In der Theorie fehlten 2022 insgesamt rund 1000 Betreuungsplätze in den Kindergärten und Kinderkrippen in Main-Spessart – zumindest wenn man die Anzahl der Kinder bis sechs Jahren im Landkreis mit den vorhandenen Betreuungsplätzen vergleicht. Das ergibt eine Gegenüberstellung der Zahlen des Landesamts für Statistik Bayern mit einer Aufstellung der Betreuungsplätze in den Gemeinden, die das Landratsamt dieser Redaktion zur Verfügung stellte (Stichtag: 31. Dezember 2022).
In 32 der 40 Landkreis-Gemeinden gab es mehr Kinder als Betreuungsplätze, zwei waren nahezu ausgeglichen und in sechs Gemeinden standen mehr Plätze zur Verfügung als Kinder dort wohnten. Doch die Zahlen sind differenziert zu betrachten. Vor allem jüngere Kinder werden oft von ihren Eltern betreut. In Marktheidenfeld und seinen Stadtteilen beispielsweise fehlten laut den offiziellen Zahlen 39 Plätze. Doch die wurden gar nicht alle benötigt, denn 2022 hätten 28 Kinder eine Kindertagesstätte (Kita) außerhalb des Stadtgebietes besucht, berichtet Marcus Meier, Pressesprecher der Stadtverwaltung.
So viele Kinder und Kindergartenplätze gab es 2022 in Main-Spessart
Die folgende Karte zeigt, wie viele Kinder und Betreuungsplätze, aufgeschlüsselt nach Altersgruppen, es in Main-Spessart im vergangenen Jahr gab. Hierzu bitte mit der Maus über die blauen Ortspunkte fahren, dann wird ein Informationsfeld über die Zahlen des jeweiligen Ortes angezeigt.
Besonders auffällig in Marktheidenfeld war, dass es laut Statistik 293 Kinder gab, die jünger als drei Jahre (U3) alt sind, aber nur 141 Krippenplätze. Laut Meier habe die Stadtverwaltung lediglich 21 Krippenkindern nicht den gewünschten Platz anbieten können. Wer dringenden Betreuungsbedarf habe, könne unter Umständen nachrücken.
Marktheidenfeld: Prognose ist schwer möglich
Wie sich bei der Recherche zeigte, unterscheiden sich die Zahlen, die diesem Artikel zugrunde liegen und die Bedarfe, die die Stadtverwaltung ermittelt hat. Dies liegt unter anderem daran, dass die Kitas 2022 auch von sogenannten "Korridorkinder" besucht wurden, die nicht mit sechs Jahren eingeschult werden. Insgesamt benötigten laut Stadt 422 Kinder aus den Geburtsjahrgängen 2016 bis 2019 einen Kindergartenplatz. Dies sind 12 Kinder mehr, als offiziell Plätze zur Verfügung stehen.
Auch für Lohr zeigt sich: Je mehr Kinder in einem Ort wohnen, desto mehr weichen die theoretischen Zahlen von den tatsächlichen Bedarfen ab. "Unsere Platzzahl nach Betriebserlaubnis ist im Gesamten mit den Kinderzahlen fast identisch", sagt Dieter Daus, geschäftsleitender Beamter der Stadt Lohr.
Laut Statistik gibt es dort nur 630 Betreuungsplätze (U3: 157; 3-6 Jahre: 473) für 727 Kinder (U3: 358; 3-6 Jahre: 369). Allerdings ist in den Lohrer Kitas keine Betreuung für Kinder möglich, die jünger als ein Jahr alt sind, so Daus. Das heißt, 131 Kinder der betrachteten Altersgruppen werden von der Stadt nicht berücksichtigt. Zu den bereits oben genannten Gründen für Abweichungen führt Daus auf, dass Kinder meist nicht zu ihrem dritten Geburtstag von der Krippen- in die Regelgruppe wechseln. Deshalb ist eine trennungsscharfe Unterscheidung der beiden Altersgruppen nicht möglich. Tatsächlich benötigen etwa 66 Prozent der Kinder zwischen einem und sechs Jahren in Lohr eine Betreuung, so Daus.
