Es ist wohl die schlimmste Nachricht, die Eltern zu hören bekommen können. Das eigene Kind ist unheilbar krank und wird sterben. Was macht man dann? Wie schafft man es, dem Kind das restliche Leben trotzdem so würdig und auch lebenswert wie möglich zu gestalten? Wie zerbricht man nicht selbst daran? Hilfe bietet Betroffenen das Kinderhospiz Sternenzelt an. Der gemeinnützige Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht hat, Familien mit lebensbedrohlich erkrankten Kindern zu entlasten wie auch Trauerarbeit zu leisten.
Nun hat der Verein zu einem Pressegespräch in die Geschäftsstelle in der Bahnhofstraße in Marktheidenfeld geladen. Anlass ist ein geplanter Anbau. Denn schon seit 13 Jahren hat der Verein im ehemaligen Verwaltungsgebäude der früheren Ziegelei Meindl sein Quartier gefunden. Es fehlen aber Räume zur Begegnung, wie stellvertretender Vorsitzender Thomas Stähler und Dagmar Pfeuffer, Leiterin des ambulanten Dienstes, betonen.
Der größte Wunsch eines kranken Mädchens: Mit Schultüte eingeschult werden
Und wie genau hilft der Verein Betroffenen? Ausgebildete Familienbegleiter und -begleiterinnen besuchen die Familien zirka vier bis fünf Stunden in der Woche. "52 haben wir derzeit, 30 sind im Dienst", sagt Pfeuffer. Die Hilfe erfolgt in Absprache mit den Eltern. "Manche brauchen Unterstützung für eine eigene Auszeit, manche wollen, dass sich um die Geschwisterkinder gekümmert wird, wiederum andere brauchen Hilfe in behördlichen Angelegenheiten." Nicht zu den Aufgaben gehört der Pflegedienst.
Gemeinsam wird ein Ziel festgelegt. Pfeuffer erklärt dies am Beispiel eines Mädchens, bei dem vor einigen Jahren im Kindergartenalter ein nicht heilbarer Gehirntumor diagnostiziert worden ist. Sie habe nur noch acht Monate zu leben, hieß es damals. Doch ihr größter Wunsch sei es gewesen, noch mit Schultüte eingeschult zu werden.
"Wir haben den Eltern aufgezeigt, welche Hilfen es gibt", sagt Pfeuffer. Die gesamte Familie hat beispielsweise eine mehrwöchige Auszeit in einem Kinderhospiz in Bad Grönenbach im Allgäu nehmen können, wo das Mädchen zusammen mit den Eltern bestens versorgt worden ist. "Sie ist dann noch bis in die vierte Klasse gekommen."
Ein Junge wollte unbedingt noch einmal ans Meer
Pfeuffer erinnert sich auch an einen siebenjährigen Jungen, "der noch einmal ans Meer wollte". Da habe das Kinderhospiz Sternenzelt alles getan, um diesen Wunsch zu erfüllen. Es sei ein Quartier gesucht worden, von dem aus er mit dem Rollstuhl an den Strand geschoben werden konnte. "Der Junge ist leider vor Reisebeginn gestorben", so Pfeuffer. Die Eltern seien aber dann trotzdem gefahren und haben Fotos geschickt. Diese zeigen die Lieblingspuppe des Kindes im Sand mit Blick aufs Meer. "Das war dann ihre Art, die Trauer ein kleines Stück zu bewältigen."
Das sind Beispiele, die ans Herz gehen. Wie schaffen es die Familienbetreuerinnen und -betreuer, diesen Schmerz auszuhalten? "Man braucht schon eine gewisse Standfestigkeit", sagt Stähler. Nicht jeder sei für die Arbeit geeignet. "Es darf ja nicht sein, dass die Eltern die Familienbegleiter trösten müssen", ergänzt Pfeuffer.
Ideal ist es, wenn diese keine Scheu haben, in eine Familie zu gehen und auch eine gewisse Erfahrung mit den Themen Sterben und Trauer mitbringen. Wichtig sei auch Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, sich zurückzunehmen. "Denn die Eltern bestimmen ihren Weg", so Pfeuffer. Es sei nicht die Aufgabe des Familienbegleiters, deren Leben umzugestalten.
Familienbegleiter arbeiten ehrenamtlich
Die Arbeit der Familienbegleiter ist ehrenamtlich, "es gibt aber nach Beschluss der Mitgliederversammlung eine Ehrenamtspauschale als kleine Anerkennung", so Stähler. Hinzu kommt eine Aufwandsentschädigung für Fahrtkosten oder sonstige Ausgaben. Beispielsweise werde bezahlt, wenn man mit den Geschwisterkindern ins Kino oder in die Trampolinhalle geht. Der Lohn für die Arbeit sei aber die Dankbarkeit. "Es gibt trotz des kranken Kindes in der Regel viele Momente von Normalität und Lebensfreude", sagt Pfeuffer.
"Unsere Familienhelfer kommen aus allen Berufen und sind verschiedenen Alters." In der Mehrzahl seien es aber Frauen. Unter den 52 Helferinnen und Helfern seien derzeit nur vier Männer. Alle werden geschult. Sie brauchen eine Ausbildung unter anderem in Erster Hilfe, zu den Themen Sterben, Trauer und Tod sowie zu rechtlichen Fragen.
Freistaat Bayern fördert Maßnahmen mit 350.000 Euro
Daher wird am Standort Marktheidenfeld ein Mehrzweckraum dringend gebraucht, in dem Gruppentreffen, Vorträge und Schulungen stattfinden können. Bislang gibt es dafür zwei Räume im ersten Stock der Geschäftsstelle, die aber zu klein und auch nicht barrierefrei sind. Oft müsse ein Kind mit Rollstuhl hochgetragen werden, so Stähler. Daher soll neben dem Umbau des bestehenden Gebäudes zusätzlich eine Begegnungsstätte mit 239 Quadratmetern Grundfläche angebaut werden.
350.000 Euro sind bereits dafür als Förderung vom Freistaat Bayern bewilligt. Der Rest soll über Spenden finanziert werden. Der Stadtrat Marktheidenfeld hat auch schon seine Einwilligung gegeben und will einen Bebauungsplan aufstellen, der nötig ist, da das Vorhaben im Außenbereich liegt. Mit dem Anbau sieht Stähler den Verein gerüstet, seiner Aufgabe bestmöglich nachzukommen.