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Eußenheim
Von Handy abgelenkt: Angeklagter gesteht Schuld an tödlichem Unfall in Eußenheim und muss nicht ins Gefängnis
Am Amtsgericht stritt der Fahrer die Verantwortung am Tod eines Fußgängers noch ab. Am Landgericht Würzburg räumte er jetzt Fehler ein - und erhielt eine mildere Strafe.
Kurz vor der Ortsausfahrt Eußenheim (Lkr. Main-Spessart) war an Heiligabend 2022 der tödliche Unfall passiert. Jetzt wurde der Fahrer rechtskräftig verurteilt.
Foto: Björn Kohlhepp (Archiv) | Kurz vor der Ortsausfahrt Eußenheim (Lkr. Main-Spessart) war an Heiligabend 2022 der tödliche Unfall passiert. Jetzt wurde der Fahrer rechtskräftig verurteilt.
Jonas Keck
 |  aktualisiert: 04.09.2024 02:46 Uhr

An Heiligabend 2022 wurde der 81-jährige Heinrich Oberleiter in Eußenheim von einem Auto angefahren. Der ehemalige Südtiroler Freiheitskämpfer, der seit langem im Landkreis Main-Spessart lebte, war am Ortsausgang zu Fuß unterwegs gewesen. Er starb kurz darauf an seinen Kopfverletzungen.

Der Fahrer des Autos musste sich an diesem Mittwoch wegen fahrlässiger Tötung vor dem Landgericht in Würzburg verantworten. Er soll damals während der Fahrt von seinem Smartphone abgelenkt gewesen sein. Das Amtsgericht Gemünden hatte den heute 53-Jährigen deshalb in diesem März zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und vier Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Verteidigung legte Berufung ein.

Das Unfallopfer war als Freiheitskämpfer bekannt

Heinrich Oberleiter, der in Gössenheim lebte, war in den 1960er Jahren an Bombenanschlägen in Südtirol beteiligt gewesen. Er hatte im Untergrund gegen die Italiener gekämpft, die er als Besatzungsmacht betrachtete. Erst ein Jahr vor seinem Tod war er begnadigt worden und durfte wieder offiziell in seine Heimat reisen.

Dann ereignete sich der tödliche Zusammenstoß. Der Angeklagte gab in erster Instanz an, kein Handy am Steuer benutzt zu haben. Richter und Staatsanwalt werteten seine Aussage als unglaubwürdig. Zeugen und ein Gutachten deuteten darauf hin, dass der Fahrer stark abgelenkt war und Oberleiter hätte sehen müssen. Handydaten und der zeitliche Ablauf sprachen ebenfalls gegen den 53-Jährigen, weshalb er vom Amtsgericht Gemünden schließlich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Der Angeklagte gesteht vor Gericht in Würzburg einen Fehler ein

Im Berufungsverfahren am Landgericht Würzburg zeigte sich der 53-Jährige nun einsichtiger: "Wenn ich nichts falsch gemacht hätte, wäre nichts passiert." Seinem Verteidiger Klaus Spiegel zufolge hat der Angeklagte seine "persönliche Schuld an der Tat" erkannt. Dabei hätten auch Gespräche mit einem Verkehrspsychologen geholfen.

"In der Hauptverhandlung haben Sie sich dämlich verhalten", wandte sich der Vorsitzende Richter Thomas Trapp an den Angeklagten. Mit der Einsicht, die er jetzt zeige, hätte er sich "viel erspart". Das Landgericht milderte die Strafe ab, die Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wird zur Bewährung ausgesetzt.

Haftstrafe auf Bewährung - und 1800 Euro für die Würzburger Tiertafel

Entgegen dem Urteil aus erster Instanz muss der Mann also nicht ins Gefängnis. Er muss jedoch zusätzlich 1800 Euro bezahlen. Die Geldauflage kommt der Tiertafel Würzburg zugute. Seinen Führerschein hatte der 53-Jährige bereits im April abgegeben, er muss voraussichtlich für insgesamt 18 Monate auf die Fahrerlaubnis verzichten.

Verteidigung und Staatsanwaltschaft verzichten auf Rechtsmittel, das Urteil ist damit bereits rechtskräftig.

 
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  • Christiane Schmitt
    Fast täglich passiert es, dass man an der Ampel bei Grün losgehen will und man vor einem bei Rot durchfahrenden Auto zurückweichen muss oder auch beim Abbiegen, wenn Auto und Fußgänger Grün haben. Dass da nicht mehr Fußgänger erwischt werden, ist schon ein Wunder. Diese Fahrer/ innen sind genauso schlimm und verantwortungslos , wie autofahrende Handynutzer/innen. Rücksichtslosigkeit beim Autofahren endet oft nur für die Andren tödlich. Die Verursacher kommen oft nur leicht oder gar nicht verletzt davon und hier mit zu milden Strafen. Hier wäre mindestens lebenslanges Führerscheinverbot gerechtfertigt. Da gibt es nichts zu bewähren.
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  • Ingrid Reichelt-Schölch
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  • Walter Vogt
    Im Juli wurde ein Fahrer, der trotz Gegenverkehr überholte und dadurch 2 Menschen tötete, die ohm entgegenkamen, zu 1400.-€ verurteilt. Vom Amtsgericht Gemündem. Da war das Menschenleben noch weniger wert.
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  • Juergen Mauder
    Das ist ein Witz, 1800 Euro für ein Menschenleben!!!!
    18 Monate Führerscheinentzug ein Witz!!!
    Wer das Handy während der Fahrt in die Hand nimmt handelt grob fahrlässig!!
    Wenn ich jeden Tag sehen wie viele Fahrer während der Fahrt auf das Handy schauen, da müssen viel härtere Strafen her!!!!
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  • Stefan Wolz
    Unverständlich. So einfach kommt man davon? Das Opfer ist tot.. Das kann mam nicht verstehen. Es wird auch nicht besser wenn man dem Opfer eine zweifelhaft Vergangenheit unterstellt,die mit dem Unfall nichts zu tun hat. Aber erst Lügen, dann doch Fehler einräumen und schon kommt man mit Bewährung davon.... Es wäre ja ein Unding wenn dieser Mensch so lange er noch lebt am Handy beim Autofahren spielt und dadurch jemanden tötet.
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  • Thomas Hemmerich
    Kann man unsere Justiz noch ernst nehmen? 1.800 € für ein Menschenleben? Nur 18 Monate Führerschein weg? Da müssen andere, die kein Menschenleben auf dem Gewissen haben mehr büßen und zahlen.

    Ja, er hat gestanden, aber auch erst in der zweiten Instanz. Zuvor hatte er bewusst gelogen.
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  • Helga Scherendorn
    1800 für einen Menschen, so entscheiden unsere Richter
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  • Christa Steinmüller
    1800€ für ein Menschenleben? Äußerst fragwürdig dieses Urteil. Getötet ist getötet.
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