, Burglauer, Hendungen, Heustreu und Sondheim/Rhön, wo jeweils nur ein Flüchtling oder Asylsuchender lebt. Müssen diese irgendwann mit Zuweisungen rechnen? Diesbezüglich seien die rechtlichen Möglichkeiten begrenzt, sagt dazu Kalla. Die Gemeinden hätten lediglich eine "Mitwirkungspflicht", freie Unterkünfte zu melden. Wenn sich jedoch die Flüchtlingslage wieder zuspitzen sollte, werde man verstärkt auf die Gemeinde zugehen, die bislang noch nicht viele Flüchtlinge aufgenommen haben.
Der Blick in die Zukunft sei schwierig und hänge von vielen nicht beeinflussbaren Faktoren ab, fährt Manuel Kalla fort. Unklar bleibe weiterhin die weltpolitische Lage, bevorstehende Krisen und sonstige Ereignisse, die einen Einfluss auf Migrationsbewegungen haben. Darüber hinaus bleibe abzuwarten, welche politischen Impulse durch die Bundesregierung und Europa gesetzt werden. Wie viele Flüchtlinge in den Landkreis kommen, hänge weiterhin von den Zuweisungen und den freien Kapazitäten vor Ort ab.
Hilfe durch die Integrationslotsin und Flüchtlings- und Integrationsberatung
"Wir sind bemüht, diejenigen, die zu uns kommen, so gut wie möglich in die Gesellschaft einzugliedern", betont der Abteilungsleiter im Landratsamt. Hier sei man breit aufgestellt mit der Integrationslotsin und der Flüchtlings- und Integrationsberatung. "Gleichzeitig arbeiten wir intern an verschiedenen Integrationsmaßnahmen gerade im Bereich Sprach- und Arbeitsvermittlung."
Nach wie vor gebe es allerdings zu wenig Sprachkurse in der Region, die ärztliche Versorgung bleibe weiterhin schwierig und die Wohnraumsituation angespannt. Wer Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung stellen möchte, könne sich jederzeit an das Landratsamt wenden. Positiv ist allerdings, dass mehr und mehr Arbeitsgelegenheiten für die Ankommenden geschaffen werden können.