Sie organisieren Veranstaltungen, werben um Nachwuchs oder halten das Vereinsheim sauber: Ehrenamtliche, die in Vereinen mitanpacken. Ohne sie würde das Vereinsleben zusammenbrechen. Jedoch finden sich immer weniger Menschen, die bereit sind, eine ehrenamtliche Tätigkeit zu übernehmen. Vor allem die Suche nach neuen Vorstandsmitgliedern wird für viele Vereine aus Main-Spessart regelmäßig zur Gedulds- und Zerreißprobe.
Auch weil nach drei misslungenen Wahldurchgängen die Auflösung droht. Denn ein Vorstand wird laut Paragraf 26 des Bürgerlichen Gesetzbuches als gesetzlicher Vertreter benötigt. Die Redaktion hat deshalb mit drei Vereinsvorsitzenden – deren Vereinen die Auflösung drohte oder weiterhin droht – über ihre Suche nach Vorsitzenden, Vorstandsmitgliedern oder Ehrenamtlichen gesprochen.
1. Verein Historisches Rathaus Markt Retzbach e.V.: ein neuer erster Vorsitzender in letzter Minute
Rainer Maas hat den kleinen Verein "Historisches Rathaus Markt Retzbach" mit seinen 13 Mitgliedern in letzter Sekunde gerettet. Nachdem der Erste Vorsitzende sein Amt nach fünf Jahren aufgrund beruflicher Veränderungen niedergelegt hatte, begann die Suche nach einem Nachfolger. Mehrfach schaltete Jonny Schindler (ehemaliger Zweiter Vorsitzende), einen Aufruf im Gemeindeblatt, Rückmeldungen hätte es keine gegeben. Zweimal scheiterten die Neuwahlen und der Verein stand kurz vor der Auflösung. Jonny Schindler ist erleichtert, dass es nicht dazu kam.
"Ich bin nach der letzten Versammlung mit einem glücklichen Gefühl nach Hause gegangen", berichtet Jonny Schindler. Gerne hätte er das Amt übernommen, doch wegen eines "gesundheitlichen Vorfalls" muss er kürzertreten. "Wer so etwas noch nie gemacht hat, der wehrt sich ein bisschen", sagt er. "Doch wer einmal ein Amt übernommen hat, der macht es auch weiter." Das trifft auch auf Rainer Maas zu, der lange ein Ehrenamt als Fußballschiedsrichter ausübte. "Als ich gelesen habe, dass der Verein vor dem Aus steht, habe ich mich daran erinnert, wie schön der Raum ist und mir gedacht, dass es schade wäre, wenn dieser nicht genutzt wird." Genau dafür wurde der Verein gegründet, der seitdem regelmäßig kulturelle oder musikalische Veranstaltungen im historischen Rathaus ausrichtet.
Rainer Maas möchte dem Rathaus einen eher gesellschaftlichen Rahmen geben und fragt, "warum sollen nicht auch junge Menschen Spieleabende oder Nachmittage dort machen?" Dass nur er sich auf den Aufruf gemeldet hat, habe ihn überrascht. "Ich dachte, da kommen jetzt mehr, die so denken wie ich. Dass man dann zwanzig neue Leute hat, mit denen man arbeiten kann." Die beiden führen dies darauf zurück, dass viele die Verantwortung scheuen, aber auch beruflich eingebunden sind. "Als 30- oder 40-Jähriger hatte ich beruflich viel zu tun, da gab es auch bei mir nicht den Gedanken, im Verein historisches Rathaus einen Posten zu übernehmen", gesteht Maas. Seit kurzem ist zudem der offene Posten der Zweiten Vorsitzenden an Birgit Gößwein vergeben. Das Fortbestehen des Vereines ist gesichert.
2. FV Karlstadt: Zahlreiche ehrenamtliche Posten sind weiterhin unbesetzt
Bereits mit acht Jahren spielte Thomas Fretschner, der beim FV Karlstadt als Vorstand für Kommunikation tätig ist, Fußball. Seitdem habe er sich auch immer im Verein engagiert. "Ich habe Jugendleiter gemacht, war Jugendtrainer und bin im Vorstand, solche Leute fehlen uns." Der Verein brauche dringend ehrenamtliche Helfer, auch weil zwei Mitglieder des sechsköpfigen Gremiums aus dem Vorstand ausscheiden möchten. Nur durch Ehrenamtliche, die beispielsweise den Platz bewässern, bei Spielen kassieren oder Bratwürste verkaufen, könne dies abgefangen werden. Denn dann könnte sich der Vorstand auf die Aufgaben konzentrieren, die derzeit liegen blieben.
