zurück
Marktheidenfeld
Wie betreut und entlastet das ambulante Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken betroffene Familien?
Kinder werden dort nicht hingebracht, um zu sterben. Die Kinderhospizarbeit setzt an, sobald eine Familie eine lebensbedrohliche Diagnose erhalten hat.
Im ambulanten Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken in Marktheidenfeld gibt es Lego, das speziell für trauernde Kinder zusammengestellt wurde.  Sie können zum Beispiel Szenen einer Beerdigung nachspielen.
Foto: Dorothea Fischer | Im ambulanten Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken in Marktheidenfeld gibt es Lego, das speziell für trauernde Kinder zusammengestellt wurde. Sie können zum Beispiel Szenen einer Beerdigung nachspielen.
Dorothea Fischer
 |  aktualisiert: 17.02.2024 02:55 Uhr

Vor 16 Jahren wurde der Kinderhospizverein Sternenzelt Mainfranken in Marktheidenfeld gegründet. Er hat seinen Sitz auf der gegenüberliegenden Mainseite der Stadt, in der Bahnhofstraße. Wann werden die ehrenamtlichen Familienbegleitungen um Unterstützung gebeten? Wie können sie betroffene Familien entlasten und was plant der Verein für die Zukunft? Wir haben die wichtigsten Fragen zusammengestellt, die Dagmar Pfeuffer, Koordinatorin und Leitung des ambulanten Kinderhospizdienstes beantwortet.

Warum gibt es das Kinderhospiz Sternenzelt?

Zweck des Kinderhospiz Sternenzelt ist es, den Aufbau und den Betrieb eines ambulanten sowie stationären Kinderhospizdienstes zu fördern. So steht es in der Vereinssatzung. Bei der Gründung 2008 war es Ziel, in Nordbayern, wenn möglich in Marktheidenfeld, eine stationäre Einrichtung zu etablieren. "Davon sind wir mittlerweile abgerückt und unterstützen mehrere etablierte Einrichtungen, zum Beispiel die in Bamberg", erklärt Pfeuffer.

Wie arbeitet der Verein mit stationären Einrichtungen, zum Beispiel dem Kinder- und Jugendhospiz Bamberg zusammen?

Im Kinder- und Jugendhospiz Bamberg können betroffene Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern und Geschwistern eine Auszeit vom Alltag nehmen. Auch ein Aufenthalt zur Sterbe- und Trauerbegleitung mit Hilfe seelsorgerischer und psychologischer Fachkräfte ist dort möglich. 

Dagmar Pfeuffer vom ambulanten Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken hält sogenannte Emotions-Puppen im Arm. Trauernde Kinder können mit deren Hilfe leichter zeigen, welche Gefühle sie beschäftigt, ohne darüber reden zu müssen.
Foto: Dorothea Fischer | Dagmar Pfeuffer vom ambulanten Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken hält sogenannte Emotions-Puppen im Arm. Trauernde Kinder können mit deren Hilfe leichter zeigen, welche Gefühle sie beschäftigt, ohne darüber reden ...

Wen begleitet das ambulante Kinderhospiz Sternenzelt in Marktheidenfeld und Umgebung?

Der Begriff Kinderhospiz umfasst nicht nur die Lebensendphase betroffener Kinder und Jugendlicher. "Unsere Arbeit beginnt mit der Diagnose einer lebensbedrohlichen oder lebensverkürzenden Erkrankung bei einem Kind", so die Koordinatorin. Dies könne auch schon während der Schwangerschaft sein. Begleitet würden auch Familien, die wissen, dass ihr Ungeborenes nach der Geburt nicht leben wird. "Und wir unterstützen auch Familien, bei denen nicht ein Kind, sondern ein Elternteil erkrankt ist."

Gibt es eine Warteliste für die Aufnahme von Betroffenen in die Betreuung?

"Nein, jede Familie, die eine Diagnose erhält und sich an uns wendet, wird von uns kostenfrei betreut", so Pfeuffer. 

Wie kommen Sie mit betroffenen Familien in Kontakt?

Sie sagt: "In der Regel wenden sich Betroffene an uns." Dann besucht eine der hauptamtlichen Koordinatorinnen die Familie und fragt den Bedarf ab: Wer soll begleitet werden? Das erkrankte Kind, um den Eltern stundenweise Freiraum zu schaffen? Geschwisterkinder, damit sie von der belastenden Situation abgelenkt werden?

Ist der Erkrankte in kurativer oder palliativer Behandlung? Die kurative Pflege hat ihren Schwerpunkt in der Heilung des Patienten, bei der Palliativpflege steht das Wohlergehen im Fokus. "Wir erklären, dass wir rein psychosozial begleiten, aber keine medizinischen und pflegerischen Leistungen erbringen können", so Pfeuffer.

Das Team des ambulanten Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken mit Sitz in Marktheidenfeld (von links): Ute Geiger, Sonja Klein, Astrid Scherger, Karina Schwackenhofer und Dagmar Pfeuffer.
Foto: Sabine Adler | Das Team des ambulanten Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken mit Sitz in Marktheidenfeld (von links): Ute Geiger, Sonja Klein, Astrid Scherger, Karina Schwackenhofer und Dagmar Pfeuffer.

Wie unterstützen Sie betroffene Familien?

Danach wählen die Koordinatorinnen aus etwa 40 ehrenamtlichen Familienbegleitungen aus, wer zu den Bedürfnissen der Familie passen könnte. Sie lernen sich kennen. Die Familienbegleitungen nehmen sich Zeit für Beschäftigung, helfen auch bei der Krankheitsverarbeitung und Trauerbewältigung, wenn das erforderlich ist. "Es gibt keinen Plan, der bearbeitet werden muss." Als Familienbegleitung müsse man sich immer auf die Situation einlassen können, die man bei der Begegnung mit den Betroffenen vorfindet. "Wichtig ist vor allem, dass jede Begleitung sich immer individuell nach den Bedürfnissen und Bedarfen der Familie richtet", so Pfeuffer.

