Thomas Fretschner und Jürgen Pastuschka haben die besten Jahre des FV Karlstadt miterlebt, sogar entscheidend gestaltet. Ende der 90er Jahre kickten sie mit ihrem Heimatverein in der Bezirksoberliga; der FVK war der führende Fußballclub in Main-Spessart. Heute halten sie es für "selbstverständlich", sich für den Verein zu engagieren. Aber es gibt zu wenige, die das so sehen wie sie. Bei der Jahresversammlung Ende Mai gelang es nicht, die sechs Positionen im Vorstand zu besetzen. Mindestens ebenso schwer wiegt der Mangel an Mitgliedern, die bereit sind, sich an Spieltagen oder anderen Gelegenheiten ehrenamtlich zu engagieren.
"Der Verein steht gut da", sagt Finanzvorstand Jürgen Pastuschka. "Wir haben keine Schulden und sportlich haben wir uns stabilisiert", ergänzt Thomas Fretschner, der für Kommunikation zuständige Vorstand. Nach dem Abgang von mehr als einem Dutzend Spielern stieg die erste Mannschaft des FV Karlstadt aus der Bezirksliga ab, hielt aber im Jahr darauf die Klasse in der Kreisliga. "Da gehören wir hin. Vermutlich haben wir dort im nächsten Jahr den jüngsten Kader", sagt Fretschner. Die vielen Eigengewächse im Team – fast alle jünger als 25 Jahre – machen ihm Hoffnung. "Für die Zukunft ist das ein gutes Fundament", betont Pastuschka.
Nach drei gescheiterten Versuchen wird der Verein abgewickelt
Aber in der Gegenwart muss sich etwas tun. Seit einer Satzungsänderung - "vor rund 15 Jahren", meint Fretschner - gibt es beim FVK nicht mehr einen Ersten Vorsitzenden, sondern drei gleichberechtigte Vorstände für die Bereiche Finanzen, Sport und Kommunikation sowie deren Stellvertreter. Mindestens zwei Mitglieder des sechsköpfigen Gremiums wollen aus dem Vorstand ausscheiden. Für sie fanden sich bei der Jahresversammlung keine Nachfolger, die bisherigen Amtsinhaber bleiben also gezwungenermaßen im Amt. "Nach den Sommerferien" soll eine weitere Versammlung einberufen und ein neuer Versuch unternommen werden, den Vorstand neu zu besetzen.
Nach drei misslungenen Versuchen einen Vorstand zu wählen, droht einem Verein die Auflösung. "Soweit ist es noch nicht", betont Pastuschka. "Wir wollen den Verein nicht an die Wand fahren." Aber damit es weitergehen kann, müsse sich doch etwas ändern. "Wir brauchen einfach mehr Mitglieder, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren." 17 Heimspiele bestreitet der FVK pro Saison. Bei jedem Spiel brauche es etwa sechs, sieben Helferinnen und Helfer für die Kasse, den Bratwurstverkauf, die Platzpflege und mehr. "Das hält den Verein am Laufen", betont Fretschner. Wenn es ein Team für derartige Aufgaben gebe, dann müsse jeder "vielleicht zweimal pro Saison einen Nachmittag opfern". Das sei doch "überschaubar".
Der Verein leistet wertvolle Integrationsarbeit
Wenn sich Freiwillige dafür melden, dann sind Fretschner und Pastuschka gern bereit, sich weiter im Vorstand zu engagieren. Sie sind überzeugt davon, dass sie wichtige Arbeit leisten. "Rund 40 Vereinsmitglieder haben Migrationshintergrund", sagt Pastuschka. Wenn beispielsweise drei syrische Brüder beim FV spielen, dann trage das für die ganze Familie zur Integration bei. Dabei gebe es aber "nicht unerhebliche Hürden" zu überwinden. Zuerst geht es um die finanzielle Unterstützung der Stadt für die Vereinsmitgliedschaft. Dazu kommt der bürokratische Aufwand einer Spielberechtigung für einen Jugendlichen, der außerhalb der EU geboren wurde.
Auch deshalb setzen sich die Ex-Spieler Fretschner und Pastuschka heute noch gern für ihren Verein ein. Die Jugendarbeit läuft in einer Spielgemeinschaft mit Karlburg und Gambach, die Frauenmannschaft spielt in der Bezirksliga, die neu etablierte weibliche U15 erfährt regen Zuspruch. "100 Jahre Fußball in Karscht" seit Vereinsgründung im Jahr 1920 sollen weitergehen.
160 der 360 Vereinsmitglieder sind unter 18 Jahre alt. Zahlreiche ältere Mitglieder haben schon viel Arbeit für den Verein geleistet – wie beispielsweise Altbürgermeister Karl-Heinz Keller, der zweimal FV-Vorsitzender war, oder die Rentnergruppe, die sich seit Jahren um die Platzpflege kümmert.
Thomas Fretschner und Jürgen Pastuschka appellieren deshalb an die Mitglieder zwischen 18 und 50 Jahren. "Davon gibt's genau 112 im Verein", hat Pastuschka recherchiert. Fretschner sagt: "Es wäre schön, wenn eine Frau im Vorstand mitarbeiten würde. Und es wäre toll, wenn die Eltern von Jugendlichen sich auch bei Spielen der Ersten Mannschaft einbringen würden. Denn damit steht und fällt der ganze Verein." Jetzt sei die Zeit gekommen, sich im FV Karlstadt zu engagieren. "Freiwillige vor!", sagen Pastuschka und Fretschner mit einem Lachen. Denn bei aller Arbeit: Fußball bereitet ihnen in erster Linie Freude. So soll's auch bleiben.
Wer sich im Verein engagieren möchte oder Interesse am Erwerb der Vereinschronik "100 Jahre FV Karlstadt" hat, möge sich unter fvkarlstadt@t-online.de melden.