Über den aktuellen Stand bei der Entwicklung des Radverkehrskonzeptes informierte am Dienstag im Karlstadter Verkehrsausschuss Marcel Schlameus vom Büro Brenner-Plan aus Stuttgart. Der Zeitplan für das Projekt hat sich verschoben: Der Stadtrat wird nun erst im Frühjahr 2023 über ein Handlungskonzept abstimmen. Bisher hieß es, das soll noch dieses Jahr geschehen. Am Samstag, 12. November, 10 Uhr, wird es noch einmal eine Bürgerwerkstatt im Historischen Rathaus geben. Außerdem sind weitere Beratungen mit der AG Fahrradfreundlichkeit vorgesehen.
Laut Schlameus gibt es aktuell einen Katalog von rund 60 Maßnahmen für das Radverkehrskonzept. Sein Büro hat sich nun Gedanken dazu gemacht, welche Punkte priorisiert werden könnten. Berücksichtigt habe man dabei unter anderem, wie schnell sich Vorhaben umsetzen und wie sich sinnvolle Maßnahmenpakete bilden lassen. Bei den Überlegungen der Planer stand Schlameus zufolge "ein möglichst hoher Nutzen für möglichst viele Radfahrende" im Fokus.
Querungshilfen für Bodelschwinghstraße und Einbahnstraßen
Das Büro hat fünf Maßnahmenpakete im Blick. So sind in der Bodelschwinghstraße Querungshilfen vorgesehen. Diese befinden sich in Form von zwei provisorischen Verkehrsinseln und einer Fahrbahnverengung aktuell schon in der Testphase. Sie sollen den Schulverkehr sicherer machen und zur Verkehrsberuhigung der Straße dienen.
Das zweite Paket betrifft die Ausweisung von Einbahnstraßen in der Johann-von-Korb-Straße und Johann-Zahn-Straße. Die Gehwege dort sollen verbreitert und für den Radverkehr auch in der Gegenrichtung freigegeben werden.
Das dritte Paket beinhalte Umgestaltungen an der Nordbrücke, wodurch eine Alternative zur Bahnhofsunterführung geschaffen werden soll. Dort sei "Potenzial vorhanden", weil es nicht so viel Autoverkehr gebe. Es könnte ein einseitiger Schutzstreifen für Radfahrende eingerichtet werden. Um ein "durchgängiges Radverkehrsangebot" zu schaffen, könnte, wer auf der Ringstraße unterwegs ist, gegenüber dem Verkehr von der Nordbrücke künftig Vorfahrt erhalten.
Es ist noch unklar, wann die neue Brücke kommt
Als viertes Paket nannte Planer Schlameus die "Alte Mainbrücke". Laut vorläufigem Maßnahmenkatalog ist hier ein einseitiger Schutzstreifen möglich. Da es sich jedoch um eine stark befahrene Straße handele, könne davon ausgegangen werden, dass der Mindest-Überholabstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werde. Stattdessen könnten die Fußwege der Brücke für Radfahrerinnen und Radfahrer ausgebaut werden. "Ich weiß, dass eine neue Brücke geplant ist. Wie schnell die kommt, steht aber noch nicht fest", so Schlameus. Zudem ist in der Brückenstraße eine Fußgängerampel an der Kreuzung zum Baggertsweg angedacht.
Als fünftes Paket führte Schlameus die Verbindung zwischen Altstadt und Siedlung durch die Bahnunterführung an. "Langsam braucht es etwas Klarheit, was man hier verfolgt." Mit dem Radverkehrskonzept sei nicht zu beantworten, welche Maßnahme man dort umsetzen kann. Eine Machbarkeitsstudie muss neue Erkenntnisse liefern, wie und wo eine Brücke oder eine neue Unterführung entstehen kann. Mit dieser Untersuchung müsse eine Firma beauftragt werden.
