
In bisher nicht dagewesene Höhen hat sich der Strompreis seit vergangenem Sommer gesteigert. Diese Entwicklung hat nun in jüngster Zeit mehrere Billiganbieter in die Knie gezwungen. Die Opfer sind die Kunden, die zuerst einmal vom Grundversorger aufgefangen werden. Da kann es aber passieren, dass Neuverträge deutlich teurer sind als die der Stammkunden. Eine Ausnahme bilden die Bad Neustädter Stadtwerke, die auch Neukunden den üblichen Tarif anbieten und damit im Preis-Ranking der Versorger plötzlich ganz oben stehen.
Ein Blick auf die Listen verschiedener Vergleichsplattformen verdeutlicht die Ausnahmestellung des kommunalen Versorgers. Während die Preise der aufgelisteten Unternehmen für ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 2500 kWh bei einem monatlichen Abschlag von etwas über 100 Euro beginnen, liegen die Stadtwerke bei unter 80 Euro. Besonders eklatant ist der Unterschied zum Grundversorger eon, bei dem der Tarif für Einsteiger doppelt so hoch ist wie bei den Stadtwerken. Auch das Überlandwerk Rhön hat für neue Kunden einen Extratarif geschaffen, bei dem die Kilowattstunde nahezu doppelt so teuer ist, wie die der Stammkundschaft.
Überschaubare Wechsel bei den Stadtwerken Bad Neustadt
Die Preisgestaltung der Stadtwerke funktioniere auch nur deswegen, weil sich die Fälle von Kunden, die von Billiganbietern gekündigt wurden oder die von einer Insolvenz betroffen waren, sich im Rahmen halten, erklärt Stadtwerke-Leiter Ulrich Leber. "Im unteren zweistelligen Bereich" bewege sich die Zahl. Damit können die Betroffenen noch im Gefüge der herkömmlichen Tarife untergebracht werden. Sollte sich die Zahl der neuen Kunden deutlich erhöhen, könnten unter Umständen die Preise nicht mehr gehalten werden. Für gewerbliche Großabnehmer haben die Stadtwerke schon Sondertarif aufgesetzt.

Die Stadtwerke Bad Neustadt können nicht groß in einen allgemeinen Wettbewerb einsteigen, zumal auch nur Kunden aus dem Stadtgebiet, Mühlbach, Löhrieth und Gartenstadt aufgenommen werden, erklärt Leber. Darüber hinaus warnt er vor einem sorglosen Umgang mit den Vergleichsplattformen, da sie oft nur ein "verzerrtes Bild" von den Akteuren auf dem Strommarkt erzeugen, das sich laufend wandelt.
Starker Verbund durch City Use
Bei den Stadtwerken beruht die Preisgestaltung hingegen auf einer langfristigen Beschaffungsstrategie innerhalb eines Einkaufsverbunds einer größeren Zahl von Stadtwerken. Hinter City Use stehen mittlerweile 16 Städte und Kommunen im westlichen Unterfranken von Bad Neustadt über Zeil am Main bis nach Miltenberg. Durch das gemeinsame Auftreten am Strommarkt könnten niedrigere Preise und stabile Lieferkonditionen gesichert werden. Die aktuelle Explosion der Preise könne jedoch auch nicht spurlos an den Stadtwerken vorbeigehen. So mussten die Tarife im Vorjahr für das laufende moderat erhöht werden.

Beim Überlandwerk Rhön können die üblichen Tarife der Haushaltskunden für Einsteiger nicht gehalten werden. Mit rund 300 Fällen im Versorgungsgebiet könnten die zusätzlichen benötigten Kapazitäten mit den vorhandenen Tarifen nicht mehr wirtschaftlich dargestellt werden, deutet Geschäftsführer Joachim Schärtl an. Es sei auch zusätzlicher Personalaufwand notwendig gewesen, um kurzfristig reagieren zu können, weshalb ein Extra-Tarif für solche Fälle geschaffen worden ist.
Verbraucherorganisationen fordern Gleichbehandlung
Schärtl rechnet sogar mit weiteren Ausfällen bei Billiganbietern. Um Betroffene dann aufzufangen, müssten weitere Strommengen aufgekauft werden - jedoch zu höheren Preisen, die der Strommarkt momentan vorgibt.
Verbraucherorganisationen laufen indes gegen eine Benachteiligung der betroffenen Abnehmer Sturm. Sie fordern eine Gleichbehandlung, also einen Tarif wie die Stammkundschaft.
Ulrich Leber ist mit dieser Forderung ganz und gar nicht einverstanden – gleichwohl es bei den Stadtwerken die unterschiedlichen Tarife bisher nicht gibt. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die von Billigangeboten profitierten hatten, für eine wirtschaftliche Schieflage bei den Grundversorgern sorgen, die dann durch eine allgemeine Anhebung des Strompreises beseitigt werde, sagt Leber.
Der Stadtwerkechef rechnet auf der anderen Seite aber auch mit einer Entspannung der Situation im Laufe des Jahres. Die unter anderem durch eine Verknappung der Rohstoffe exponentiell angestiegenen Preise an der Strombörse werden seiner Auffassung nach wieder zurückgehen, allerdings auf ein höheren Niveau. "Jedoch", so schränkt Leber selbst ein, "ich habe mir vor einem Jahr auch nicht die Strompreise vorstellen können, wie sie jetzt herrschen".