
Wohin geht die Reise bei den Strompreisen, fragt sich wohl fast jeder Abnehmer derzeit. Die von der Bundesregierung angekündigte Deckelung auf 40 Cent je Kilowattstunde scheint zu kommen. Das Überlandwerk (ÜW) in Mellrichstadt und die Bad Neustädter Stadtwerke haben ihre Kundinnen und Kunden trotzdem auf eine deutlich spürbare Erhöhung ab Beginn des neuen Jahres hingewiesen. Wie geht es weiter, fragte diese Redaktion die Geschäftsführer der beiden Versorgungsunternehmen.
Noch weiß niemand, ob die Strompreisbremse wirklich bereits zum 1. Januar 2023 kommt und wie sie umgesetzt werden soll. "Sie wird kommen, was wir auch ausdrücklich begrüßen. Aber wir orientieren uns bei unserer Preiskalkulation an unserer eigenen Kosten- und Beschaffungssituation", erklärt ÜW-Geschäftsführer Joachim Schärtl.

Jeder Versorger kalkuliere zunächst unabhängig von der staatlich festgelegten Strompreisbremse auf Grundlage seiner jeweiligen Kosten- und Beschaffungssituation im Stromeinkauf und der unterschiedlichen Netz- und Kundenstrukturen seine Preise, die er zum Ansatz bringt, erläutert Schärtl näher. Mit der Strompreisbremse soll der Kunde entlastet und der darüber hinaus gehende Betrag staatlicherseits teilweise ausgeglichen werden.
Mehrkosten von voraussichtlich knapp 500 Euro
Das Überlandwerk Rhön sieht einen Preisaufschlag von rund zwölf Cent je Kilowattstunde bei seinen nicht grundversorgten Privatkunden vor. Ein durchschnittlicher Haushalt muss dadurch mit Mehrkosten von knapp 500 Euro im Jahr kalkulieren, wird auch auf dem Mitteilungsblatt vorgerechnet, das an die überwiegende Anzahl an Kunden versandt wurde.
Die geplante Deckelung bezieht sich auf 80 Prozent des Verbrauchs, führt Stadtwerke-Geschäftsführer Ulrich Leber weiter aus. Das heißt, nur 20 Prozent werden zum regulären Strompreis des jeweiligen Energieversorgers verrechnet. Mit dieser Einschränkung soll der Verbraucher zum Sparen motiviert werden. Der Fehlbetrag zum kalkulierten Preis des Anbieters übernimmt der Staat, so dass dem Versorger kein Nachteil entsteht.

Die Strompreisbremse wird auch ausdrücklich begrüßt, denn bei den Stadtwerken fällt die Erhöhung mit rund 20 Cent je Kilowattstunde deutlicher aus, was wiederum bezogen auf einen Durchschnittshaushalt rund 650 Euro im Jahr an Mehrbelastung bedeuten würde. Wird die Strompreisbremse zugrunde gelegt, reduziert sich die Mehrbelastung bei den Stadtwerken bei unverändertem Verbrauch auf rund 360 Euro.
Beschaffungspolitik hat sich bewährt
Wie das Überlandwerk liegen auch die Stadtwerke in einem direkten Preisvergleich mit anderen Anbietern aber immer noch auf einem der vorderen Plätze und weit vom aktuellen Marktniveau entfernt. "Diese erfreuliche Tatsache ist das Resultat unserer Beschaffungspolitik, die wir bereits in den zurückliegenden Jahren erfolgreich im Sinne unserer Kunden praktiziert haben und die sich auch in der momentanen Situation bewährt hat", so Leber und Schärtl einstimmig.
Wie sich der Strommarkt allerdings weiterentwickelt, könne derzeit niemand voraussagen. Die Einführung der Preisbremse ist politischer Wille, fraglich sei nur, wann sie in Kraft tritt. Einen schon für Anfang Januar angekündigten Termin halten Leber und Schärtl kaum für realistisch, da bei den Versorgern beispielsweise erst die gesamte Abrechnungssoftware umgestellt werden muss und auf politischer Ebene noch zahlreiche Beschlüsse über die konkrete Umsetzung und Ausgestaltung der Bremse ausstehen.

Stabilisierung auf einem hohen Niveau?
Insgesamt gebe es derzeit Anzeichen, dass sich der Strommarkt ein wenig auf immer noch hohem Niveau stabilisiert, aber vor Überraschungen sei niemand gefeit. Die einzige Möglichkeit, der Kostenentwicklung zu entgehen, sei ein geringerer Verbrauch. Die beiden Geschäftsführer empfehlen daher dringend, Einsparmöglichkeiten auszuschöpfen und verweisen auf die eigene Homepage, auf der zahlreiche Tipps gegeben werden.
Für den immer mal wieder diskutierten Fall eines Blackouts sehen die beiden derzeit keine konkreten Anzeichen und begrüßen ausdrücklich die Aktivitäten der Kommunen und des Landkreises, sich unter Einbindung der Versorger auf diesen Fall vorzubereiten. Diese Vorgehensweise steht im Einklang mit den Forderungen des Deutschen Städtetags, der auf solch ein mögliches Ereignis verwiesen hat. Daher gebe es Notfallpläne – auch auf lokaler Ebene –, aber bisher auch keine Vorfälle, bei denen die 100-prozentige Versorgung nicht mehr gewährleistet gewesen sei.