Große Orchester oder berühmte Bands haben wochen- oder monatelang Zeit, um ein Konzert in China zu organisieren. Drei Tage waren es für ein Quintett des Preh-Werksorchesters zu Jahresbeginn. Zum durchschlagenden Erfolg wurde der Auftritt im fernen Ningbo gleichwohl.
Es war kurz vor dem Weihnachts-Werkurlaub, als Ernst-Rudolf Bauer, kaufmännischer Geschäftsführer bei Preh, auf das Management des Werksorchesters zukam. Dem Chef der Joyson-Holding, Jeff Wang, seit Frühsommer Eigentümer von Preh, sollte zum Neujahrsfest ein musikalischer Gruß entrichtet werden.
„Das war natürlich eine Herausforderung für uns“, erzählt Dietmar Hümpfner aus Strahlungen, Manager des derzeit 37 Mann starken Werksorchesters. „Letzten Endes blieben uns dann drei Tage für die Organisation der Logistik für unseren Auftritt“, so Hümpfner, der in der Preh-IT-Abteilung arbeitet. Die Quintett-Besetzung war eigentlich schnell ausgemacht. Das heißt, zwei Probleme gab es: Dirigent Klaus Stieglitz war vor Weihnachten krank und Sohn Marco Stieglitz noch in Elternzeit für den Nachwuchs Max.
„Man will sich ja gut präsentieren, auf der anderen Seite war die Kürze der Zeit“, erinnert sich Hümpfner an die turbulenten Tage. In drei Tagen nach dem Werksurlaub wurden die Flüge organisiert und die Instrumente verpackt. „Wir haben ja Verpackungsfachleute im Haus“, erzählt Hümpfner. Viel Teamarbeit war nötig, um den Konzertauftritt in der Schnelle auf die Reihe zu bekommen. Auch die Chefsekretärin Anneliese Schweizer habe organisatorisch viel geholfen, loben die Musiker.
Am Sonntag, 8. Januar, ging es für die fünf Musiker – mit von der Partie waren noch Karl-Heinz Misch und Klaus Weigand – mit dem Flugzeug von Frankfurt in zehn Stunden nach Schanghai. „Am Flughafen mussten wir erst mal auf die große Kiste mit der Tuba warten“, erzählt Marco Stieglitz, das war aber die einzige kleine Panne während der drei Tage im Reich der Mitte.
Nach dem Check-in im Marriott-Hotel Ningbo, einer Stadt mit über fünf Millionen Einwohnern, ging es für das Quintett gleich auf kurze Besichtigungstour inklusive Museum. „Es war nur wenig Zeit, denn wir waren noch zum Essen eingeladen und abends stand noch eine Probe an“, erzählt Hümpfner.
Natürlich gab es beim traditionellen Abendessen die eine oder andere Überraschung. „Wir wollten schon die traditionelle chinesische Küche kennenlernen“, sagt Dirigent Klaus Stieglitz. „Wir haben alles probiert, aber nicht immer gefragt, was sich dahinter verbirgt“, schmunzelt Stieglitz, eigentlich System-Analytiker in der IT-Abteilung. Eindeutig zuzuordnen waren immerhin die Hühnerfüße auf dem Drehteller in der Tischmitte.
„Die Gastfreundschaft der Chinesen und ihre Hilfsbereitschaft werden wir nicht vergessen“, resümiert Hümpfner. Am nächsten Morgen ging es zuerst zur Besichtigung des chinesischen Preh-Werks, das sich im Aufbau befindet und rund 60 Beschäftigte zählt. „Raul Nunes, Entwicklungschef bei Preh China, hat uns hervorragend durch die drei Tage begleitet“, lobt Hümpfner den professionellen Begleiter.
Am Dienstagnachmittag stand gleich die Generalprobe für das Neujahrsfest der Joyson-Holding an, für das rund 500 geladene Gäste gemeldet waren. „Die Generalprobe ging dann gleich in die eigentliche Feier über, die technisch toll aufbereitet war“, erzählt Klaus Stieglitz.
Ja, und zwischen einer Firmenpräsentation, den traditionellen chinesischen Drachen zum Neujahrsfest und einer Pantomimen-Vorführung stand dann der Auftritt des Rhöner Preh-Quintetts. „Wir wollten einen Querschnitt durch unsere Musikkultur anbieten“, sagt Hümpfner. Also wurden fünf Stücke ausgewählt: Das Weihnachtslied Tochter Zion, der Euregio-Hymnus und das Trumpet-Tune von Henry Purcell.
„Als Fränkisches Stück haben wir den Fränkischen Galopp aus Gefäll gewählt, und Marco hat schließlich noch als Böhmisches Stück 'Die Kapelle hat gewonnen' gewählt“, erzählt Dirigent Stieglitz zur Musikauswahl. Ganz stolz sind alle Musiker natürlich, dass sich ihr neuer Firmenchef Jeff Wang nach den Stücken persönlich bedankt hat bei den Kollegen aus dem fernen Rhön-Grabfeld. „Ganz angetan war er von Klaus und Marco Stieglitz, weil Vater und Sohn gemeinsam bei Preh arbeiten, gemeinsam musizieren und auch noch nach China gekommen sind“, erzählt Orchestermanager Hümpfner.
Als Familienfreund ist Jeff Wang bekannt und zeigte sich auch beim Preh-Familientag im Sommer beeindruckt vom Zusammengehörigkeitsgefühl der Beschäftigten. Reichlich Applaus gab es jedenfalls für die Preh-Musiker, deren Klänge für die vielen asiatischen Ohren ja reichlich exotisch klangen. Begeistert waren die chinesischen Gastgeber auch von Raul Nunes, einem gebürtigen Portugiesen, der lange Zeit in Deutschland lebte und die Preh-ler führte.
Auch die Preh-Geschäftsführung, die zum Neujahrsfest der Joyson Holding eingeladen war, hatte ihre Freude am kurzfristigen musikalischen Geschenk für den chinesischen Mehrheitseigner.
„Es waren unvergessliche Tage, auch wenn sie wahnsinnig anstrengend waren“, ist Klaus Stieglitz immer noch begeistert. „Und wir haben sogar mit Stäbchen gegessen“, erzählt Stieglitz, der den Umgang mit dem Dirigentenstab aber doch bevorzugt.
Zurück ging es am Mittwochmorgen. „Wir waren alle fünf stehend K.O.“, erzählt Hümpfner. Ob es eine Wiederholung geben wird, steht noch in den Sternen. Ein chinesisches Musikstück einzustudieren, darüber wollen die Musiker einmal nachdenken.
Preh und die Joyson-Holding
Das Werksorchester am Preh-Stammsitz in Bad Neustadt ist eines der ältesten Werkorchester und das einzige Mitglied im Nordbayerischen Musikbund. Derzeit sind 37 Mitglieder musikalische Botschafter der Firma. Bereits seit 1934 existiert das Orchester, 2001 erlebte das Ensemble einen Neuanfang. Dirigenten sind Klaus Stieglitz und Klaus-Dieter Ziegler, Orchestermanager sind Diemar Hümpfner und Thomas Kilian.
Mehrheitseigner der Preh-GmbH ist seit 2011 die Joyson Holding mit rund 75 Prozent, die restlichen Anteile halten die Deutsche Beteiligungs AG in Frankfurt sowie das Preh-Management mit insgesamt 25,1 Prozent.