Kita-Platz-Mangel in Zellingen und Duttenbrunn
In Zellingen und den Ortsteilen standen Ende 2022 insgesamt 359 Betreuungsplätze zur Verfügung, nur 95 davon für Krippenkinder; nicht genug für die 191 Kinder unter drei Jahren (3-6 Jahre: 264 Plätze, 195 Kinder). Um auf den zusätzlichen Bedarf reagieren zu können, so Zellingens Bürgermeister Stefan Wohlfahrt, habe man nach dem Neubau in Retzbach die Planung für einen Neubau des St.-Georg-Kindergartens in Zellingen vergeben. Im kommenden Jahr soll zudem der Kindergarten in Duttenbrunn erweitert werden.
Anders in Gössenheim: Laut den Zahlen gab es dort 14 Betreuungsplätze mehr als Kinder. Auf Anfrage sagt Bürgermeister Klaus Schäfer, dass ihm ein solches Überangebot nicht bekannt sei: "Im Jahr 2022 waren alle Plätze belegt." Schäfer rechnet damit, dass sich auch in Zukunft das Angebot und die Nachfrage an Betreuungsplätzen die Waage halten werden, vor allem bedingt durch das neue Baugebiet "Eichenau-Homburgstraße", wo sich erfahrungsgemäß vor allem junge Familien ansiedeln werden.
Partenstein: Betreuungsangebot und Anzahl der Kinder sind nahezu identisch
Im Kindergarten St. Johannes in Partenstein sind das Betreuungsangebot und die Anzahl der Kinder nahezu identisch. Leiterin Elke Hanakam erläutert, dass der tatsächlich Bedarf nicht gedeckt werden konnte: "Für unsere Kindergartengruppen hatten wir zwei Kinder auf der Warteliste." Die Einrichtung hat eine Betriebserlaubnis für 133 Betreuungsplätze, die darin enthaltene Sondergenehmigung für eine zusätzliche Kleinkindgruppe wird seit September 2022 nicht mehr gebraucht. Die für die Kindergartengruppe mit 20 Plätzen hingegen schon.
Die Regelgruppe mit 26 Plätzen und die Krippe mit zwölf Plätzen des Kindergartens Mittelsinn seien voll belegt, teilt Bürgermeister Dirk Schiefer auf Anfrage mit. Es habe in den vergangenen Monaten keine weiteren Anfragen von Mittelsinnern nach einem Kitaplatz gegeben.
Für das Kindergartenjahr, das im September beginnt, gebe es bereits so viele Anmeldungen, dass die Krippengruppe ausgelastet ist, obwohl neun Kinder in die Regelgruppe wechseln. Für die Zukunft rechnet Schiefer mit Engpässen. Um dem entgegenzuwirken, wird im September eine Kleinkindgruppe für Dreijährige als Übergangslösung eingerichtet. Diese Maßnahme wurde zunächst für zwölf Monate vom Landratsamt genehmigt. Dem gesetzlichen Anspruch ab September für Kinder ab dem ersten Lebensjahr könne Mittelsinn gerecht werden, so Schiefer.
Ob die Bedarfe in den Kommunen des Landkreises in Zukunft gedeckt werden können, ist schwer zu sagen. Niemand könne vorhersagen, wie viele Kindergartenplätze angefragt werden, heißt es unisono aus den Rathäusern.
vielen Dank für Ihre Anmerkungen zum Thema. Die Main-Post beleuchtet seit einigen Monaten in mehreren Artikeln die verschiedenen Aspekte der aktuellen Situation in der Kinderbetreuung in der Region - teils unterfrankenweit, teils auf einen Landkreis oder eine Einrichtung bezogen - u.a. auch den Personalmangel und die Überlastung von Mitarbeitenden. Die Aspekte der „Kita-Krise“ in einem Artikel zu beleuchten, würde den Rahmen sprengen. Falls Sie in unserer Berichterstattung wichtige Aspekte vermissen, freue ich mich über Ihre Anregungen!
Dorothea Fischer
Redaktion Main-Spessart
Jörg Nellen, Geschäftsführer der Bildungsgewerkschaft GEW in Unterfranken