Kritik aus dem Stadtrat: Ortsteile werden bei Maßnahmen vernachlässigt
Florian Burkard (CSU) kritisierte, dass sich die vorgestellten Maßnahmen ausschließlich auf die Kernstadt beziehen, obwohl die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner in den Stadtteilen zu Hause seien. Diese würden ignoriert, meinte Burkard. Es brauche mehr Gleichberechtigung für die Stadtteile. Er werde dem Konzept in dieser Form in Zukunft nicht zustimmen.
Schlameus entgegnete, dass von den insgesamt 60 Maßnahmen rund ein Drittel die Gebiete außerhalb der Kernstadt betreffen. "Wir haben das auf jeden Fall gut berücksichtigt." Näher vorgestellt wurden die Projekte zur Anbindung der Stadtteile in der Sitzung nicht. Bürgermeister Michael Hombach (CSU) forderte Burkard auf, selbst Vorschläge einzureichen. Gleichzeitig betonte Hombach, dass die Priorisierung der Maßnahmen keine leichte Entscheidung sein werde.
Bürgerbefragung: Rad wird besonders oft in der Freizeit genutzt
Weiter berichtete Marcel Schlameus, dass es bei der Bürgerumfrage zum Radverkehrskonzept zwischen Mai und Juli rund 900 verwertbare Rückmeldungen gab. Repräsentativ seien die Ergebnisse trotz hoher Beteiligung aber nicht. "Fahrradfreundliche Bürger haben wahrscheinlich den größten Anteil ausgemacht." Unter den Befragten seien Personen aus allen Stadtteilen vertreten gewesen, mit Ausnahme von Erlenbach. 61 Prozent kamen aus der Kernstadt Karlstadt, elf Prozent aus Karlburg.
Die Wahl des Verkehrsmittels hängt laut Befragung stark davon ab, wo die Leute arbeiten. 43 Prozent der befragten Personen, die in Karlstadt zur Arbeit müssen, nehmen zum Beispiel das Rad. Wer in eine andere Stadt oder Gemeinde muss, nimmt eher das Auto (73 Prozent). Nur elf Prozent sind dann mit dem Fahrrad unterwegs. Ein hoher Anteil der Befragten nutzt das Rad sehr oft in der Freizeit. 30 Prozent fahren nahezu täglich zur Erholung oder zum Spaß damit. Zum Vergleich: Zum Einkaufen wird das Rad von nur 14 Prozent so oft verwendet, für den Arbeitsweg von 20 Prozent.
Sicherheitsempfinden sehr unterschiedlich
Eine der Fragen war zudem, was sich ändern müsste, damit die Leute öfter aufs Fahrrad steigen. Die obersten Plätze belegten dabei die sichere Querung von Straßen, ein besserer Zustand der Radwege und eine bauliche Trennung von Radwegen und Straßen. "Es gibt einen großen Anteil derer, die sagen: Das ist mir zu gefährlich, ich wünsche mir getrennte Wege", berichtete Schlameus. Das Sicherheitsempfinden der Radfahrenden in Karlstadt sei insgesamt sehr unterschiedlich.
"Keine Überraschungen" habe es bei den am häufigsten genutzten Straßen gegeben, so der Planer. Dazu gehören Bodelschwinghstraße, Hauptstraße und Ringstraße. Probleme für den Radverkehr haben die Befragten vor allem an der Südbrücke, der Alten Mainbrücke, der Unterführung am Bahnhof und in der Bodelschwinghstraße gemeldet.
Ein Beispiel? Schutzstreifen auf der Nordbrücke. Davon wird die Fahrbahn nicht einen einzigen Zentimeter breiter. Die beiden unheimlich breiten Gehwege hingegen werden von fast niemandem genutzt und könnten problemlos für den Radverkehr freigegeben werden. Vier Schilder und abgeschrägte Bordsteine an den Auffahrten - fertig.
Noch ein Beispiel? Eine Fußgängerampel am Baggertsweg? Nur 30 Meter von der Schwenkkreuzung entfernt......ich muß wohl nicht weiter erklären.....