Wie unterscheidet sich Ihr Einsatz von der Hospizarbeit für Erwachsene?

Es komme häufig vor, dass betroffene Familien viele Jahre lang von den Mitarbeitenden des Kinderhospiz Sternenzelt begleitet werden. "Wir haben deutlich weniger Fallzahlen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch stirbt oder erkrankt, mit zunehmendem Alter steigt", erklärt die Koordinatorin. In der Kinderhospizarbeit kümmere man sich aber nicht nur um den Erkrankten, sondern auch um Geschwister und Eltern. Kinderhospizarbeit begleitet immer das ganze System, zu dem im Kindesalter in der Regel mehrere Familienangehörige gehören.

Wer arbeitet für das Kinderhospiz Sternenzelt und was sind deren Aufgaben?

Im Kinderhospiz Sternenzelt arbeiten drei Koordinatorinnen sowie zwei Verwaltungsangestellte in Teilzeit. Die Koordinatorinnen stellen den Erstkontakt zu betroffenen Familien her und bleiben mit ihnen während der Begleitung in Kontakt. Sie entlasten Familien, indem sie für Gespräche bereitstehen oder zum Beispiel bei "Papierkram" unterstützen. Dazu gehört die Beantragung von Pflegegeld oder das Schreiben erforderlicher Stellungnahmen.

Die Koordinatorinnen bilden zudem die Familienbegleiter aus und sind Ansprechpartnerinnen für die Ehrenamtlichen. Das Team bietet für verschiedene Berufe und Gruppen Seminare zu den Themen Sterben, Trauer und Tod bei Kindern an. Die Mitarbeiterinnen in der Verwaltung kümmern sich um die Organisationen von Terminen, Überweisungen, Spendenquittungen und was sonst noch alles anfällt.

Wer engagiert sich als Familienbegleitung?

"Unsere ehrenamtlichen Familienbegleitungen sind zwischen 20 und 68 Jahre alt. Von der Studentin bis zur Rentnerin sind viele Berufsgruppen vertreten", so Pfeuffer. "Vor allem Frauen engagieren sich. Das ist gut und wichtig. Wir würden uns jedoch wünschen, dass sich mehr Männer einbringen würden." Betroffenen Vätern würde es oft guttun, mit Männern über ihre Situation zu sprechen. Und vor allem in der Pubertät fällt Jungen der Austausch mit Männern leichter.

Bevor das Kinderhospiz Sternenzelt die Ehrenamtlichen einsetzt, werden sie entsprechend ausgebildet.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, wenn man die Ausbildung zur Familienbegleitung machen möchte?

Als Familienbegleitung sei es notwendig, dass man sich voll und ganz auf sein Gegenüber und seine Bedürfnisse einlässt. "Man muss das eigene Ego hinten anstellen können", so Pfeuffer. Wichtig sei es, bereit zu sein, sich mit dem Sterben und dem Tod, vor allem bei Kindern, auseinanderzusetzen. 

Wie finanziert sich das Kinderhospiz Sternenzelt?

Das Kinderhospiz Sternenzelt erhält für Betroffene bis zum vollendeten 27. Lebensjahr nach einem festgelegten Schlüssel Gelder vom Krankenkassenverband. Das mache jedoch nur etwa ein Drittel des Gesamtbedarfs aus, erklärt Pfeuffer. "Zum Großteil wird unser Engagement durch Spenden finanziert." Sie zählt auf: tiergestützte Therapien mit Lamas oder Pferden, Musik- und Klangtherapie, Familien- und Begegnungstage, Bastelmaterialien und Ausflüge für Geschwisterkinder, Bücher und Spielmaterialien für Trauergruppen. Von den Spenden erhalten die Familienbegleitungen Fahrtgeld und eine Aufwandsentschädigung. "Das haben sich betroffene Familien gewünscht, um den ehrenamtlichen Einsatz zu würdigen", sagt Pfeuffer.

Auch die Ausbildung der Familien- und der Trauerbegleitungen wird aus Spendengeldern finanziert. Benötigt eine Familie Hilfsmittel, deren Kosten von der Krankenkasse nicht komplett übernommen werden, wird sie auch hier unter Umständen aus der Spendenkasse unterstützt.

Welche längerfristigen Ziele und Visionen haben Sie?

Geplant ist ein Anbau am bestehenden Gebäude. Dort soll Platz für eine Begegnungsstätte geschaffen werden, damit sich Kindergruppen treffen, Gesprächsrunden und Fortbildungen stattfinden können. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat festgestellt, dass das Vorhaben mit 350.000 Euro aus Haushaltsmitteln gefördert werden kann. Diese Summe reiche jedoch nicht aus. Deshalb sei man auf weitere Spendengelder angewiesen, so Pfeuffer.

Tag der Kinderhospizarbeit

Am 10. Februar wird alljährlich der Tag der Kinderhospizarbeit begangen. Von 9.30 bis 14 Uhr informiert das ambulante Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken an einem Stand auf dem Marktheidenfelder Marktplatz über seine Arbeit.
Weitere Infos über das Kinderhospiz Sternenzelt gibt es auf der Internetseite www.kinderhospiz-sternenzelt.de.
dfi
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Marktheidenfeld
Dorothea Fischer
Eltern
Elternteile
Familienmitglieder
Stadt Marktheidenfeld
Väter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top