
Die Büchertaschen sind gepackt, die Schultüten verziert und die Aufregung groß! Im Landkreis Bad Kissingen kommen in diesem Jahr 763 Kinder in die Schule. Insgesamt gibt es 36 erste Klassen, wie das Schulamt Bad Kissingen informiert.
Wie der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule gelingen kann, warum Eltern die Finger vom Radiergummi lassen sollten und weshalb Umwege auch ans Ziel führen, erzählt Sandra Schmid im Interview. Die 48-Jährige ist an der Henneberg-Grundschule Bad Kissingen Kooperationslehrkraft für die Kindertagesstätten und auch sie freut sich auf ihren ersten Schultag mit ihrer Klasse 1a im Garitzer Schulhaus.
Sandra Schmid: Ich bin auf die Anton-Kliegl Grundschule gekommen und war natürlich sehr aufgeregt. Ich weiß noch, dass ich neben meiner Freundin, die ich aus dem Kindergarten kannte, sitzen durfte. Das war sehr wichtig für mich.
Schmid: Es beginnt ein neuer Lebensabschnitt – sowohl für die Kinder als auch für die Eltern. Es gibt andere Kinder, neue Bezugspersonen, ein neues System und die Eltern müssen lernen loszulassen. Das macht den Tag zu etwas Besonderem, der ja mittlerweile auch groß gefeiert wird.
Schmid: Wir stehen in engem Kontakt zu den Kindertagesstätten in unserem Schulsprengel. In meiner Zusatzfunktion als Kooperationsbeauftragte besuche ich die Vorschulkinder, halte Elternabende und stehe in Kontakt zu den Erzieherinnen. Die Kinder besuchen im Vorfeld auch einmal die Schule. Die Kindergärten machen hier eine sehr gute Arbeit!
Schmid: Bitte auf keinen Fall mit den Kindern diverse Vorschulbücher durcharbeiten! Sie sollten die grundlegenden Kompetenzen der Kinder fördern und sich einfach gemeinsam mit ihnen auf die Schule freuen.
Schmid: Die Kinder sollten zuhören können, sich über längere Zeit Dinge merken können und sich selbstständig um ihre Schulsachen kümmern können. Daneben ist Sozialkompetenz sehr wichtig. Sie sollten sich in die Klassengemeinschaft einfügen können, sich an Regeln halten und auch eine gewisse Frustrationstoleranz haben, beispielsweise andere ausreden lassen können. Auch höfliche Umgangsformen wie grüßen, bitte und danke sagen sollten für die Kinder selbstverständlich sein. Diese Dinge sind viel wichtiger als dass die Kinder schon sämtliche Buchstaben kennen.

Schmid: Es ist schön, wenn man ein Vertrauensverhältnis zwischen Eltern, Kindern und Lehrkraft schaffen kann. Die Eltern sollten das Vertrauen in die Lehrkraft haben, dass die Kinder sich in der Schule wohlfühlen. Das oberste Ziel ist, dass die Kinder gerne in die Schule gehen.
Schmid: Für die Eltern ist es ein Prozess des Loslassens. Das ist nicht immer leicht, aber ein gewisses Vertrauen in die pädagogische Kompetenz der Lehrkraft sollte bei den Eltern schon vorhanden sein.
Schmid: Eltern sollten gelassen an die Sache herangehen, Vertrauen in die Lehrkraft zeigen und die Kinder möglichst in die Selbstständigkeit leiten.
Schmid: Hausaufgaben sind immer ein brisantes Thema. Es ist wichtig, dass man am Anfang der ersten Klasse schaut, wie das funktioniert. Man sollte sich aber auf keinen Fall nebenhin setzen und jeden Strich des Kindes kontrollieren. Am Ende kann man die erledigten Hausaufgaben noch einmal anschauen – aber keinesfalls ständig radieren, weil die Schrift nicht schön ist. Hier gibt es Zuhause großes Konfliktpotenzial, wenn es den Eltern nicht gut genug erscheint, wie es die Kinder gemacht haben. Dieser schwarze Peter sollte eher der Lehrkraft überlassen werden.
Schmid: Den Eltern muss bewusst sein, dass sie die Verantwortung tragen, dass die Kinder ihre Hausaufgaben erledigen. Und ein wichtiger Punkt ist das tägliche Lesen. Dies müssen die Eltern wirklich unterstützen. Keine Hausaufgabenbetreuung und kein Hort kann leisten, täglich mit den Kindern zu lesen. Und gerade in der ersten Klasse ist das tägliche Lesen das A und O.
Schmid: Die Balance zu finden zwischen 'Ich kümmere mich' und 'Ich lasse mein Kind das selbstständig machen'. Viele Eltern sagen 'Wir müssen jetzt für die Probe lernen' oder 'Wir haben eine 3 bekommen', dabei ist es die Sache des Kindes. Als Eltern sollte man davon Abstand nehmen, sich mit der Leistung des Kindes zu identifizieren. Eltern sollten sich um den Ordnungsrahmen kümmern, aber die Kinder müssen sich auf die Proben vorbereiten.
Schmid: Ab dem zweiten Halbjahr der zweiten Klasse gibt es Ziffernoten. Ab da merkt man schon, dass sich die Kinder miteinander vergleichen und wo Zuhause sehr auf die Noten geachtet wird. Leider liegt das auch an unserem Schulsystem.
Schmid: Ja, in unserem Schulsystem müssen wir leider in der vierten Klasse sortieren. Das baut einen riesigen Druck auf, weil viele Eltern sagen, dass das Kind zumindest auf die Realschule soll und bloß nicht auf die Mittelschule. Das ist sehr schade! Die Mittelschulen machen eine tolle Arbeit und gerade die Kinder, die in der vierten Klasse zu den Schwächeren gehören, blühen in der Mittelschule auf und zeigen, was sie können.
Schmid: Vertrauen haben und auch die Möglichkeiten sehen. Es gibt heutzutage so viele Wege einen Abschluss zu bekommen. Man geht manchmal im Leben ein paar Umwege. Die schaden vielen Kindern auch nicht, manche brauchen einfach ein bisschen länger. Alle Kinder fangen zu unterschiedlichen Zeiten mit dem Sprechen oder Laufen an – warum sollten sie alle gleichzeitig das Gleiche lernen und können?
Schmid: Ja! Bei manchen Kindern geht es halt schneller als bei anderen, aber sie kommen zum gleichen oder ähnlichen Ziel. Das ist leider in der vierten Klasse schwierig den Eltern zu vermitteln, weil sie natürlich für ihr Kind das Bestmögliche wollen.
Schmid: Schön im Familienkreis zusammen zu feiern. Oder gemeinsam eine kleine Unternehmung zu machen. Einfach den Tag genießen. Man sollte die Kinder nicht überfrachten, auch nicht mit Geschenken, die alle gar nicht mehr in die Schultüte passen.
Schmid: Ich sage immer: 'Übrigens: Morgen müsst ihr wieder kommen!' Und dann freuen sich die meisten auch.