Doch wenn er direkt auf Menschen zugehe und versuche, diese als Helfer zu gewinnen, hole er sich "bei zehn Personen zehnmal eine blutige Nase." Und weiter: "Vielleicht ist bei 100 Menschen einer dabei, der sagt, er übernehme Aufgaben im Verein. Dann darf es aber auch nicht so viel sein." Das ärgere ihn, denn abseits dessen stehe der Verein – finanziell und mitgliedertechnisch – gut da. Sollte die Suche nach weiteren Ehrenamtlichen oder aber die Besetzung der offenen Vorstandsposten bei der nächsten Jahreshauptversammlung erneut scheitern, wäre das für den Verein ein herber Schlag. "Dann haben wir noch eine Chance", sagt Thomas Fretschner, "dann stehen wir unter Zeitdruck und das wollen wir vermeiden".
Aktuell sei das Fortbestehen des FV Karlstadt nicht gefährdet und der ehemalige Spieler ist sich sicher, dass er gemeinsam mit seinen Vereinskollegen eine Lösung für das Problem finden wird. Wie sich der Verein aber zukünftig entwickelt, könne er nicht einschätzen. Deshalb mahnt er: "Es wäre schon eine bittere Sache, wenn es nach 100 Jahren Fußball den FV nicht mehr geben würde." Und weiter: "Wenn wir aufhören, können Karlburg, Gambach und Laudenbach das nicht auffangen, wie soll das funktionieren?" Damit das nicht passiere, würden Helfer in allen Positionen – egal ob für kleine oder große Aufgaben - gesucht.
3. Vereinsring Adelsberg: Der Vorstand konnte sogar vergrößert werden
Noch im April vergangenen Jahres bezeichnete der damalige Vorsitzende Ralf Obert die Lage des Vereinsrings Adelsberg als ernst. Nachdem er das Amt des ersten Vorsitzenden aus gesundheitlichen Gründen niederlegen musste, war kein Nachfolger oder Nachfolgerin in Sicht. Doch nun konnte die Vorstandschaft sogar von drei auf fünf Personen erweitert werden, wie der neue erste Vorsitzende Johannes Priesemann bestätigt. Ein Erfolg, welchen er auf den Einsatz des scheidenenden ersten Vorsitzenden und die "vielfältige Kommunikation im Ort, die Ansprache potenzieller Aktiver und die wiederholten Mitgliederversammlungen" zurückführt.
Dazu beigetragen habe aber auch die Tatsache, dass der Vereinsring für die Verwaltung der Adolphsbühlhalle zuständig ist. Wäre es zur Auflösung gekommen, dann hätten die ortsansässigen Vereine für die Nutzung der Halle Miete zahlen müssen. Veranstaltungen wären so kaum oder nicht mehr möglich gewesen. Deshalb sei er von verschiedenen Menschen aus Adelsberg angesprochen worden, sagt Priesemann, ob er das Amt nicht übernehmen wolle. Die Entscheidung, sich zur Wahl aufstellen zu lassen, habe er dann aus dem Bauch heraus getroffen. Motivation hätte ihm die "gute Bekanntschaft mit einigen Adelsbergern, die damals beim Bau der Adolphsbühlhalle dabei waren" gegeben. Er wolle dazu beitragen, dass die lebendige Gemeinschaft im Ort erhalten bleibt.
Einer der Gründe, wieso das Amt nicht so beliebt sei, sieht er darin, dass manche Menschen denken, dass der Vorsitzende die alleinige Verantwortung trage. "Das ist natürlich falsch", klärt Johannes Priesemann auf, "es ist stets der gesamte Vorstand verantwortlich." Andere hätten wiederum Angst, das Amt nicht mehr loszuwerden oder zu viel Zeit investieren zu müssen. Dabei mache die Arbeit im Verein vor allem eines: Spaß.